Der Partner
schließlich.
Keine Antwort.
Die ersten zwei Stunden hatten nichts gebracht. Bei jeder Frage war es um das Geld gegangen. Er wusste nicht, wo es war, hatte er hundertmal gesagt. Existierte es überhaupt? Nein, hatte er mehrfach gesagt. Was war damit passiert? Er wusste es nicht.
Guys Erfahrungen mit Folterpraktiken waren äußerst begrenzt. Er hatte einen Experten konsultiert, einen Sadisten, der so etwas tatsächlich zu genießen schien. Er hatte ein einschlägiges Handbuch gelesen, musste aber feststellen, dass die Umsetzung in die Tat ziemlich schwierig war.
Jetzt, wo Patrick wusste, wie grauenhaft die Dinge werden konnten, war es wichtig, ihn ein wenig aufzumuntern.
»Wo waren Sie, als Ihre Beerdigung stattfand?« fragte Guy.
Patricks Muskeln entspannten sich ein wenig. Endlich eine Frage, die nicht das Geld betraf. Er zögerte und dachte darüber nach. Was konnte es schaden? Er war erwischt worden. Seine Geschichte würde ohnehin ans Licht kommen. Vielleicht würden sie mit den Stromstößen aufhören, wenn er kooperierte.
»In Biloxi«, sagte er.
»Versteckt?«
»Ja, natürlich.«
»Und Sie haben bei Ihrer Beerdigung zugeschaut?«
»Ja.«
»Von wo aus?«
»Ich saß auf einem Baum, mit einem Fernglas.« Er hielt die Augen geschlossen und die Fäuste geballt.
»Und wohin sind Sie von dort aus gegangen?«
»Nach Mobile.«
»War das Ihr Versteck?«
»Ja, eines von mehreren.«
»Wie lange sind Sie dort geblieben?«
»Mehrere Monate, mit Unterbrechungen.«
»So lange? Wo haben Sie in Mobile gewohnt?«
»In billigen Motels. Ich war ständig auf Achse. Habe mich entlang der Golfküste bewegt. Destin.
Panama City Beach. Zurück nach Mobile.«
»Sie haben Ihr Äußeres verändert.«
»Ja. Ich habe mich rasiert, mir das Haar gefärbt, fünfundzwanzig Kilo abgenommen.«
»Haben Sie eine Sprache gelernt?«
»Portugiesisch.«
»Sie haben also gewusst, dass Sie hierher kommen würden?«
»Wo ist hier?«
»Lassen Sie uns annehmen Brasilien.«
»Okay. Ich dachte mir, es wäre ein gutes Land, um sich zu verstecken.«
»Wohin ging es von Mobile aus?«
»Nach Toronto.«
»Weshalb Toronto?«
»Ich musste doch irgendwo untertauchen. Toronto ist ein geeigneter Ort dafür.«
»Haben Sie sich dort neue Papiere besorgt?«
»Ja.«
»In Toronto sind Sie also zu Danilo Silva geworden?«
»Ja.«
»Und haben sich weiter damit beschäftigt, Portugiesisch zu lernen?«
»Ja.«
»Und noch mehr abgenommen?«
»Ja. Noch einmal fünfzehn Kilo.« Er hielt die Augen geschlossen und versuchte, die Schmerzen zu ignorieren oder wenigstens für den Augenblick mit ihnen zu leben. Die Elektroden auf seiner Brust glühten regelrecht und schnitten immer tiefer in seine Haut ein.
»Wie lange sind Sie dort geblieben?«
»Drei Monate.«
»Sie haben Toronto also im Juli 92 verlassen?«
»So ungefähr.«
»Anschließend gingen Sie … ?«
»Nach Portugal.«
»Weshalb Portugal?«
»Ein hübsches Land. Ich kannte es noch nicht.«
»Waren Sie lange dort?«
»Zwei Monate.«
»Und dann. Weiter!«
»Nach Säo Paulo.«
»Warum Säo Paulo?«
»Zwanzig Millionen Menschen. Ein wundervoller Ort, um sich zu verstecken.«
»Wie lange waren Sie dort?«
»Ein Jahr.«
»Erzählen Sie mir, was Sie dort gemacht haben.«
Patrick holte tief Luft, dann verzog er das Gesicht, weil er seine Knöchel bewegt hatte. »Ich bin in der Stadt untergetaucht. Ich engagierte einen Lehrer und vervollkommnete meine Sprachkenntnisse.
Nahm noch ein paar Kilo ab. Zog von einer Wohnung in die nächste.«
»Was haben Sie mit dem Geld gemacht?«
Eine Pause. Ein Muskelzucken. Wo war dieser fürchterliche kleine Chromhebel? Weshalb konnten sie sich nicht einfach weiter unterhalten und das Geld aus dem Spiel lassen?
»Mit welchem Geld?« fragte er; es war ein halbwegs gelungener Versuch, verzweifelt zu klingen.
»Das wissen Sie ganz genau, Patrick. Die neunzig Millionen Dollar, die Sie Ihrer Kanzlei und Ihrem Mandanten gestohlen haben.«
»Ich habe es Ihnen schon gesagt. Ihr habt den falschen Mann.«
Guy brüllte plötzlich in Richtung Tür. Sie wurde sofort aufgerissen, und der Rest der Amerikaner stürzte herein. Der brasilianische Arzt pumpte den Inhalt zweier weiterer Spritzen in Patricks Venen, dann verschwand er wieder. Zwei Männer kauerten neben dem Apparat in der Ecke. Das Tonbandgerät wurde eingeschaltet. Guy beugte sich mit dem Chromhebel in der Hand über Patrick.
Seine Miene hatte sich schlagartig verfinstert. Er war
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