Der Partner
auf, wo du hinfährst«, sagte Patrick, auf die Straße deutend.
Sandy riss das Steuer herum und brachte den Wagen wieder auf die richtige Spur. »Du lügst«, sagte er, ohne die Lippen zu bewegen. »Ich weiß, dass du lügst.«
»Nein. Wir kassierten eine Million und hundertfünfzigtausend Dollar von Stephano, und das Geld ist jetzt gut versteckt, vermutlich in der Schweiz mit allem, was noch übrig ist.«
»Du weißt nicht, wo sich das Geld befindet?«
»Sie hat sich darum gekümmert. Ich werde es erfahren, wenn wir uns wiedersehen.«
Sandy war zu schockiert, um noch irgend etwas zu sagen. Patrick beschloss, ihm zu helfen. »Ich wusste, dass sie mich schnappen würden, und ich wusste, dass sie versuchen würden, mich zum Reden zu bringen. Aber ich hatte keine Ahnung, dass so etwas passieren würde.« Er deutete auf die Verletzung oberhalb seines linken Knöchels. »Ich habe damit gerechnet, dass es unerfreulich werden würde, aber sie waren verdammt nahe daran, mich umzubringen, Sandy. Sie haben mich so weit gebracht, dass ich ihnen von Eva erzählte. Aber die war inzwischen verschwunden, und das Geld mit ihr.«
»Es hätte dich das Leben kosten können«, brachte Sandy heraus. Er fuhr nur noch mit der rechten Hand und kratzte sich mit der linken verlegen am Kopf.
»Das ist leider nur zu wahr. Aber zwei Stunden, nachdem sie mich entführt hatten, wusste das FBI in Washington, dass Stephano mich hatte. Das hat mir das Leben gerettet. Stephano konnte mich nicht umbringen, weil das FBI Bescheid wusste.«
»Aber wie …«
»Eva hat Cutter in Biloxi angerufen, und der hat Washington informiert.«
Sandy wollte anhalten, aussteigen und schreien. Sich über das Brückengeländer lehnen und einen endlosen Strom von Flüchen von sich geben. Jedesmal, wenn er glaubte, alles über Patricks Vergangenheit zu wissen, raubte ihm die neueste Variante schier den Atem.
»Dass du dich hast fangen lassen, war eine gottverdammte Idiotie von dir.«
»Ach, wirklich? Habe ich nicht gerade das Gericht als freier Mann verlassen? Habe ich nicht gerade mit der Frau gesprochen, die ich liebe, einer Frau, die ein kleines Vermögen für mich aufbewahrt? Die Vergangenheit ist ein für allemal erledigt, Sandy. Begreifst du das nicht? Jetzt ist niemand mehr auf der Suche nach mir.«
»Da hätte so einiges schiefgehen können.«
»Ja, aber es ist nichts schiefgegangen. Ich hatte das Geld, die Tonbänder, das Clovis-Alibi. Und ich hatte vier Jahre, um das alles zu planen.«
»Die Folter war nicht geplant.«
»Nein, aber die Narben werden verschwinden. Verdirb mir nicht diesen Augenblick, Sandy. Ich habe alles erreicht, was ich erreichen wollte.«
Sandy setzte Patrick vor dem Haus seiner Mutter ab, dem Haus, in dem er seine Kindheit verbracht hatte, in dem im Backofen bereits ein Kuchen auf ihn wartete. Mrs. Lanigan forderte Sandy zum Bleiben auf, aber dieser musste eine Weile allein sein. Außerdem hatte er seine Frau und seine Kinder seit vier Tagen nicht mehr gesehen. Sandy fuhr davon, immer noch aufs äußerste verwirrt von Patricks spektakulärem Spielzug.
DREIUNDVIERZIG
Er wachte vor Sonnenaufgang in einem Bett auf, in dem er seit fast zwanzig Jahren nicht mehr geschlafen hatte, in einem Zimmer, in dem er seit fast zehn Jahren nicht mehr gewesen war. Diese Jahre waren weit entfernt, zu weit, sie gehörten zu einem anderen Leben. Die Wände waren jetzt enger zusammengerückt, die Decke niedriger. Im Laufe der Jahre hatte man seine Sachen fortgeräumt, die Erinnerungsstücke aus seiner Kindheit, die Saints-Wimpel, die Poster von blonden Models in enganliegenden Badeanzügen.
Als Kind von zwei Menschen, die nie gelernt hatten, miteinander zu reden, hatte er dieses Zimmer damals zu seinem Zufluchtsort erklärt. Schon als Zehn- oder Elfjähriger hatte er die Tür stets verschlossen gehalten. Seine Eltern betraten das Zimmer nur, wenn er es ihnen erlaubte.
Seine Mutter war unten in der Küche; der Geruch von gebratenem Frühstücksspeck durchzog das Haus. Sie waren spät schlafen gegangen, jetzt war sie schon früh auf den Beinen und brannte darauf, sich mit ihm zu unterhalten. Wer wollte ihr einen Vorwurf daraus machen?
Er streckte sich langsam und vorsichtig. Der Schorf über seinen Brandwunden spannte. Wenn er sich zu stark dehnte, würde die Haut aufreißen und die Wunden wieder anfangen zu bluten. Er berührte die Brandwunden auf seiner Brust und verspürte den starken Drang, seine Fingernägel in sie zu graben und sich wie
Weitere Kostenlose Bücher