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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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aber so sehen sie die Welt nun mal. Idiotisch.«
    »Deswegen werden Sie sie auch austricksen, Sir.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher, Sartaj.« Parulkar zeigte auf den Gebäudekomplex vor ihnen. »Heutzutage siegt hier die Dummheit. Die Zeiten haben sich geändert.«
    Diese simple Tatsache ließ sich nicht bestreiten. »Wenn ich irgend etwas tun kann, Sir, dann sagen Sie's mir bitte.«
    Mehr Trost konnte Sartaj dem alten Mann nicht bieten. Er stieg aus und schaute dem Konvoi aus drei Wagen nach, als er sich langsam von der Promenade entfernte. Zum ersten Mal hatte Parulkar alt auf ihn gewirkt. Sonst war er ihm mit seiner Freude an der Arbeit, seinem unverwüstlichen Spaß an den Absurditäten des Polizistendaseins, seiner Energie und seinem stetigen, erstaunlichen Aufstieg immer alterslos erschienen. Vielleicht war er zu weit aufgestiegen, vielleicht war es unvermeidlich, daß sein brennender Ehrgeiz in solchen Höhen zum Problem wurde, ja, sein Ehrgeiz hatte ihn verbogen, ihn zurechtgestutzt, ihm Selbstvertrauen und Freude genommen. Vielleicht war es besser, wie Papa-ji auf einem respektablen mittleren Level zu bleiben, gute Arbeit zu leisten und dann nach Hause zu gehen und ruhig zu schlafen.
    Doch nein, an so etwas konnte man unmöglich mehr glauben in diesen veränderten Zeiten, in denen ein Mangel an glühendem Karriere-Ehrgeiz als Charakterfehler galt. Sartaj schwang das Bein über sein Motorrad und betätigte den Kickstarter. Er fuhr am Meer entlang zurück, vorbei an den Shiv Sagar Estates, einem Apartmentkomplex, in dem Harshad Mehta sieben - oder waren es acht? - Wohnungen besessen hatte. Sartaj war vor langer Zeit einmal dort gewesen, zusammen mit einer riesigen CBI-Mannschaft, die Mehtas Wohnungen nach Beweisen für seine perfiden Millionen-Geschäfte durchsuchte. Sartajs Beitrag zur Verhaftung des Börsenmaklers hatte darin bestanden, die rasch anwachsende Menge der Schaulustigen und Mehta-Anhänger zurückzudrängen und den Eingang freizuhalten. Am Abend und am nächsten Tag hatten ihn alle - Kollegen, Freunde, Megha - begierig gefragt: »Hast du Harshad Mehtas Wohnung von innen gesehen? Wie war sie? Toll, oder?« Anfangs hatte es Sartaj nichts ausgemacht, ihnen zu sagen, daß er das Gebäude nur von außen gesehen hatte, aber sie waren so enttäuscht gewesen, daß er sich bemüßigt gefühlt hatte, eine Geschichte über Harshad Mehtas extravaganten Lebensstil zu erfinden. Einzelne Steinchen des Mosaiks, das er entworfen hatte, waren sogar authentisch gewesen, etwa die schimmernden kleinen Goldklumpen, von Polizisten aufgesammelt, die in dem Gebäude gewesen waren, im großen und ganzen aber hatte Sartaj Bilder aus Film und Fernsehen zusammengeworfen und von Maisonette-Wohnzimmern erzählt, von denen man in die Zimmer der einzelnen Familienmitglieder hinaufstieg, von Schiebetüren, die in der Wand verschwanden, von Schlafzimmern, so groß wie normale Wohnungen, mit erlesenen italienischen Marmorböden, von einer Sprechanlage, die alle Räume miteinander verband. »Dreihundert Quadratmeter«, hatte er gesagt. »Er wohnt auf dreihundert Quadratmetern, könnt ihr euch das vorstellen?« Und alle, die sich kaum fünfzig oder hundert Quadratmeter leisten konnten, hatten feuchte Augen bekommen. Sartaj kannte ihre Bewunderung, denn er hatte sie selbst empfunden: Harshad Mehta war ein Dieb gewesen, doch er hatte große Träume gehabt und in großem Stil gelebt. Er war zweimal inhaftiert worden und dann an einem Herzinfarkt gestorben, aber zu seiner Zeit war er ein Held gewesen.
    Sartaj ließ den Motor aufheulen; er mochte das Geräusch. Zu Harshad Mehtas Zeiten hatte sich der Ehrgeiz wie ein unentrinnbares Virus ausgebreitet. Seitdem hatte es Börsenkräche und so manche geplatzte Seifenblase gegeben, aber die Ansteckung war geblieben. Inzwischen waren solch maßlose Ambitionen gang und gäbe. Vielleicht trugen sie auf ihre Weise zur Gesundheit bei, immerhin spendeten sie Kraft, Schwung und Tempo. In einem Leitartikel, den Sartaj kürzlich gelesen hatte, war dankbar registriert worden, daß sich die indische Kricketmannschaft endlich einen gewissen Killerinstinkt erworben habe. Ja, genau, Geld und einen Killerinstinkt hatten sie sich erworben. Sartaj gab Gas. Es wurde Zeit für die Jagd nach den Mädchen-Belästigern.

    Wasim Zafar Ali Ahmad, der Mann mit dem langen Namen und den politischen Ambitionen, hatte Sartaj Namen und Adresse der beiden Tapori-Brüder gegeben, die er zur Räson bringen wollte, und so

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