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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Männer wie Ganesh Gaitonde und Suleiman Isa auch mit kleinen Diebstählen angefangen und später dann ihre eigenen Opel-Vectra- und Honda-Accord-Flotten besessen. Und Jungen und Mädchen aus staubigen Dörfern schauten jetzt von Plakatwänden herab, schön und unwirklich. Es konnte so kommen. Deshalb probierten es die Menschen immer wieder. Das war der Traum, der große Traum von Bombay. »Wie ging dieses Lied noch mal?« fragte Sartaj. »Sie wissen schon, das Sha Rukh singt, ich weiß nicht mehr, wie der Film heißt. Bas khvab 340 itna sa hai ... 062 « Katekar nickte, und Sartaj wußte, daß er begriff, warum er, Sartaj, fragte. Sie waren so oft zusammen durch die Stadt gefahren, daß sie den Gedankensprüngen und seltsamen Einfällen des anderen folgen konnten.
    »Ja, ja«, sagte Katekar. Er summte die Melodie und schlug mit dem Zeigefinger den Takt auf das Lenkrad. »Bas itna sa khvab hai... shaan se rahoon sada ... Mmmmm, mmmmm - das?«
    »Ja, genau. Bas itna sa khvab hai ... Haseenayein bhi dil hon khotin, dil kaye kamal khile ...«
    Gemeinsam sangen sie weiter: »Sone ka mahal mile, barasne lagen hire moti ... Bas itna sa khvab hai.«
    Sartaj reckte sich. »Dieser Shamsul Sha, ja, der hatte einen großen Khvab.«
    Katekar schnaubte. »Stimmt, Saab, aber am Ende hat ihn dieser große Khvab seinen Gaand gekostet.«
    Beide platzten los. Zwei Frauen in einer Autorikscha neben Sartaj wandten sich erschrocken ab und lehnten sich unter den Schutz des Daches zurück. Darüber mußte Sartaj noch lauter lachen. Er wußte, daß dieser wilde, heisere Heiterkeitsausbruch eines Polizisten in einem Gypsy anderen Angst einjagen konnte, aber das machte die Sache nur noch lustiger. Megha hatte immer gesagt: »Erst erzählst du diese schrecklichen Polizeigeschichten, und dann gackerst du los wie ein Bhut 088 . Richtig unheimlich ist das.« Ihr zuliebe hatte er versucht, es sich abzugewöhnen, aber er hatte es nie ganz geschafft. Jetzt tat es jedenfalls gut, unter schallendem Gelächter mit Katekar durch die Stadt zu rollen, er brauchte sich keinen Zwang anzutun und lachte noch eine ganze Weile weiter.
    Als sie durch den Stoßverkehr nach Juhu Chowpatty abbogen, schwiegen sie wieder. Sie hielten, und als Sartaj vorn um den Gypsy herumging, nahm er schwachen Meergeruch wahr. An den Chaat-Ständen brannte bereits das Neonlicht, und die Kunden strömten heran. »Sagen Sie den Jungs mein Salaam«, sagte Sartaj.
    Katekar grinste. »Mach ich, Saab.« Er legte kurz die Hand auf seine Brust und ging dann zum Strand.
    Sartaj schaute ihm nach, seinem selbstbewußten, wiegenden Gang, den breiten Schultern, dem kurzgeschorenen Haar. Ein geübtes Auge hätte ihn sofort als Polizisten erkannt, aber er war ein guter Beschatter, und zusammen hatten sie so manche Festnahme durchgeführt. »Man ja ay khuda, itni si hai dua« 396 , sang Sartaj, als er durch Vile Parle fuhr, aber er konnte sich nicht an den Schluß des Liedes erinnern. Es würde ihm nun den Rest des Tages im Kopf herumgehen, und sehr spät, irgendwann vor dem Einschlafen, würde ihm das letzte Antra wieder einfallen.

    An der verabredeten Stelle, einem Stand mit dem Namen Great International Chaat House, warteten die Jungen und Shalini schon auf Katekar. Er strich Mohit über den Kopf und piekte ihn sanft in den Bauch. Mohit gab ein glucksendes Kichern von sich, und Rohit und Shalini mußten lächeln.
    »Kommen sie wieder mal zu spät?« fragte Katekar.
    Shalini verzog den Mund. Katekar kannte diesen Gesichtsausdruck: Was man nicht ändern kann, muß man ertragen. Bharti und ihr Mann kamen immer zu spät.
    »Setzen wir uns schon mal hin?« fragte Rohit. »Die wissen ja, wo wir sind.«
    Katekar schaute die Reihe der Buden entlang und über die Straße. Zwei Busse direkt hintereinander versperrten die Sicht. »Rohit, sieh doch mal nach, vielleicht versuchen sie gerade rüberzukommen.«
    Rohit ging widerwillig los und ließ ärgerlich seine Chappals über den Asphalt schleifen. Er war in letzter Zeit hoch aufgeschossen, aber Katekar war überzeugt, daß er mit Mitte Zwanzig, wenn er erst einmal Familie hatte, längst nicht mehr so dünn sein würde. Alle Männer in der Familie hatten eine beeindruckende Korpulenz entwickelt, Schultern und Arme, die einschüchtern konnten, einen respektablen Bauch. Rohit drehte sich um und schüttelte den Kopf.
    Mohit zupfte Katekar am Hemd. »Ich möchte Sev-puris, Papa«, sagte er.
    »Setzen wir uns erst mal«, sagte Shalini. »Die finden uns

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