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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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der Puja erhalten hatten, war offenkundig das Ergebnis zusammenhangloser Bewegungen, die sich auf eine allein mir sinnvoll erscheinende Weise umeinander gruppierten, zielloser Partikel, die aufeinanderprallten und die Illusion einer Gestalt ergaben. Denn was war mit den Tausenden von Momenten in jeder Minute, zwischen denen keinerlei Zusammenhang bestand, die nicht durch glitzernde Bedeutungsfäden miteinander verknüpft waren? Paritosh Shah sah Dandi-Swami hinter jeder einzelnen aufleuchtenden Sekunde, er bat ihn mit Geschenken und Bhajans um Hilfe, übte mit Steinen, Amuletten und geheimen Mantras Druck auf ihn aus, und gelegentlich stritt er auch mit ihm. Danach entschuldigte er sich immer bei Dandi-Swami und flog auf den Schwingen von dessen Segnungen. Er war davon überzeugt, daß ich nur meinen Widerstand aufgeben und mich in die Ehe sinken lassen müßte, dann würde sich der Glaube ganz von selbst einstellen. »Wenn du erst mal unter der Haube bist«, sagte er, »wird sich dieser ganze Quatsch von selbst regeln. Das ist eins-zwei-drei passiert.« Und er schnalzte mit den Fingern, eins-zwei-drei. Jeden Tag fragte er mich, welche Mädchen ich in die engere Auswahl genommen hätte.
    Und so schritt das Jahr voran. September, Oktober. Anfang November rief Samant an. Wir waren während der blutigen Fehde mit Suleiman stets miteinander im Geschäft gewesen und hatten beide davon profitiert. Er in Form von Bargeld, ich in Form von Leichen. Doch es war schwieriger für uns geworden, uns persönlich zu treffen, da in der Presse über uns beide berichtet worden war. Wir waren Opfer unseres Ruhms. Bislang nur eines bombayweiten, nicht landesweiten Ruhms, doch er reichte, um uns zu größter Vorsicht anzuhalten. Also telefonierten wir, mit wöchentlich wechselnden Nummern.
    Was Samant diesmal zu sagen hatte, war simpel. Einen Monat nach der Beschlagnahme meiner Lieferung hatte die Stadtverwaltung Gelder in Höhe von fast einem Viertel des Lieferungswertes an verschiedene Beamte sowie einen anonymen Informanten gezahlt. Wir wußten, daß dieser namenlose Mistkerl nicht Khot oder einer seiner Hinterbliebenen gewesen war - letztere hatten wir sorgfältig im Auge behalten. Wer war also dieser Gaandu, der mir mein Eigentum genommen hatte? Jetzt konnte mir Samant einen Namen nennen: »Kishorilal Ganpat«. Ich kannte diesen Namen. Ganz Bombay kannte ihn. Kishorilal Ganpat war ein Bauunternehmer, der seit zehn Jahren im Osten der Stadt im großen Stil baute. Von der Schnellstraße aus konnte man seine Gebäude aus dem Grün emporragen sehen, über die Dörfer und die alten Siedlungen hinaus. Er war stark. Es hatte Gerede über sein Verhältnis zu Suleiman Isa gegeben, doch ihre Kontakte waren von der üblichen, notwendigen Sorte, so wie sie jeder Bauunternehmer mit Suleiman Isa gehabt hätte. Weder besonders eng noch ungewöhnlich. Wir hatten selbst schon mit Kishorilal Ganpat geredet, als er Hilfe brauchte, um vier für Wohnungsbau ausgewiesene Areale in Andheri von Slums zu befreien. Doch wenn er mein Geld genommen, wenn er von mir gestohlen hatte, dann stand er Suleiman Isa näher, als es irgend jemand gewußt hatte. Es bedeutete, daß er einer der Finanziers von Suleiman war, vom selben Teller aß wie dieser Maderchod. Ich dankte Samant und legte auf. Seine Belohnung würde er später erhalten, und sonst gab es nichts zu bereden. Ich stand vor der Alternative, diese Neuigkeit stumm zu schlucken, zu vergessen, daß ich sie erfahren hatte, oder aber zu handeln. Ich behielt die Information für mich, ich wollte in Ruhe darüber nachdenken.
    Kurz vor Tagesanbruch klingelte das Telefon erneut. Wieder war einer von uns ermordet worden. Diesmal war es ein Junge aus Gopalmath, ein Junge, den ich in den von mir gebauten Straßen hatte aufwachsen sehen. Er hieß Ravi Rathore und war mit dem Bus aus Aurangabad 036 gekommen, wo er Verwandte hatte. Suleiman Isas Schweinehunde hatten ihn am Busbahnhof in Dadar abgefangen. Einem Kulfivaala war ein kurzes Geschubse aufgefallen. In der Nähe war ein schwarzer Lieferwagen geparkt gewesen. Und um ein Uhr morgens hatte dann jemand in der Nähe der Schnellstraße in Goregaon East auf einem stinkenden Abfallhaufen eine Leiche entdeckt und sie mit einem anonymen Anruf bei der Polizei gemeldet. Ravi Rathore hatte einen Einschuß in beiden Oberschenkeln und einen in der Stirn. Wir brachten seine Leiche am späten Nachmittag zu seinem Kholi zurück. Er hatte keine Verwandten in Bombay, also zündete

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