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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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jemand so mit uns umspringt, dann hat er was zu verbergen. Komm. Erzählen wir unseren Freunden von der Presse, wie du den großen Don Ganesh Gaitonde zur Strecke gebracht hast.«
    Und so trat Sartaj in das Blitzlichtgewitter hinaus und berichtete den Reportern von seinem Coup. Er sagte, er habe sich mit Gaitonde unterhalten, bevor sie die Tür aufgebrochen hätten, und Gaitonde habe einen furchtlosen, vernünftigen Eindruck gemacht. Gaitondes Geschichte von dem Gold behielt er für sich. Und er erzählte weder den Reportern noch Katekar oder Parulkar von der Frage, die ihm Gaitonde, wie er glaubte, am Schluß gestellt hatte. Er war sich ohnehin nicht sicher, ob er sie wirklich gehört hatte. Er berichtete den Reportern von dem anonymen Hinweis am Morgen, von den Ereignissen danach, und er sagte, es sei ihm schleierhaft, was einen Mafia-Don veranlassen könne, Selbstmord zu begehen.
    In dieser Nacht aber, zu Hause, mußte Sartaj wieder an Gaitondes hochtrabenden Ton denken, sein gehetztes Reden, seine Traurigkeit. Er war Ganesh Gaitonde nie zuvor begegnet, und nun hatten sich ihre Wege gekreuzt, und der Mann war tot. Kurz vor dem Einschlafen rief Sartaj sich alles zurück, was er über Gaitonde gehört und gelesen hatte, die Gerüchte und Legenden, die Geheimdienstberichte, die Interviews in den Nachrichtenmagazinen. Er versuchte das Bild Gaitondes in der Öffentlichkeit mit der Stimme aus dem Lautsprecher in Einklang zu bringen, doch es gelang ihm nicht. Da war der berühmte Gangster und da der Mann, den er am Nachmittag erlebt hatte. Aber ob so oder so -was spielte das noch für eine Rolle? Gaitonde war tot. Sartaj drehte sich um und klopfte energisch auf seine Kissen, schob sie zurecht, bettete den Kopf darauf und schlief ein.

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    Ganesh Gaitonde
verkauft sein Gold

    U nd, Sardar-ji, hören Sie mir noch zu? Sind Sie bei mir, irgendwo auf dieser Welt? Ich spüre Sie. Was dann passiert ist, wollen Sie wissen, und dann. Ich ging unter dem von Wolken zerrissenen, winddurchwirbelten Himmel dahin, den ständigen Druck des Goldes auf dem Rücken, vor mir die Stadt. Ich war neunzehn und hatte Gold auf dem Rücken. Hier war ich, Ganesh Gaitonde, in einem schmutzigen blauen Hemd, brauner Hose, ramponierten Schuhen mit Gummisohlen und ohne Socken, mit siebenundvierzig Rupien in der Tasche, einem Revolver im Gürtel und Gold auf dem Rücken. Ich wußte nicht, wohin, denn zu meinem Schlafplatz hinter dem gewürzduftenden Lagerraum eines Restaurants in Dadar konnte ich nicht mehr gehen. Wenn Salim Kakas Leute nach mir suchen würden oder auch sonst irgendwer, würde ich nicht mehr dort sein, ich würde mich nicht wie ein Einfaltspinsel dort finden lassen und den Tod eines Hundes sterben. Seit ich das Gold gefunden hatte, war mir das Vertrauen abhanden gekommen. Ich hatte die Probleme eines Reichen. Mir ging durch den Kopf: Ich habe nichts auf dieser Welt als siebenundvierzig Rupien, einen Revolver und diese Zentnerlast Metall. Auf meinem Rücken nützt mir Gold nichts, ich muß es verkaufen. Solange ich es nicht verkaufe, ist Gold bedeutungslos. Wie verkauft man Gold in solchen Mengen? Und wo? Solange ich es nicht verkauft habe, bin ich arm. Ein armer Mann mit den Problemen eines Reichen.
    Ich grinste, dann mußte ich lachen. Ich mußte dringend ein Versteck finden, und zwar schleunigst, trotzdem hatte die Situation auch etwas sehr Komisches. Ich sang: »Mere desh ki dharti sona ugle, ugle hire moti.« 417 Doch halb elf Uhr vormittags war nicht die richtige Zeit, um mit einer geladenen Pistole und einem Sack Gold am Rand von Borivali herumzuspazieren. Ringsum gab es hauptsächlich Felder und Dickicht, nur hier und da standen ein paar kleine Häuser dorfartig zusammen, aber früher oder später würde jemand auf mich aufmerksam werden, etwas fragen, etwas wollen. Ich hatte nur noch drei Kugeln im Revolver. Und ob drei oder dreihundert würde keine Rolle spielen, wenn erst jemand herausfand, was ich da mit mir herumtrug.
    Zu meiner Rechten entdeckte ich einen Stacheldrahtzaun, der ein kleines Wäldchen schützte. Ich sah mich um, und mein Beschluß war gefaßt. Ich schlüpfte unter dem untersten Draht hindurch, zog den Sack nach und ging schnell, doch ohne zu rennen, zu den Bäumen hinüber. In ihrem Schatten hockte ich mich hin und richtete mich aufs Warten ein. Ich streckte die Finger, versuchte den Krampf loszuwerden, den ich vom Umklammern des Sacks bekommen hatte, vom Tragen dieser schweren Last. Falls etwas passieren

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