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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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ein sehr junger Mann, der verliebt war, verliebt mit großen, dramatischen Gesten. Er hatte keine Vorstellung, wie komisch er wirkte. Doch selbst wenn er es geahnt hätte, wäre es ihm, glaube ich, egal gewesen.
    »Du weißt es nach ganzen - wieviel waren es? - zehn Tagen?«
    »Wenn man es weiß, dann weiß man es.«
    Er war stolz. Er gehörte jetzt zu der kleinen Gruppe von Auserwählten, die es wußten, sah sich in der Gesellschaft von Majnu, Farhad 192 und Romeo. Er war ganz ruhig. »Na gut«, sagte ich. »Laß mich darüber nachdenken. Wann und wo ist sie geboren?«
    Mit strahlendem Lächeln zog er einen Zettel aus seiner Hemdtasche. »Hier, Bhai. Da stehen alle Daten drauf, ihre und meine.«
    Ich nahm den Zettel entgegen und schickte Arvind fort. Als Anhänger Guru-jis hatte ich gewisse Kenntnisse in der Kunst der Astrologie erworben, auch wenn ich Guru-ji natürlich nicht im allerentferntesten das Wasser reichen konnte. Doch er selbst hatte mir einmal gesagt: »Du lernst schnell. Du hast ein Gespür für diese Kunst, ein Wissen, das bereits in dir ist. Durch mich entdeckst du es nur wieder.« Deshalb hätte ich auch so lange überlebt, während viele andere gestorben seien. Ich hätte ein Gefühl für die Zukunft, meinte er, ich könne durch die Spiralen der Zeit sehen und wisse deshalb, wann Gefahr im Anzug sei. Diese Eigenschaft versuchte ich mir nun dienstbar zu machen. Ich übte an den Jungs, sie vertrauten mir. Als ich nun Arvinds und Suhasinis Horoskope betrachtete, schien mir, daß die beiden zusammenpaßten, daß zwischen der Einwirkung der Sterne in ihrem und seinem Leben Parallelen bestanden und sie sich, wo nötig, bestens ergänzten. Die beiden waren, von ihren Begierden getrieben, durch die Welt getaumelt, und auf meiner Yacht hatten sie sich gefunden. Warum konnte oder sollte auf meinem Schiff, das immerhin Lucky Chance hieß, nicht ein perfektes Paar zusammenfinden? Ich hatte ein gutes Gefühl, was Arvind und Suhasini betraf, und eine Hochzeit wäre ein gutes Omen. Aber ich würde natürlich nicht zustimmen, ohne vorher Guru-jis Rat einzuholen. Bis auf Bunty wußte keiner der Jungs von Guru-ji, er hingegen wußte alles über sie. Die Jungs hier auf dem Schiff gehörten zum engeren Kreis, sie standen mir nah, also war es wichtig, daß sie von einem überlegenen Geist auf Herz und Nieren geprüft wurden. Diese kleine Vorsichtsmaßnahme konnte womöglich einmal mein Leben retten.
    Normalerweise wartete ich um fünf Uhr nachmittags in meinem Büro auf Guru-jis Anruf, und wenn es sich einrichten ließ, rief er auch an. Ich hatte ein allein für ihn bestimmtes Satellitentelefon mit eingebautem Scrambler 571 . Auch er hatte auf seinen Reisen immer einen Scrambler dabei, so daß wir vollkommen abhörsicher miteinander sprechen konnten. All diese neue Sicherheitstechnologie einzusetzen, diese außerordentliche Vorsicht walten zu lassen, hatte ich von meinem fast kahlen Freund Mr. Kumar vom RAW gelernt. Er hatte mich mit einem abhörsicheren Telefon versorgt, und über meine eigenen Leute hatte ich zwei weitere organisiert, eins für Guru-ji und eins für Jojo. Ich genoß also dreifachen Schutz: in bezug auf meinen Patriotismus, meine Spiritualität und mein Sexleben. Auch die Lucky Chance war auf größtmögliche Sicherheit ausgerichtet. Meine treuen Freunde Gaston und Pascal hatten dieses Khatara für mich aufgetrieben, das vorher einem Ölscheich gehörte, einem degenerierten alten Knacker, den wir mit Scotch und jungen Burschen versorgt hatten und den es langweilte, über derart lächerliche Beträge zu streiten, so daß er uns das Schiff für den Spottpreis von sieben Crores überließ. Gaston und Pascal hatten es zu einer Werft in Cochin geschleppt und es mit Gewehrschränken, Sicherheitstüren und einem speziellen Nahbereichsradar aufgerüstet, alles unter der technischen Aufsicht des milde dreinblickenden Mr. Kumar. In Bombay hieß es, Gaitonde wolle eine Yacht, weil Chhota Madhav schon seit Jahren eine habe, aber das war völliger Unsinn. Ich wollte auf einem Schiff leben, weil ich mich dort sicher fühlte: Auf einem Schiff wußte ich, wer kam und wann er kam. Außerdem hatte mir Guru-ji gesagt, daß ich zu Wasser sicher sei, daß mein Schicksal auf den Wellen ruhe und dort seinen Lauf nehmen werde.
    Abgesehen davon, hatte Chhota Madhav nur eine normale Neunzig-Fuß-Yacht, mit der er rund um Malaysia schipperte. Ich dagegen fuhr mit meiner waffenstarrenden Lucky Chance , wohin ich wollte, auch

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