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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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durch die Meerengen Indonesiens, wenn es erforderlich war, und wir hatten zweimal mit schwerem Maschinengewehrfeuer die Schnellboote von Piraten versenkt. Diese Idioten dachten, wir hätten sie in der Dunkelheit nicht kommen sehen. Mit der nötigen Technologie und Guru-ji im Hintergrund konnten mir auf dem Wasser nichts und niemand etwas anhaben.
    Wie immer verbrachte ich die Zeit, während ich auf Guru-jis Anruf wartete, mit meinem Buchhalter. Er war ausgebildeter Wirtschaftsprüfer, mein guter Partha Mukherjee, ein Bengale, der in Bandra East aufgewachsen war. Er war bei mir zu Geld gekommen, hatte seinen Eltern und seiner Schwester eine Wohnung in Lokhandwalla besorgt und auch schon einen Mann für seine Schwester gefunden. Die Hochzeit sollte im November stattfinden, es war ein Fünf-Sterne-Empfang geplant. Ich bezahlte Partha Mukherjee gut, mit doppelten Prämien, das war er mir wert. Der Jahresumsatz meiner Company betrug damals dreihundert Crores, und allein dieses Geld im Blick zu behalten und von hier nach da zu leiten, es zu investieren und zu vermehren war eine Aufgabe für zwei. Natürlich hatten wir immer noch unsere altmodischen Einnahmequellen: etwa die Abgaben, die wir von Geschäftsleuten und Filmproduzenten forderten, oder die Vergütungen von braven Bürgern, die ihre als Altersruhesitz vorgesehene Wohnung von hartnäckigen Mietern befreit haben wollten, wir nahmen Geld über die Ein- und Ausfuhr verschiedener Substanzen und Materialien ein und über Buchmacher wie Kundenschlepper. Daneben tätigten wir auch völlig legale Geschäfte in Bombay und ganz Indien, investierten in Aktien und andere Wertpapiere, in Immobilien und Start-up-Unternehmen. All das managte Partha Mukherjee mit seinen Computern und seinen diversen Assistenten in diversen asiatischen Städten. Ich räumte ihm jeden Abend eine halbe Stunde ein, in der er mir einen aktuellen Bericht über das Woher und Wohin meines Geldes abstattete. Er zeigte mir Tabellen, malte Pfeile auf handgezeichnete Landkarten, um mir zu demonstrieren, welchen Weg das Geld nahm - von Kuala Lumpur über Bombay nach Bangkok. Ich begriff und lenkte diesen Geldfluß selbst. Der fette alte Paritosh Shah wäre stolz auf mich gewesen.
    Wenn Guru-jis Anruf kam, warf ich Partha Mukherjee raus. Doch an diesem Tag war es nicht das für Gespräche mit Guru-ji bestimmte Handy, das klingelte, sondern eines der beiden anderen abhörsicheren Telefone. Mukherjee erhob sich unaufgefordert und sammelte seine Papiere zusammen. All meine Jungs wußten, daß sie mich allein lassen mußten, wenn das graue Telefon klingelte. Als die Tür mit jenem Sicherheit verheißenden, satten Geräusch, auf das ein metallisches Klicken folgte, ins Schloß gefallen war, tippte ich meinen Code ein, um den Scrambler zu aktivieren.
    »Ganesh.« Es war Mr. Kumar, so diskret und sanft wie immer.
    »Kumar-saab.«
    »Die Information aus Bhavnagar war gut. Wir haben vier von ihnen erwischt.«
    »Auch den Verbindungsmann? Alle tot?«
    »Ja. Shabash, Ganesh.«
    »Ich tue nur meine Pflicht, Sir.« Es würde weder für mich noch für Kumar öffentliches Lob geben. Vielleicht würde die örtliche Polizei melden, daß man eine Zelle von ISI-Agenten gesprengt und ein Waffenlager ausgehoben hatte. Doch für uns, die wir die ganze Aktion gedeichselt hatten, gab es nur dieses bescheidene Shabash unter Kollegen, über eine private Telefonleitung. So war das beim Geheimdienst. Mr. Kumar hatte es mir erklärt: Wenn wir unsere Arbeit gut machen, erfährt keiner davon. Wenn wir scheitern, erfahren es alle.
    »Als nächstes knöpfen wir uns dann Maulana Mehmood Ghouse vor.«
    »Ein dicker Fisch, Saab.« Mehmood Ghouse war ein pakistanischer Mullah, ein Prediger, der im Kaschmirtal sehr aktiv war. Er prahlte öffentlich damit, wie viele Kafirs er mit eigenen Händen umgebracht habe, und schon seit einer Weile strahlten sämtliche Fernsehsender immer wieder eine körnige Aufnahme von ihm aus, auf der er bei einem Jehadi-Gebetstreffen 289 in Multan den verwesenden Kopf eines indischen Soldaten an den Haaren hochhielt.
    »Ja, das ist er«, sagte Mr. Kumar. »Und er wird immer einflußreicher. Er kandidiert bei der nächsten Wahl. Ganz plötzlich ist er zum Politiker geworden und behauptet, der Mann in dem Multan-Video sei gar nicht er.«
    »Wer soll denn das glauben?«
    »Die britische Regierung. Die zeigt sich zutiefst beeindruckt davon, daß er früher Elektroingenieur war und Computer benutzt, daß er ein moderner

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