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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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wieder an. Er mußte Unsummen dafür ausgegeben haben, sich seinen Weg zurück in die Gunst der Politiker zu bahnen, und nun faßte er wieder Tritt. Sartaj hatte zuletzt vor knapp vier Wochen Geld bei ihm abgeholt, und jetzt bestaunte er wie immer den grünen Marmor in der Lobby des Apartmenthauses der Nichte. Der Stein schien jedesmal, wenn er kam, noch stärker zu glänzen - vielleicht hatte italienischer Marmor das so an sich. Die Stahlwände des Aufzugs waren noch unversehrt, so daß Sartaj sich darin spiegeln und seinen Schnurrbart glattstreichen konnte. Er sah besser aus als seit langem, fand er und fragte sich, wie das bei all dem Streß der letzten Zeit möglich war. Vielleicht bildete er es sich auch nur ein.
    Doch Parulkar bemerkte es ebenfalls. »Du siehst gut aus, Sartaj. Bestens, bestens.« Er klopfte Sartaj auf den Rücken und führte ihn in die Wohnung. Der Eßtisch mit der Glasplatte war gedeckt, die Teller standen auf spitzengesäumten weißen Platzdeckchen. »Wie wär's mit Poha und Chai? Das Poha ist ganz besonders gut.«
    »Ich hab schon gegessen, Sir.«
    »Probier wenigstens mal, Beta. Ab und zu sollte man auch die kleinen Dinge des Lebens genießen. Ich trinke eine Tasse Tee mit.«
    Das Poha war in der Tat sensationell. Sartaj aß eine kleine Portion und tat sich dann noch einmal auf. Parulkar trank Chai und schaute ihm wohlwollend zu. Sie unterhielten sich über Sartajs laufende Fälle und über Parulkars Familie. Die Renovierung seines Hauses war endlich abgeschlossen, so daß seine Tochter Mamta - deren Scheidung beim Familiengericht anhängig war - und ihre Kinder bequem bei ihm wohnen konnten. Das Leben ging weiter. Parulkar schien zufrieden, seine alte Kraft war wiedergekehrt, hatte sich verdoppelt. »Nächsten Monat nehmen wir einige neue gruppenübergreifende Projekte in Angriff«, sagte er. »Nach Diwali. Neue Arbeit für das neue Jahr.« Und dann hörte er sich an, was Sartaj über den Fall Gaitonde zu berichten wußte. Seiner Meinung nach hatte es mit alldem nichts auf sich, er schüttelte den Kopf und sagte: »Das sind unnötige Ängste. Es gibt doch so gut wie keine Beweise. Die Frau verknüpft Dinge von hier und dort miteinander und erfindet einen Fall, an dem sie dann arbeiten kann. So was macht man, wenn es mit der Karriere nicht vorangeht. Gurus und Bomben! Blödsinn.«
    Sartaj war nicht ganz überzeugt, doch Parulkars Bestimmtheit wirkte beruhigend. Immerhin war Parulkar der Mann mit dem untrüglichen Instinkt, mit einer unübertroffenen Bilanz an Verhaftungen und Ermittlungserfolgen. »Ja, Sir«, sagte Sartaj, »das sind alles nur Gerüchte, mehr nicht.« Er schob seinen Teller zurück. »Köstlich war das.«
    »Komm mal mit«, sagte Parulkar, »ich hab was für dich.«
    Sartaj erwartete das übliche Bargeld, aber Parulkar führte ihn ins Schlafzimmer und zeigte auf einen grauen Karton.
    »Mach auf, mach auf«, sagte er.
    Sartaj nahm den Deckel ab, in den ein ihm gänzlich unbekanntes Logo eingeprägt war, und fand darin, einzeln in samtweiches Seidenpapier gehüllt, die elegantesten Schuhe, die er je gesehen hatte. Sie waren einfach, aber geschmeidig, und jede Naht verriet Sorgfalt und Qualität. Die Farbe war vollkommen, Braun mit einem Hauch Rot, nicht protzig, aber vielsagend. Die perfekten Schuhe.
    »Das ist ein italienisches Modell, Sartaj«, sagte Parulkar, »direkt aus Italien. Du hast doch Größe neun?«
    Sartaj mußte sich anstrengen, um aus seiner Versunkenheit aufzutauchen. »Ja, Sir.«
    »Komm, probier sie an. Ein Freund von mir hat sie aus Mailand mitgebracht, ich hatte ihm die Größe und alles gesagt. Mal sehen, ob sie passen.«
    Sartaj setzte sich aufs Bett und löste seine Schnürsenkel. Schon während er in den rechten Schuh schlüpfte, wußte er, daß er passen würde. »Der ist gut, Sir.« Er zog den anderen an und stand auf. »Die sitzen perfekt.« Er ging von einem Ende des Raumes zum anderen und schüttelte staunend den Kopf, nicht nur über die Paßform der Schuhe, die eng anlagen, ohne zu drücken, sondern auch über ihr geringes Gewicht, ihre Machart. Er ging hin und her. Der Schuh machte seinem Herkunftsland alle Ehre.
    »Okay«, sagte Parulkar. »Dann wirf die alten Schuhe weg. Ich hab mich schon gewundert, daß du sie überhaupt noch trägst.«
    »Ich soll damit auf die Straße?«
    »Natürlich, Sartaj. Gute Sachen sind nicht dafür da, daß sie im Schrank stehen. Das Leben ist eine unsichere Sache, man muß es genießen. Laß sie gleich

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