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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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erzählt. Ich hatte meine kosmetischen Operationen geheimgehalten, vor ihr und allen, die nichts davon zu wissen brauchten. »Dann wollen wir Zoya mal überraschen«, sagte ich.
    »Sie wird erschrecken wie eine Kuh, der man einen Stock in den Gaand schiebt, Bhai«, sagte Arvind. »Ohne Ihre Stimme hätte ich nicht gewußt, wer Sie sind.« Er beugte sich über das Fußende des Betts und betrachtete mich genau. »Es ist nicht so, als wäre irgend etwas massiv verändert worden. Aber all die kleinen Veränderungen zusammen haben Sie total verändert.«
    Meine Wunden verheilten schnell. Sobald mir Dr. Langston Lee grünes Licht gab, flog ich nach Amerika. Zoya konnte während der Dreharbeiten nicht für längere Zeit weg, und ich wollte sie unbedingt sehen. Oder vielmehr ich wollte, daß sie mich sah. Also flog ich hin. In den USA waren wir nur selten zugange, so daß keine Teams unserer Company dort postiert waren, die sich für mich um die Logistik hätten kümmern können, und auch keine Bodyguards. Ich reiste allein, mit einem makellosen indonesischen Paß, und fühlte mich absolut sicher. Mein neues Aussehen schützte mich. Und neue Kleider hatte ich auch, einen ganzen Koffer voll heller Leinenanzüge und pastellfarbener Baumwollhemden. Arvind hatte Bedenken gehabt, mich allein ziehen zu lassen, aber ich hatte ihm gesagt, ich würde allein sicherer sein, würde ohne Gefolge weniger Aufmerksamkeit erregen. Um so mehr, da es das Muster durchbrach, mit dem meine Feinde rechneten und nach dem sie Ausschau hielten: Ich war seit Jahren immer von meinen Jungs umgeben. Nach mir allein würden sie deshalb nie suchen.
    Ich sagte das alles und glaubte es auch. Doch als das Flugzeug in Bangkok startete und ich der Neuen Welt entgegenschwebte, überfiel mich die Panik. Ich war allein. Auf der Lucky Chance konnte ich meine Jungs übers Deck gehen hören, und morgens war ihr Lachen das erste, was ich vernahm. Jetzt, in dieser kleinen First-Class-Luftblase, dieser Kabine, die hoch über der Erde dahinsauste, konnte ich sie nicht erreichen. Sie waren fort. Ich faßte nach meinem Kinn, meiner Nase. Unter meiner schönen neuen Haut war nur ich. Ich hatte das Gefühl, weit weg zu sein, fern von allem und jedem Vertrauten. Ich beruhigte mich, sagte mir, daß dies eine unerwartete, aber ganz natürliche Reaktion auf eine ungewohnte Situation sei, daß mein Körper in seiner neuen Gestalt noch nervös sei. Ich bat um Wasser und schloß die Augen. Der Schweiß perlte mir vom Nacken, und ich wußte, daß ich auffiel. Aber ich bekam meine Panik nicht in den Griff, und schließlich gab ich auf und rief mit dem Flugzeugtelefon Arvind an. Er war ziemlich beunruhigt, als er meine Stimme hörte, denn wir hatten vereinbart, während dieser Reise nur im äußersten Notfall zu telefonieren. »Bhai«, sagte er. »Was ist los?«
    Ich konnte ihm natürlich nicht sagen, was tatsächlich los war, konnte ihm nichts von dem metallischen Geschmack der Einsamkeit und Sehnsucht erzählen, der mir in der Kehle saß. Ich konnte nicht sagen: Ich wollte nur deine Stimme hören, du Mistkerl. Also redete ich mit ihm über einige Investitionen, die wir in der vorangegangenen Woche getätigt hatten, und über einen Geldtransfer von einem Konto in Hongkong zu einem indischen Fonds. Es waren Banalitäten, ganz gewiß kein Grund für einen Notanruf. Er war verwirrt, wußte sich aber zu benehmen und stellte keine Fragen, sondern nahm nur meine Anweisungen entgegen. Ich beendete das Gespräch und rief als nächstes Bunty in Bombay an. Mit ihm hatte ich nichts auch nur ansatzweise Dringendes zu besprechen, und so redete ich über Suleiman Isa und unsere neusten Informationen zu den Aktivitäten der S-Company. Als ich das Gespräch beendete, war Bunty genauso verwirrt wie Arvind, und dann rief ich Jojo an. »Ich bin mitten in einer Besprechung«, sagte sie. »Ich rufe dich zurück.«
    »Das geht nicht.«
    »Warum denn nicht? Ich bin in einer halben Stunde fertig.«
    Ich hatte ihr weder von meiner Reise in die USA noch von meiner kosmetischen Operation erzählt. Und jetzt, wo eine thailändische Großmutter mit strenger Nickelbrille und scharfen Ohren neben mir saß, konnte ich das unmöglich nachholen. »Ich habe selbst gleich einige Besprechungen. Morgen. Ich rufe dich an.«
    »Stimmt irgendwas nicht, Gaitonde?«
    Sie kannte mich einfach zu gut. »Nein, nein«, sagte ich. »Geh wieder zu deiner Arbeit. Wir telefonieren morgen.«
    »Okay«, sagte sie. »Morgen.«
    Ich

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