Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
Vom Netzwerk:
verstehen das nicht. Ich weiß, daß Sie nichts von mir halten.« Ihr Make-up war abgewischt, und Sartaj hatte ihr Gesicht noch nie so nackt gesehen, nicht einmal an jenem ersten Morgen, als sie sich im Nachthemd mit ihrem Mann gestritten hatte. »Aber Sie verstehen das nicht. Ich will mit meinem Mann zusammenbleiben. Ich will ihn nicht verlassen, ich will keine Scheidung. Wenn ich von ihm weg wollte, hätte ich ihn längst verlassen. Aber ich will nicht weg. Ich will bleiben. Verstehen Sie?«
    Sie hatte das Bedürfnis des Apradhis, sich zu erklären, auch noch nachdem die Gefahr der Bestrafung gebannt war. »Madam?« fragte Sartaj.
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Nein.« Sartaj hatte nicht die Absicht, sich Kamala Pandey zu offenbaren, dieser gescheiterten Frau sein eigenes Scheitern zu erklären.
    »Dann können Sie es nicht wissen.«
    »Was kann ich nicht wissen?«
    »Die Ehe ist etwas so Schwieriges. Sich verlieben, heiraten, das ist leicht. Aber dann hat man das ganze Leben vor sich. Jahre um Jahre. Und man will bleiben, man will unbedingt bleiben. Und dazu braucht man manchmal etwas anderes. Das klingt wie eine Lüge, ich weiß, wie eine Ausrede. Aber es ist wahr. Daß er da war, er, Sie wissen schon ...«
    Sie wollte den Namen Umesh nicht aussprechen, er schmeckte zu bitter.
    »Der Pilot?« fragte Sartaj.
    »Ja, der Pilot.« Sie schüttelte den Kopf, verwundert über sich selbst, über ihr Leben. »Durch ihn war es mir möglich, bei meinem Mann zu bleiben. Ich schwör's. Sonst hätte ich ihn verlassen. Ich habe meinen Beruf, und ich kann jederzeit zu meinen Eltern zurück. Aber ich liebe meinen Mann.« Ihre Schultern zuckten, sie weinte wieder ein wenig und schneuzte sich in eine Papierserviette. Einzelne Haarsträhnen klebten ihr an den Wangen, und sie wirkte sehr jung. »Sie halten nichts von mir und meinem Mann, weil Sie damals unseren Streit mitbekommen haben. Aber in Wirklichkeit sind wir gar nicht so. Wir sind nett zueinander. Das haben Sie nicht mitbekommen.«
    Sartaj war überzeugt, daß sie die Wahrheit sagte, daß Kamala und Mahesh Pandey ein glückliches Paar waren, solange sie nicht aufeinander losgingen. In der Ehe war, wie überall, nichts einfach. Vielleicht brauchte Kamala den Piloten, so wie ihr Mann sie brauchte, so wie sie ihren Mann brauchte. Irgendwo in diesem Gewirr von Bedürfnissen, Verlust und Lüge lag die Wahrheit der Liebe. »Madam«, sagte Sartaj und sah Kamala Pandey gerade in die Augen, »das verstehe ich.«
    »Aber ich tu's nicht wieder. Ich fang nie wieder was mit einem anderen Mann an. Das ist es nicht wert.« Sie war begreiflicherweise noch durcheinander, schuldbewußt, unsicher, was sie selbst und die Zukunft anbelangte. Sie berührte ihr Haar, strich es hinter die Ohren zurück. »Ich seh bestimmt furchtbar aus. Sind die Toiletten hier sauber?«
    »Geht so«, sagte Sartaj. »Manchmal gibt's kein fließendes Wasser.«
    »Dann warte ich, bis ich zu Hause bin. Ich fahr jetzt los.« Sie nahm ihre Handtasche und die Autoschlüssel.
    »Wir knöpfen uns den Piloten vor und reden ein Wörtchen mit ihm, Madam. Sie selbst unternehmen bitte nichts. Sprechen Sie nicht mit ihm, stellen Sie ihn nicht zur Rede. Wenn er Kontakt mit Ihnen aufnehmen will, reagieren Sie nicht. Und informieren Sie uns.«
    »Ich will sowieso nicht mit ihm reden. Ich will ihn nie wiedersehen.«
    »Gut. Wenn Sie ihn angezeigt hätten, dann hätten wir ihn hinter Schloß und Riegel bringen können. Aber wir werden ihm eine Lektion erteilen. Wir kriegen alles, was er an Videos und Informationen hat, keine Sorge. Und wir werden auch versuchen, Ihr Geld zurückzubekommen.«
    Sie schauderte. »Ich will nichts von ihm haben. Halten Sie ihn mir nur vom Hals.«
    »Machen wir, Madam.«
    Mehr gab es nicht zu sagen. Sie stand auf und schwankte ein wenig auf ihren hohen Absätzen. Sie war noch mitgenommen, aber sie würde es nach Hause schaffen. Frauen waren stark, stärker, als es den Anschein hatte. Auch Luxusgeschöpfe wie Kamala Pandey.
    »Ach ja, Ihr Geld.« Sie kramte in ihrer Handtasche und überreichte ihm einen braunen Umschlag.
    »Danke, Madam.«
    »Ich danke Ihnen.« Sie straffte sich. Er sah, daß sie sich zusammennahm, ihre Gesichtszüge nach und nach unter Kontrolle brachte, bis sie fast wieder die Kamala Pandey war, die er vor Monaten kennengelernt hatte. Sie wandte sich abrupt ab und ging mit festen Schritten rasch davon.
    Sartaj schaute ihr nach, ihrem strammen, wohlgeformten Hinterteil,

Weitere Kostenlose Bücher