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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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schon genug wütende Frauen am Hals gehabt. Ich kann mit dem Piloten reden, ihm die Leviten lesen, ihm sagen, was er an Strafe zu zahlen hat. Aber mit ihr? Nein.« Kamble war wieder der alte, die Lippen fettglänzend. »Außerdem steht sie auf Sie«, sagte er grinsend und bedeutete dem Ober, noch mehr Roti zu bringen. »Um die kümmern Sie sich mal schön selbst.« Plötzlich sah er Sartaj ins Gesicht, die Hand noch in der Luft. »Wieso am Bahnhof Santa Cruz, Boß?«
    »Wie?«
    »Sie haben doch vom Bahnhof Santa Cruz aus angerufen. Warum?«
    »Weil ich da vorbeigekommen bin.«
    »Um sechs Uhr früh sind Sie am Bahnhof Santa Cruz vorbeigekommen?«
    »Sechs hab ich nicht gesagt.«
    »Sie haben doch gesagt, sie haben die Delhi-Frau aufgeweckt.« Kamble stützte die Ellbogen auf und beugte sich vor. »Mein Freund«, sagte er, »wo haben Sie letzte Nacht geschlafen?«
    »Nirgends.«
    »Nirgends?«
    »Zu Hause.«
    »Zu Hause. Zu Hause, zu Hause.« Kamble blies die Backen auf, so daß er wie eine gutmütige Bulldogge aussah.
    »Was, zu Hause, zu Hause?«
    »Wie schön, ein Zuhause zu finden, Sartaj-saab. Besonders eins, das in der Nähe von Santa Cruz liegt.« Kamble drehte sich um und brüllte: »Are, müssen Sie unsere Rotis erst aus Aurangabad holen, oder was?« Strahlend wandte er sich wieder Sartaj zu. »Hab ich irgendwas gesagt? Essen Sie, essen Sie.«

    »Ich muß gehen«, sagte Kamala Pandey nur, als Sartaj ihr eröffnete, wer der Erpresser war. Sie saßen wie immer hinten links im leeren Sindur. Es war Spätnachmittag, und in dem goldenen Schein, den die tiefstehende Sonne durch das beschlagene Fenster sandte, sah Kamala sehr hübsch aus. Nachdem sie von Umeshs Niedertracht erfahren hatte, preßte sie die Zähne zusammen, auf ihrer Stirn pulsierte eine Ader, und sie sagte nur: »Ich muß gehen.«
    Sie griff ihre Schlüssel vom Tisch und stand auf, noch während Sartaj »Moment, Moment« sagte. Er folgte ihr zur Tür und ging dann noch einmal zurück, um ihre Handtasche zu holen. Als er hinauskam, saß sie in ihrem Wagen und starrte an dem Betelverkäufer und den Passanten vorbei ins Leere. »Madam?« sagte er.
    Ihre Hand zitterte am Lenkrad, und der Autoschlüssel schrammte über Metall. Sie senkte den Blick, sammelte sich und versuchte es erneut. Diesmal bekam sie den Schlüssel ins Schloß.
    »Madam«, sagte Sartaj sanft, »Sie sollten jetzt nicht fahren. Bitte.«
    Er öffnete die Tür, und sie ließ zu, daß er sie am Ellbogen faßte und ihr heraushalf. Während er sich in den Wagen beugte, um den Schlüssel abzuziehen, stand sie mit hängenden Armen da, und dann mußte er sie umdrehen und in das Restaurant zurückführen. Er ließ sie Platz nehmen und setzte sich ihr gegenüber. Ihre Augen waren durchscheinend bernsteinfarben, und es war, als schaute sie durch ihn hindurch. »Madam«, sagte er, »möchten Sie ein Glas Wasser?« Er schob ihr ein Glas hin, nahm ihre Hand und bog sie darum.
    Da fing sie an zu weinen. Sie zog ihre Hand fort und legte sie in den Schoß, die klaren Linien ihres Gesichts schienen zu verschwimmen, und ein Laut brach aus ihr hervor, bei dem es Sartaj kalt den Rücken hinunterlief. Er hatte ihn viele Male gehört, diesen kehligen, kindlichen Schrei. Er hatte ihn bei Eltern gehört, deren Kinder ermordet worden waren, bei Brüdern, deren Schwestern tödlich verunglückt waren, bei alten Frauen, die von ihren Verwandten ins Elend gestürzt worden waren, und, ja, auch bei betrogenen Liebenden. Es war jedesmal wieder schwer zu ertragen, dieses tiefe Heulen, denn man wußte, daß man nichts tun konnte. Sartaj hatte gelernt abzuwarten, bis es verstummte. Kamala nahm ihn nicht mehr wahr, sie heulte hemmungslos und ungeniert. Ein Ober steckte den Kopf durch die Küchentür, dann schaute Shambhu Shetty herein. Sartaj hob die Hand, ein klein wenig nur, und schüttelte den Kopf.
    Als Kamala sich ausgeweint hatte, preßte sie die Hände ans Gesicht. Sartaj nahm ein Bündel Papierservietten aus einem Glas auf dem Tisch und hielt es ihr hin. Sie tupfte sich das Gesicht ab und holte tief Luft. »Ich liebe ihn«, sagte sie auf englisch.
    »Madam, er ist ein durch und durch schlechter Mensch. Er hat Sie bestohlen. Er hat Sie benutzt.«
    »Nein, nicht Umesh. Ich rede von meinem Mann.«
    Sartaj verschlug es die Sprache. Um seine Verblüffung zu verbergen, nahm er mit ungeschickten Fingern noch mehr Papierservietten und räusperte sich. »Ja, Madam, natürlich.«
    Aufgebracht beugte sie sich vor. »Sie

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