Der Pate von Bombay
Pandey. »Dieser maderchod Bhenchod von Pilot, der ist noch mieser als die Bhadvas 071 . Die nehmen den Frauen Geld ab, okay, das kann ich noch verstehen. Man läßt eine Randi für sich arbeiten, man verschafft ihr Kunden, man investiert Zeit und Mühe, und man bekommt was dafür. Aber dieser Umesh, dieser Hurensohn, der hatte noch nicht mal den Mumm, sich vor Kamala hinzustellen und Geld von ihr zu verlangen. Er hat sich versteckt, er hat die Frau gefilmt und ihr über seine Handlanger Geld abgepreßt. Und sie hat ihn geliebt.«
»Erschütternd«, sagte Sartaj. »Einfach erschütternd, daß ein Mann einer Frau so etwas antun kann.«
Kamble tat Sartajs Sarkasmus mit einem ärgerlichen Achselzucken ab. »Are, Boß, okay, ja, ich hab viele Frauen. Vielleicht hab ich ihnen auch weh getan, aber ich geb ihnen alles, und sie tun mir auch weh. Ich rede nicht nur von Geld. Ich geb ihnen das« - er schlug sich auf die Brust - »und alles, worum sie mich bitten. Geld? Ich geb es mit vollen Händen aus, werf es zum Fenster raus. Ich verschenke es und lege meine Pläne auf Eis, weil ich bereit bin, mir weh tun zu lassen. Verstehen Sie?«
Das war lächerlich, aber Kamble meinte es vollkommen ernst. Sartaj faßte über den Tisch und tätschelte ihm den Arm. »Ja, dieser Pilot ist wirklich ein übler Dreckskerl«, sagte er sanft. »Aber keine Sorge, den knöpfen wir uns schon noch vor.«
Sartaj erzählte Kamble, daß er am Morgen mit der Erinnerung an einen predigenden Guru aufgewacht und ihm dann wieder eingefallen sei, daß er einmal an der Organisation einer großen öffentlichen Zeremonie in Andheri West beteiligt gewesen war, einem religiösen Ritual, das sich über Tage hingezogen hatte, geleitet von einem Guru mit tiefer Stimme, der in einem raffinierten ausländischen Rollstuhl gesessen hatte. »Das ist etliche Jahre her«, sagte er, »aber kürzlich hab ich die Leiche eines Apradhis namens Bunty gesehen, den ein paar kleine Ganoven abgeknallt hatten, nachdem seine Company zusammengebrochen war.«
»Bunty, der Gaitonde-Mann?«
»Genau der. Ein paar Tage davor hab ich noch mit ihm telefoniert. Da hat er mir von seinem Superrollstuhl erzählt, mit dem er die Treppen rauf und runter konnte und noch alles mögliche andere. Und den hatte er von Gaitonde.«
»Sie meinen also ...«
»Ich sag Ihnen, Kamble, dieser Guru hatte den gleichen Rollstuhl wie Bunty, daran erinnere ich mich ganz genau. Vielleicht nicht dasselbe Modell, aber dieselbe Technik.«
Kamble schaute skeptisch drein, und im grellen Nachmittagslicht mußte Sartaj zugeben, daß der Zusammenhang ziemlich dürftig wirkte. Um einen munteren Tonfall bemüht, erzählte er Kamble, wie er sich in aller Herrgottsfrühe auf sein Motorrad geschwungen hatte und zu der Telefonkabine am Bahnhof Santa Cruz gerast war, wie er Anjali Mathur angerufen und sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Und wie sie später zurückgerufen und gesagt hatte, daß ihre Organisation gegen den Guru ermittle.
»Die nehmen die Sache jetzt unter die Lupe«, sagte er, »und sie werden alles herausfinden. Die haben ja die Möglichkeiten dazu. Wenn wirklich eine Gefahr für die Stadt besteht, dann werden sie's rauskriegen und was dagegen tun.«
Doch Kamble ließ sich nicht aufmuntern, nicht einmal durch die Vorstellung einer allmächtigen überregionalen Organisation, die die Stadt und ihn selbst vor potentieller atomarer Vernichtung bewahrte. Sartaj hatte ihn zur Feier der Lösung des Erpressungsfalles Kamala Pandey zum Essen ins Restaurant Mughal-e-Azam in Goregaon eingeladen, doch er saß nach wie vor mit finsterer Miene da. Kopfschüttelnd schwenkte er die Hand zum Fenster hin, zur Stadt, zur Welt dahinter. »Das da wollen Sie retten, Boß?« fragte er verdrossen. »Wozu? Warum?«
Sie saßen in dem klimatisierten Raum im ersten Stock, umgeben von einem halbherzig um Mogulpracht bemühten Dekor. In jeder Nische stand eine Bauchflasche aus Messing mit langem, schmalem Hals auf dem Fensterbrett, und an der Wand hingen zwei ausgebleichte Gemälde von Prinzessinnen mit langnasigem Profil. In dem Spülbecken neben den Toiletten aber stapelte sich schmutziges Geschirr, und die Fensterscheiben waren verdreckt. Genauso staubig und schäbig wirkte die Stadt, auf die Kamble so verachtungsvoll zeigte, an diesem wildbewegten Oktobertag. Die keuchende Klimaanlage des Mughal-e-Azam schützte sie zwar vor den Abgaswolken des Verkehrsgewühls, aber nur vorübergehend. Bald würden sie diesen schmutzigen
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