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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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zusammenbringen würde, hatte dort zweifellos eine führende Position inne. Er tat ihm damit einen großen Gefallen -eine weitere in einer langen Reihe von Gefälligkeiten, die er Sartaj erwiesen hatte. »Vierzig, Sir.« Sartaj legte das letzte Bündel in die Tasche. »Was soll das eigentlich alles, Sir? Gaitonde ist tot - wozu wollen die jetzt noch was über ihn wissen?«
    »Ich weiß es nicht, Sartaj. Aber sei vorsichtig. Soweit ich weiß, interessiert sich auch das IB für diese Gaitonde-Sache.«
    »Das Intelligence Bureau, Sir? Wieso denn das?«
    »Wer weiß? Aber es scheint sich bei diesen ganzen Ermittlungen um eine Gemeinschaftsaktion zu handeln. Das IB überläßt die Details dem RAW Ansprechpartner für uns beide ist also der RAW Wenn solche großen Organisationen mit einem Fall zu tun haben, müssen einfache Polizisten auf der Hut sein. Mach deine Arbeit, aber versuch nicht, den Helden zu spielen.«
    Sartaj zog den Reißverschluß der Tasche zu. Also interessierten sich nicht nur internationale Agenten für Gaitondes Ableben. Auch der für die Spionageabwehr zuständige Geheimdienst war neugierig. »Natürlich nicht, Sir. Ich bin alles andere als ein Held. Dafür bin ich nicht groß genug.«
    Parulkar wiegte sich hin und her und lachte glucksend. »Heutzutage werden auch kleine Leute Helden, Sartaj. Die Welt hat sich verändert, mein Freund.«
    Einen Moment lang glaubte Sartaj, Parulkar würde nun ein Gedicht vortragen, doch Parulkar war in Eile, er ließ es bei dem »Freund« bewenden und schickte Sartaj mit seinem Geld auf den Weg. »Grüß Bhabhi-ji von mir«, sagte er noch, winkte ihm zu, und das war alles.

    Auf der Fahrt nach Worli dachte Sartaj an Papa-ji. Die meisten hatten Sartajs Vater als einen hochgewachsenen Mann in Erinnerung, dabei war er nur einsvierundsiebzig groß gewesen. Seine kerzengerade Haltung, die muskulösen Arme, der imposante Schnurrbart und vor allem sein stets perfekter Turban ließen ihn im Rückblick größer erscheinen, als er gewesen war. Sein Sohn maß volle zweieinhalb Zentimeter mehr, aber Sartaj wußte, daß er keine auch nur annähernd so beeindruckende Erscheinung war wie Papa-ji, weder von der Körpergröße noch von seinem Ruf her. Papa-ji war ehrlich gewesen. Er hatte Wert darauf gelegt, stets den frischesten Turban und den feinsten Anzug zu tragen, aber er hatte es geschafft, diesen Stil seinem Gehalt entsprechend zu pflegen; zehn Jahre lang hatte er bei Hochzeiten und offiziellen Anlässen ein und denselben zweireihigen blauen Blazer getragen. Nach seinem Tod hatte Sartaj den Blazer in einer Truhe gefunden, sorgfältig eingemottet und in Seidenpapier gehüllt. Heute, lange nach Papa-jis Tod, sagten die Leute noch immer: »Ach, Sie sind Sardar-saabs Sohn? Er war ein guter Mensch.« Vor einem Jahr hatte ihm ein Diamantenhändler auf dem Crawford Market traurig auf die Schulter geklopft und gesagt: »Beta, Ihr Vater war der ehrlichste Polizist, den ich je kennengelernt habe.« Sartaj hatte genickt und gemurmelt: »Ja, er war ein guter Mensch.« Und er war mit steifen Schultern davongegangen.
    Sartaj bog nach rechts in Richtung Meer ab, machte vor einem Bus ein schnelles Wendemanöver und fuhr dann rückwärts an den Bürgersteig heran. Das Lebensmittelgeschäft rechts von ihm war voll von Kindern in Schuluniform, die sich dort ein Eis kauften. Dem Aussehen nach mußten sie in der dritten oder vierten Klasse sein, aber ihre Schultaschen waren riesig und schwer. Sie waren noch zu jung, um zu wissen, daß Positionen an der medizinischen Fakultät ge- und verkauft wurden, daß Zulassungen zu Managementschulen Leuten zugeschanzt wurden, die das Geld dafür hatten. Sartaj zog Parulkars Tasche hinter dem Fahrersitz vor und ging langsam zwischen den Kindern durch. In ihrem Alter hatte er Parulkar bereits seit über einem Jahr gekannt. Parulkar war damals ein schlanker junger Unterinspektor gewesen, einer von Papa-jis Lieblingsschülern. Papa-ji hatte Parulkar gemocht, hatte ihn für einen intelligenten, fleißigen und engagierten Beamten gehalten. Er hatte ihn oft zum Essen mitgebracht und gesagt: »Der Junge ist unverheiratet, da braucht er ab und zu gute Hausmannskost.« Doch Ma hatte sich nie recht für Parulkar erwärmen können. Sie war höflich zu ihm gewesen, hatte ihm aber von Anfang an mißtraut. »Nur weil er sich endlos deine Geschichten anhört, denkst du, er ist dein ergebener Jünger«, hatte sie zu Papa-ji gesagt. »Aber diese Marathen sind raffiniert, das

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