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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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»sonst machst du noch zehn Jahre so weiter.« Als ältester Sohn befleißigte er sich seiner Mutter gegenüber einer milden Autorität, einer lächelnden Nachsicht.
    »Genau«, stimmte Alok-virji ein. »Sonst läßt unser Größter-Kanjus-der-Welt 311 ein Dienstmädchen gar nicht erst in seine Nähe.«
    »Wartet nur, bis ihr mal selber Geld verdient«, erwiderte Mata-ji und schüttelte Aloks Kinn ab, das auf ihrer Schulter ruhte. »Dann werdet ihr schon sehen, was eure Paraunthas kosten.«
    »Wenn ich mal Geld verdiene«, sagte Alok-virji, »kauf ich dir ein Auto mit zwei Wimpeln vorne dran.«
    »Dann bist du wohl auch gleich ein Laat-saab 359 «, gab Mata-ji zurück. »Er hat einundzwanzig Jahre gebraucht, um dieses Haus zu bauen.«
    Einundzwanzig Jahre und einiges an Ziegeln, dachte Prabhjot Kaur, aber sie merkte, daß es Mata-ji, obwohl sie den Kopf zurückwarf, Freude machte, sich Alok-virji als Laat-saab in einem Auto vorzustellen. Sie hielt den Blick gesenkt, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Am Nachmittag, als Prabhjot Kaur sich auf die Matte gelegt hatte, den Kopf auf ihrem Lieblingskissen, den Arm darunter, hörte sie, während sie in einen tiefen Schlaf fiel, ihre beiden Virjis noch immer von dem geheimnisvollen Dienstmädchen reden. Man müsse schleunigst eines finden, damit es bei ihnen arbeite, das Haus mit seinen zahllosen Räumen und auch den Hof fege, den Scheuerlappen solle es schwingen, bis die gefliesten Böden nur so blitzten, die Wäsche schlagen und sie feucht und flatternd auf die Leinen hinter dem Haus hängen, den Weizen sieben, Lampen anzünden, Schuhe putzen, Bücher aufheben, Milch holen, Gemüse kaufen - tausend Dinge gab es zu tun. Prabhjot Kaur stellte sich vor, daß eine Frau, die all das konnte, sehr stark sein mußte.
    Doch als sie drei Tage später tatsächlich kam, war es eine winzige Person namens Ram Pari, die ein merkwürdiges rotes Salvar-kamiz mit einem ausgefransten Dupatta trug und einen groben, quäkenden Dialekt sprach, den Prabhjot Kaur zwar verstand, aber urkomisch fand. Ram Pari redete Mata-ji mit »Bibi-ji« an und feilschte, im Hof kauernd, mit ihr um den Lohn. Sie einigten sich auf fünf Rupien pro Woche, und als sie sich erhob, trat Prabhjot Kaur neben sie und reckte sich hoch auf, und wirklich - Ram Pari war kaum einen Kopf größer als sie. So dicht bei ihr, bemerkte Prabhjot Kaur einen Geruch. Schnell wich sie einen Schritt zurück. Eigentlich war es kein schlechter Geruch, aber ein starker, wie feuchte Erde oder wie in einem Zuckerbäckerladen, wo man ein wenig benommen wurde von all den milchigen Gerüchen. Prabhjot Kaur wandte sich ab und lief ins Wohnzimmer, wo Navneet-bhenji saß, die Nase wie immer in einem dicken Buch. Prabhjot Kaur setzte sich neben sie, lehnte den Kopf an die beruhigende Baumwollschulter ihrer Schwester und buchstabierte den Titel der Seite: »Wordsworth«. Ein süßer, altvertrauter Duft nach Seife und warmer Haut stieg aus Navneet-bhenjis frisch gewaschener, weicher Salvar auf. Prabhjot Kaur atmete ihn ein und drückte schnaubend ihr Gesicht in den Stoff. »Was machst du denn da, Jhalli 291 ?« fragte Navneet-bhenji und kniff sie in die Nase. Prabhjot Kaur fand sich alles andere als verrückt, aber es war zu schwierig zu erklären, weshalb sie das genau jetzt so dringend brauchte. Sie barg ihr Gesicht in Navneet-bhenjis Armbeuge und hielt ganz still. Ram Pari war wieder gegangen, und Mata-ji kam mit einem Teller Erbsen über den Hof. Sie machte sich daran, die Schoten zu öffnen, und ließ die Erbsen mit dem Daumen in den Teller prasseln, tschack-tschack-tschack, so schnell, daß es wie ein einziges langgezogenes Rasseln klang. Mata-ji war vollauf mit ihren Erbsen beschäftigt, und Navneet-bhenji hielt ihr Buch auf die angewinkelten Knie gestützt. Die beiden hatten ein ruhiges, freundschaftliches Verhältnis zueinander, doch Prabhjot Kaur erinnerte sich, wie sie ein Jahr zuvor heftig gestritten hatten, als Navneet-bhenji nach ihrem Schulabschluß aufs College wollte, um den Bachelor zu machen. Sie solle an ihre Geschwister denken, hatte Mata-ji gesagt, die sie durch ihre Selbstsucht daran hindere, zu heiraten und glücklich zu werden, und als Navneet-bhenji sie berechtigterweise darauf hingewiesen hatte, daß ihre Geschwister noch Jahre von einer Heirat entfernt seien, hatte Mata-ji sie angeschrien - sie mache der Familie Schande, oder etwas ähnlich Sonderbares - und zwei Tage lang nichts mehr gegessen. Schließlich hatte

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