Der Pate von Florenz
noch besser als gar kein Alkohol. So setzte er die Kruke an die Lippen und ließ den scharfen Branntwein durch seine Kehle fließen.
»Verdammt, mit dem Zeug kann man ja Löcher in das dickste Leder brennen!«, keuchte er. Er schüttelte sich und gab das Tongefäß zurück.
Saccente lachte meckernd wie eine Ziege. »Mag sein, aber wartet auf das Feuer, das darin steckt!«
Das Feuer ließ nicht lange auf sich warten. Silvio hatte plötzlich das Gefühl, als lodere flüssige Kohlenglut in seinem Magen. Deren feurige Hitze stieg ihm bis hoch in die Kehle und trieb ihm Tränen in die Augen.
»Allmächtiger, wo hast du denn diesen höllischen Branntwein her?«, stieß er atemlos hervor.
»Man muss für alles seine Quellen haben«, erwiderte Saccente mit einem verschlagenen Grinsen.
»Was du nicht sagst«, brummte Silvio.
Saccente gönnte sich selbst einen Schluck, rülpste laut und fragte dann: »Wie sieht es nachher mit einer Runde Würfeln aus? Habt Ihr Lust, wieder mal Euer Glück zu versuchen?«
»Hör auf damit, Saccente! Mein Beutel ist leer«, knurrte Silvio mürrisch. »Was das angeht, scheinst du mit dem Teufel im Bunde zu sein. Such dir ein anderes Opfer.«
»Das habe ich mir fast gedacht. Ihr habt in letzter Zeit wirklich eine verdammt unglückliche Hand. Die ganze Welt scheint sich gegen Euch verschworen zu haben, ganz zu schweigen von Eurem geizigen und hartherzigen Ziehvater, der Euch hier draußen versauern lässt«, sagte er mit einem für ihn ungewöhnlichen Mitgefühl. »Wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich mir so eine gemeine Zurücksetzung nicht gefallen lassen.«
Silvio verzog das Gesicht und warf ihm einen grimmigen Seitenblick zu. »Was redest du denn da? Der Alte lässt mir ja keine andere Wahl. Der ist stur und lässt sich nicht umstimmen, wenn er mal eine Entscheidung gefällt hat.«
Saccente nickte verständnisvoll. »Das will ich Euch gern glauben. Aber was hindert Euch daran, Eurer schwindsüchtigen Geldbörse zu mehr Gewicht zu verhelfen, indem Ihr Euch schon jetzt ein wenig von dem nehmt, was Euch sowieso irgendwann mal zusteht?«
Silvio horchte auf. »Wie meinst du das?«
Der Vorarbeiter grinste ihn an und zeigte ihm dabei seine fauligen Zähne. Sein Gebiss wies so viele Lücken auf wie einst der Zaun um die Ziegelei. »Nun, die Sache ist die: Wir fangen doch bald mit dem Formen der Ziegel an, damit sie durchtrocknen können und in großer Zahl bereitliegen, wenn es ans Brennen geht. Und Euer Ziehvater wird in den nächsten Tagen noch ein paar Arbeiter einstellen, damit es mit der Errichtung des Fondaco schnell vorangeht …«
»Komm zur Sache, Saccente!«, unterbrach Silvio ihn ungeduldig.
»Ich bin schon dabei, junger Herr!«, versicherte Saccente. »Jedenfalls wird es hier bald sehr geschäftig zugehen, nachdem die Brennöfen wieder gut in Schuss sind. Aber wenn wir die Formen festgelegt haben, wird es schwierig werden.«
»Ich verstehe nicht, wovon du redest«, grollte Silvio. »Schwierig wofür, verdammt noch mal?«
»Schwierig, um einen hübschen kleinen Profit an den Büchern vorbei in die eigene Tasche zu wirtschaften«, sagte Saccente und grinste breit. »Wenn Euch daran gelegen ist, müssen wir das recht bald angehen.«
Silvio zögerte kurz. »Red weiter!«
»Ihr wisst, dass wir Ziegelmuster anfertigen müssen. Diese modani sind in Eisen gefasst und werden, versehen mit dem amtlichen Siegel, am Eingang jeder Ziegelei ausgestellt, damit sich der Kunde anhand dieser beglaubigten Ziegelmuster vergewissern kann, dass er gute Ware bekommt, die den vorgeschriebenen Maßen entspricht.«
Silvio nickte nur.
»Das Siegel bringt der ricercatore von der Gilde an«, fuhr Saccente fort. »Und da jeder dieser Prüfer einen ordentlichen Batzen der Strafgelder einstreicht, die er bei der kleinsten Missachtung der Gildevorschriften über den Vormann einer Ziegelei und seine Männer verhängt, geht es bei den Prüfungen immer sehr streng zu.«
»Das ist mir nicht neu. Aber wo, zum Teufel noch mal, steckt das Geschäft, das in keinem Rechnungsbuch auftauchen und das auch dem Ricercatore verborgen bleiben soll?«, fragte Silvio ungeduldig.
»Natürlich im Stillschweigen genau dieses Mannes!«, eröffnete ihm Saccente. »Ziegeleien innerhalb der Stadtmauern werden alle acht Tage überprüft und die außerhalb der Stadtmauern alle fünfzehn Tage. Aber wenn man die Burschen so gut kennt wie ich und wenn man sie mit einem gehörigen Schmiergeld an dem Geschäft beteiligt, dann
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