Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
erhält man das amtliche Siegel auch, wenn die Formen nicht ganz den vorgegebenen Maßen entsprechen … Die Ziegel sind vielleicht ein bisschen kleiner, ein bisschen dünner und ein bisschen schmaler, wenn sie aus den Ofen kommen.«
    »Und das fällt nicht auf?«, fragte Silvio skeptisch. »Die Baumeister könnten doch nachmessen …«
    Saccente grinste verschlagen. »Die haben Besseres zu tun, als jeden Backstein und jeden Dachziegel nachzumessen. Und jeder Brennofen hat nun mal seine Eigenheiten … Zudem ist die Abweichung so gering, dass bei jedem Ziegel nur ein Fünftel eines Picciolo oder sogar noch weniger an Gewinn für uns abfällt. Das ist nicht viel, aber bei der Masse an Ziegeln, die über einen Sommer hinweg gebrannt wird und die bei dieser Anlage gut und gern die Zahl von dreihunderttausend Stück erreichen kann, rechnet sich das doch noch ganz prächtig, selbst wenn der Gewinn auf mehrere Leute aufgeteilt werden muss.«
    »Und für den Mann, der für diese Ziegelei als Prüfer zuständig ist, kannst du deine Hand ins Feuer legen?«, vergewisserte sich Silvio, dem die Idee immer besser gefiel.
    Saccente lachte. »Und ob! Auf den Ricercatore Nicodemo Morandini ist Verlass. Wäre auch nicht das erste Mal, dass ich mich auf solch einen Handel mit ihm einlasse.«
    »Gut, dann bring mich schnellstens mit ihm zusammen, aber an einem Ort, wo man uns nicht zusammen sehen und sich nicht zusammenreimen kann, was es zwischen uns zu besprechen gibt!«, forderte Silvio ihn auf. Der Teufel sollte ihn holen, wenn er sich dieses Geschäft entgehen ließ! Sein Ziehvater konnte den kleinen Verlust leicht verschmerzen. Außerdem hatte der sich das selbst zuzuschreiben, zwang er ihn mit seiner unerbittlichen Härte doch dazu, dass er, Silvio, sich auf diese Art die Geldbörse so füllte, wie es ihm von Geburt an zustand!
    Saccente bedachte ihn mit einem schmierigen Lächeln. »Lasst das mal meine Sorge sein, junger Herr. Ich kenne mich aus!« Und wie um ihre Abmachung zu besiegeln, hielt er Silvio wieder die Kruke hin. »Ich finde, darauf sollten wir kräftig einen nehmen!«
    »Gib her!« Silvio trank gierig. Und ob das krumme Geschäft begossen werden musste, wenn auch nur mit diesem fürchterlich scharfen Fusel! Aber mit der Schwindsucht in seinem Geldbeutel und dem kargen Leben würde es bald vorbei sein! Jetzt brachen endlich wieder rosigere Zeiten an!

20
    A ufmerksam beobachtete Marcello, wie Fiora das kleine Medaillon mit dem hübschen Marienbildnis in seinem Oval mit hingebungsvollem Eifer polierte. Ihre Schwester Costanza hatte es bei ihrem Vater bestellt. Es sollte ein Geschenk für den kleinen Sohn der Sabatelli sein, der mittlerweile von der Amme entwöhnt worden war und bald vom Land ins Elternhaus zurückkommen sollte.
    Fiora hielt plötzlich inne und drehte sich zu ihm um. »Willst du es auch einmal probieren?«, fragte sie und hielt ihm den Eberzahn hin, mit dem sie den goldenen Glanz herausgearbeitet hatte. »Es muss noch ein wenig mehr glänzen.«
    »Und du meinst, ich kann den Rest so gut herauslocken wie du?«, fragte er unsicher, obwohl es ihn reizte, es zu versuchen. »Was ist, wenn ich dir diese schöne Arbeit für deine Schwester verderbe?«
    Fiora lachte. »Unsinn! Du wirst schon nichts verderben. Du darfst den Eberzahn nur nicht mit zu viel Kraft über die Oberfläche reiben. Und immer schön gleichmäßig. Ich sehe sofort, wenn du zu fest zudrückst.«
    »Also gut, Meisterin, dann will ich es versuchen.«
    Marcello freute sich, dass er an diesem Tag endlich wieder einmal Zeit gefunden hatte, Fiora einen längeren Besuch in ihrer Werkstatt abzustatten und ihr bei der Arbeit zuzusehen oder gar zu helfen.
    Der Vater hatte ihn zum Baumeister Lucio Tornatore geschickt, um die endgültigen Pläne mit den erwünschten kleinen Korrekturen für den Fondaco auf der Ziegelei abzuholen und sie ihm in den Palazzo zu bringen. Da hatte er die günstige Gelegenheit genutzt, den Rückweg zur Ziegelei kurzerhand für eine knappe Stunde bei Fiora zu unterbrechen.
    »Wie geht es eigentlich Silvio?«, fragte Fiora zwischendurch.
    »Viel besser. Seit einiger Zeit ist er nicht mehr schlecht gelaunt. Vielleicht hat er sich endlich damit abgefunden, dass die Ziegelei der Ort ist, wo er sich noch für lange Zeit bewähren muss«, antwortete Marcello, ohne das Polieren zu unterbrechen. Auch mit Saccente hatte Silvio inzwischen nicht nur seinen Frieden gemacht, es herrschte fast so etwas wie Freundschaft zwischen ihnen.

Weitere Kostenlose Bücher