Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.
Behandlung entzogen werden und die Patienten, wie leider vielfach schon passiert, daraufhin sterben. Heilende Wanderprediger stellen wohl eine Gefahr dar, weil ihnen wie Gauklern manches Kunststück gelingt, aber auch einiges schiefgehen kann. Trotzdem sind solche „charismatischen, heilenden Bewegungen“ nützlich. Die Ärzte werden aufgerüttelt, ihre Bemühungen um den Patienten als leidendes Individuum zu verstärken.
Die Wunderheiler unter den Medizinern sind durchwegs Scharlatane. Wenn ein Arzt durch „Biomagnetismus“, „heilende Hände“, „Magnetströme“, „Pflanzen oder Erde“, „Ozontherapie“ oder was auch immer vorgibt, Kranke zu heilen, so ist das Schwindel. Elektrische Stromstöße dadurch zu erzeugen, daß sich in den Schuhen des Therapeuten verdrahtete Batterien befinden, ist eine Frage der Elektrotechnik, aber nicht der Heilkunde. Ich habe nichts gegen die zur Zeit sehr populäre Alternative Medizin, denn mein Grundsatz lautet:
„ Wer heilt, hat recht!“
Aber er muß tatsächlich heilen. Der Weg zur Heilung ist mir gleichgültig. Ich wehre mich aber dagegen, Heilereignisse, die es schon immer gegeben hat, als „Wunder“ anzuerkennen.
Nach langem Warten wurde ich Zeuge eines solchen Falles. Ein Arzt teilte mir mit, daß eine Krebspatientin nach sechs Jahren geheilt worden war: „Es wurde viel für sie gebetet, sie selbst dankt Jesus Christus für die Heilung.“
Das entscheidende an dieser Sache war: Die Diagnose „Krebs“ hatte ich selbst gestellt! Sofort wurden die entsprechenden Gewebepräparate nochmals untersucht und auch mehreren Spezialisten gezeigt. Es stellte sich heraus, daß meine ursprüngliche Diagnose „bösartig“ falsch gewesen war, denn auch Pathologen können irren. So entstehen Wunderheilungen!
Die psychische Beeinflussung des körperlichen Zustandes der Menschen steht außer Zweifel. Das beginnt bei „guten Tagen“ und reicht bis zu Krankheitsausbrüchen oder -schüben in Zeiten seelischer Tiefschläge. Zur Heilkraft eines Gebetes ist keineswegs das Eingreifen eines Gottes notwendig, vielmehr ist es die persönliche Selbstbesinnung, der Dialog mit sich selbst - wenn schon kein Arzt Zeit findet, mit dem Kranken zu sprechen -, die Sammlung der individuellen Kräfte, das Bitten um Geborgenheit und Schutz. All das ist in der modernen Apparatemedizin abhanden gekommen. Es gibt keine besondere Heilkraft einer bestimmten Religion! Das Phänomen ist allgemeiner zu sehen. Die Vorliebe für das Wunderbare ist eine bleibende Verlockung für den menschlichen Geist. Zwischen Glaube und Aberglaube gibt es nur graduelle, oft fließende Übergänge. Ist es nicht merkwürdig, daß der Aberglaube, d. h. das Überbleibsel von Magie und Okkultismus, sich in so „katholischen“ Ländern wie Italien und Spanien ganz besonders behauptet?
„Heil“ (ursprünglich Glück) ist eine Existenzweise, die den Menschen durch die Religion vermittelt wird. „Heilen“ ist ein irdisches Gewerbe.
Die zunehmende Zahl der Wunderheiler ist eigentlich ein Zeichen für eine schlechter werdende medizinische Versorgung. Die Ärzte müssen versuchen, es besser zu machen. Das ist schwer, denn worauf es ankommt, ist: anhören, mitfühlen, miteinander reden, persönlich etwas tun, nachfragen, stets bereit sein . . . und all die anderen zeitraubenden und unangenehmen, aber schließlich ärztlichen Aufgaben.
WEINENDE MADONNEN UND ANDERE BEGEBENHEITEN
Das Flüssigwerden geronnenen Blutes (heiliger Januarius in Neapel), die Blutstränen aus Madonnenstatuen (Civitavecchia) und viele andere „ Wunder“ haben ganz prosaische Hintergründe. Die blutigen Tränen einer dieser Madonnen erwiesen sich bei genetischer Untersuchung als eindeutig männlich, die Sache hat also einen Haken. Augenverfärbungen sind durch das Auftreten von farbstoffbildenden Bakterien zu erklären, und die Verflüssigung geronnenen Blutes ist ein simples chemisches Phänomen. Die Madonnenstatue aus dem nordlibanesischen Amium „weinte“ sogar Olivenöl, jene von Brunssum in Holland dagegen Harz. Das letztgenannte Beispiel ist so einprägsam, weil so simpel. Es handelt sich um eine Statue aus Polyester, die Augen sind mit Kunstharz festgeklebt. Letzteres schmilzt, wenn es starken Sonnenstrahlen ausgesetzt ist. Die Madonna weint daher nicht aus Gram über das Elend und den Unglauben der Welt, sondern weil ihr heiß wird.
MOZART UND DER KURPFUSCHER
Vom sechsten Lebensjahr an wurde Johannes Chrysostomus Wolfgang Gottlieb von
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