Der Pathologe
eines Generaldirektors hatte. Auch an seiner Hand befand sich ein Ehering, und er war in aller Offenheit zärtlich zu ihr.
Der Ehemann, den sie betrog.
Kein Arzt, eine Art Finanzmanager, darauf würde Jeremy wetten. Ein Mann, der sich die Zeit nahm, gemeinsam mit seiner viel beschäftigten Frau zu essen. Wenn er nur wüsste, wie beschäftigt sie in Wirklichkeit war.
Er begegnete einem Internisten, mit dem er zusammengearbeitet hatte, ein Mann namens Jerry Sallie, und fragte ihn, ob er Gwynn Hauser kenne.
»Gwynn? Na klar. Hat sie dich angemacht?«
»Ist sie der Typ dafür?«
»Im Schäkern ist sie groß, aber ich bezweifle, dass sie hält, was sie verspricht«, sagte er. »Meiner Kenntnis nach jedenfalls nicht. Sie ist mit einem Bankdirektor verheiratet und hat mit ihm eine großartige Vereinbarung getroffen – sie kann machen, was sie will. Sie ist eine ziemlich gute Ärztin. Und sie hat tolle Beine, was?«
Am Freitagabend verließ Gwynn Hauser das Krankenhaus um halb acht. Jeremy saß tief hinter dem Lenkrad seines Nova, der neben einem Pfeiler auf dem Ärzteparkplatz stand, und wartete, während sie in ihrem hellblauen Lexus davonfuhr. Dirgroves Buick stand noch an seinem Platz.
Zwanzig Minuten später erschien der Chirurg, beinahe rennend, sprang in den Wagen, ließ den Motor aufheulen und raste mit quietschenden Reifen los.
Derselbe Häuserblock in dem namenlosen Industrieviertel.
Dr. Gwynn Hauser trat genauso wie beim ersten Mal aus dem Schatten. Diesmal trug sie einen riesigen weißen Pelzmantel. Die Wolkenfrau auf hohen Pumps – eine Art Himmelserscheinung.
Als Dirgrove an den Bordstein fuhr, öffnete sie den Mantel und gab zu erkennen, dass sie darunter bis auf Strümpfe und Hüftgürtel nackt war.
Wie konnte sie das bei dieser Kälte aushalten?
Das konnte sie nicht. Sie schauderte, zog den Pelz zu und sprang auf und ab, wobei sie auf den Wagen zeigte.
Lass mich rein, ich friere mir den Arsch ab.
Dirgrove ließ sie rein.
Zweiundzwanzig Minuten später trennten sich ihre Wege.
Diesmal folgte Jeremy dem Buick. Der Chirurg fuhr geradewegs zu seiner Luxuswohnung auf dem Hale Boulevard. Er blieb die ganze Nacht zu Hause.
Der Familienvater.
Wann würde er den entscheidenden Zug machen?
44
Doug Vilardi sah schlecht aus. Sein Gesicht und seine Arme waren zum Teil verschorft – eine unerwartete allergische Reaktion auf die Chemotherapie. Die Zahl seiner weißen Blutkörperchen war immer noch viel zu hoch, seine Milz war angeschwollen, und seine Leberfunktionen hatten sich verschlechtert. Er war nicht in der Verfassung zu reden, blieb aber wach und schien auf Jeremys Anwesenheit gut anzusprechen. Jeremy saß bei ihm, redete ein bisschen, fand etwas im Fernsehen, das den jungen Mann zum Lächeln brachte – die Wiederholung eines College-Footballspiels von vor einer Woche.
Abermals betrachtete Jeremy es als sein Zeichen zum Aufbruch, als Doug einschlief, und abermals begegnete er auf dem Weg nach draußen seiner Familie.
Mrs. Vilardi und Marika. Doug sen. musste arbeiten. Sie setzten sich in einen leeren Wartebereich. Die Leute, die vorher dort gesessen hatten, hatten einen Stapel Zeitschriften zum Thema Inneneinrichtung liegen lassen, und Jeremy räumte sie beiseite.
Diesmal redete Marika. Über alles außer Dougs Krankheit. Was er gerne aß, die Gerichte, die ihre Schwiegermutter ihr beigebracht hatte. Dass sie daran dachte, einen jungen Hund zu kaufen, und ob Jeremy das für eine gute oder schlechte Idee hielt, jetzt, wo das Baby unterwegs war.
Die beiden Frauen schienen sich gut zu verstehen, lehnten sich buchstäblich zur Unterstützung aneinander.
Als Jeremy Marika nach ihrer Familie fragte, antwortete Mrs. Vilardi für sie. »Sie sind beide tot. Ihre arme Mama war noch sehr jung. Rosanna war eine meiner besten Freundinnen, eine wirklich wunderbare Frau. Als sie krank wurde, hab ich Mari immer zu uns geholt, damit sie in Ruhe spielen konnte, weil Joe – ihr Dad – arbeiten musste und sie nur noch diese Tante hatte, und die war … Sie wissen schon.« Sie lächelte verlegen.
»Meine Tante war verrückt«, sagte Marika.
»So hat Doug Mari kennen gelernt, weil ich sie immer zu uns geholt habe. Dann ist Joe gestorben, und sie kam in ein Klosterinternat, aber sie hat uns die ganze Zeit besucht. Damals war Doug nicht an Mädchen interessiert, nicht wahr, Süße?« Sie stupste Marika an.
»Ich war ein mageres kleines Ding mit komischen Zähnen, und Doug stand auf Sport.«
»Oh, du
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