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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Ladestreifen in eine Tasche.
    Die Adresse, zu der er wollte, brachte ihn, so nahm er an, seinem Widersacher einen entscheidenden Schritt näher. Hoffte er zumindest.
    Die Gegend, durch die er fuhr, erschien ihm seltsam widersprüchlich: einerseits flache, grüne Natur, andererseits ein Gewirr aus wohl ehemals ruhigen, kaum befahrenen Landstraßen, die inzwischen aber die Lasten der aufstrebenden Gegend zu tragen hatten. Er fuhr an zahlreichen Wohnkomplexen vorbei, die von Drei-bis-Vier-Zimmer-Bungalows für die Mittelschicht bis zu weitaus luxuriöseren Herrenhäusern mit Portikus reichten, nebst Swimmingpool und Dreifachgarage für den unverzichtbaren BMW, Range Rover und Mercedes. Geschäftsführerhäuser, dachte er. Seelenlose Gebilde für Männer und Frauen, die so schnell wie möglich Geld verdienten und wieder unter die Leute brachten und dies für eine sinnvolle Beschäftigung hielten. Die Mischung aus Alt und Neu war irritierend, als ob dieser Teil des Bundesstaates sich nicht ganz entscheiden konnte, was er war und was er sein wollte. Er schätzte, dass die alten Farmbesitzer und die modernen Geschäfts- und Börsenmaklertypen sich nicht sonderlich gut verstanden.
    Die Sonne flutete durch seine Windschutzscheibe, und er kurbelte das Seitenfenster herunter. Es war, fand er, ein strahlend warmer, verheißungsvoller Frühlingstag. Er spürte das Gewicht der Pistole in seiner Jackentasche und beschloss, sich lieber mit ernsteren, winterlichen Dingen zu befassen.
    An einer Nebenstraße fand er mitten auf einem unverbauten landwirtschaftlichen Gelände einen Briefkasten mit der Anschrift, die er suchte. Er wusste nicht recht, was ihn erwartete, und blieb unschlüssig stehen. An der Grundstücksgrenze warein Schild angebracht: ZWINGER »SICHERHEIT GEHT VOR«: PENSION, PFLEGE, ABRICHTUNG, ZÜCHTER »NATÜRLICHER SICHERHEITSSYSTEME«. Daneben prangte das Bild eines Rottweilers. Ricky schmunzelte. Er fuhr unter dem Baldachin der Bäume entlang, die links und rechts den Teerweg säumten.
    Am Ende der Allee bog er in die halbkreisförmige Auffahrt zu einem Bungalow im Stil der Fünfzigerjahre mit Klinkerfassade ein. Das Haus verfügte über mehrere Anbauten aus späterer Zeit, darunter eine weiße Schindelkonstruktion, die das Wohngebäude mit einem Labyrinth von Maschendrahtzwingern verband. Kaum hatte er angehalten und war ausgestiegen, begrüßte ihn ein wildes Bellkonzert sowie der üble Geruch von Hundekot unter der späten Vormittagssonne. Mit jedem Schritt wurde das Kläffen lauter. Am Anbau entdeckte er ein Schild mit der Aufschrift BÜRO. An der Wand prangte ein zweites Schild ähnlich dem an der Auffahrt. In dem nächstgelegenen Zwinger stellte sich ein schwarzer Rottweiler mit kräftigem Brustkorb und schätzungsweise einem Gewicht von hundert Pfund auf die Hinterbeine und fletschte die Zähne. Von all den Hunden, und Ricky sah Dutzende Exemplare, die sich in ihren Einfriedungen drehten und wanden und ihren Bewegungsspielraum maßen, war dieser der einzige, der nicht bellte. Das Tier beäugte ihn, als ob es ihn von oben bis unten taxierte, was es, wie Ricky dachte, vermutlich auch tat.
    Er trat ins Büro, wo er einen Mann in mittleren Jahren an einem alten Stahlschreibtisch sitzen sah. Die abgestandene Luft roch nach Urin. Der Mann war mager, kahlköpfig und hoch aufgeschossen, mit kräftigen Unterarmen, die, wie Ricky annahm, auf den Umgang mit großen Tieren zurückzuführen waren.
    »Sekunde bitte«, sagte der Mann. Er gab gerade Zahlen in einen Taschenrechner ein.
    »Lassen Sie sich ruhig Zeit«, erwiderte Ricky. Er sah bei ein paar weiteren Eingaben zu, dann verzog der Mann angesichts der Summe das Gesicht. Er stand auf und kam auf Ricky zu.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er. »Jesses, sieht aus, als hätte Sie jemand ganz schön zugerichtet.«
    Ricky nickte. »Ich würde ja gerne sagen, ›Sie müssten erst mal den anderen Kerl sehen‹.«
    Der Hundezüchter lachte. »Und das sollte ich dann wohl glauben. Also, was kann ich für Sie tun? Eins kann ich Ihnen allerdings schon gleich sagen: Hätten Sie Brutus dabeigehabt, wäre Ihnen das nicht passiert. Mit Sicherheit nicht.«
    »Brutus ist der Hund in dem Zwinger beim Eingang?«
    »Volltreffer. Er begegnet Konflikten mit Loyalität. Und er ist der Vater von ein paar Welpen, die in ein paar Wochen so weit sind, dass wir mit der Abrichtung beginnen können.«
    »Danke, kein Bedarf.«
    Der Züchter sah ihn erstaunt an.
    Ricky zog den gefälschten

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