Der Patient
Privatdetektivausweis heraus, den er bei der Scherzartikelfirma im Internet geordert hatte. Der Mann starrte eine Weile darauf und sagte: »Also, Mr. Lazarus, dann nehm ich mal an, Sie kommen nicht wegen eines Welpen?«
»Nein.«
»Na schön, womit kann ich dann dienen?«
»Vor Jahren hat hier ein Ehepaar gewohnt. Howard und Martha Jackson.«
Kaum hatte er die Namen ausgesprochen, erstarrte der Mann. Alles Entgegenkommen wich schlagartig einem misstrauischen Ausdruck, und er machte unwillkürlich einen Schrittzurück, als hätte ihm der Klang der Namen einen Fausthieb in die Brust versetzt. Sein Ton war flach und verhalten.
»Wieso interessieren Sie sich für die?«
»Verwandte von Ihnen?«
»Ich hab das Haus und Grundstück aus ihrer Erbmasse gekauft. Ist lange her.«
»Erbmasse?«
»Sie sind tot.«
»Tot?«
»Ja, tot. Was interessiert Sie an denen?«
»Ich interessiere mich für die drei Kinder …«
Wieder zögerte der Mann, als dächte er über Rickys Auskunft nach.
»Die hatten keine Kinder. Sind kinderlos gestorben. Gab nur ’n Bruder, wohnte ziemlich weit weg. Von dem hab ich das Haus gekauft. Hab ’ne Menge dran getan. Den Laden hier auf Vordermann gebracht. Aber keine Kinder. Niemals.«
»Nein, Sie müssen sich irren«, sagte Ricky. »Die hatten Kinder. Sie haben drei Waisen aus New York adoptiert, durch die Episkopal-Diözese …«
»Hören Sie, Mister, ich weiß nicht, woher Sie das haben, aber Sie liegen schief. Völlig daneben«, sagte der Züchter, und sein Ton wechselte plötzlich zu kaum verhohlenem Ärger. »Die Jacksons hatten keine nahen Angehörigen außer diesem Bruder, der mir das Haus verkauft hat. Es gab nur dieses alte Paar, und die sind zusammen gestorben. Ich hab keine Ahnung, wovon Sie reden, und ich hab fast das Gefühl, Sie auch nicht.«
»Zusammen? Wie das?«
»Das ging mich nix an. Und ich weiß auch nicht, was Sie das angehen soll.«
»Aber Sie kennen die Antwort, stimmt’s?«
»Jeder hier in der Gegend kannte die Antwort. Sie können in die Zeitung gucken. Oder auch auf den Friedhof gehen. Die liegen direkt ’n Stück die Straße rauf.«
»Aber Sie wollen mir nicht helfen?«
»Das sehen Sie richtig. Was für ’ne Sorte Privatdetektiv sind Sie eigentlich?«
»Hab ich Ihnen doch gesagt«, beeilte sich Ricky. »Einer, der sich für die drei Kinder interessiert, die die Jacksons im Mai 1980 adoptiert haben.«
»Und ich hab Ihnen gesagt, es gab keine Kinder, weder adoptierte noch sonst welche. Also, weshalb sind Sie wirklich hier?«
»Ich hab einen Klienten. Der hat ein paar Fragen. Das Übrige ist vertraulich«, sagte Ricky.
Die Augen des Mannes waren zu schmalen Schlitzen verengt, und seine Schultern strafften sich, als sei sein erster Schock abgeklungen und einer knisternden Angriffslust gewichen. »Einen Klienten, tatsächlich? Jemand, der Sie dafür bezahlt, dass Sie herkommen und mir Fragen stellen? Nun ja, hätten Sie wohl mal eine Karte für mich? Eine Nummer, unter der ich Sie erreichen kann, falls mir was einfallen sollte …?«
»Ich bin von auswärts«, log Ricky.
Der Züchter fixierte Ricky ungerührt weiter. »Telefonleitungen machen nicht an den Staatsgrenzen Halt, Mann, wie kann ich Sie erreichen? Wo erwisch ich Sie, falls ich möchte?«
Jetzt war es an Ricky, zurückzutreten. »Was sollte Ihnen denn wohl später einfallen und nicht jetzt?«, fragte er in forderndem Ton.
Jetzt wirkte der Mann kalt wie eine Hundeschnauze. Er taxierte Ricky und betrachtete ihn abschätzig von oben bis unten, als versuchte er, sich jede Einzelheit seines Gesichts und Körperbaus einzuprägen.
»Lassen Sie doch noch mal diesen Ausweis sehen«, sagte er.
»Haben Sie eine Marke?«
Alles an dem plötzlichen Stimmungsumschwung des Mannes war äußerst alarmierend. In dieser Sekunde erkannte Ricky, dass er mit einem Mal in einer ausgesprochen brenzligen Lage war, als wäre er im Dunkeln gelaufen und hätte von einer Sekunde auf die andere gemerkt, dass er vor einem Abhang stand.
Ricky machte einen Schritt zurück zur Tür. »Wissen Sie was? Ich geb Ihnen ein paar Stunden, um die Sache noch mal zu überdenken, dann ruf ich Sie an. Wenn Sie reden wollen, wenn Ihnen was einfällt, können wir uns danach ja noch mal treffen.«
Ricky manövrierte sich schnell aus dem Büro und machte ein paar zügige Schritte zu seinem Wagen.
Der Züchter war nur wenige Schritte hinter ihm, wandte sich jedoch plötzlich zur Seite und hatte binnen einer Sekunde den Zwinger von
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