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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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seinerseits liebt. Allerdings nur die zwei und sonst keinen. Und vielleicht mich ein bisschen, weil ich ihn gerettet und ihm geholfen habe. Vielleicht habe also auch ich mir die Liebe eines Loyalisten erworben. Was Sie nicht aus dem Blick verlieren sollten, Ricky, wo Sie so geringe Chancen haben, die Bekanntschaft mit Rumpelstilzchen zu überleben.«
    »Wer ist er?«, wollte Ricky wissen. Jedes Wort aus dem Mund des alten Psychoanalytikers schien die Welt um ihn zu verdüstern.
    »Sie wollen seinen Namen? Adresse? Wo er arbeitet?«
    »Ja.« Ricky richtete die Waffe auf den alten Mann.
    Dr. Lewis schüttelte den Kopf. »Genau wie im Märchen, ja? Der Spitzel der Prinzessin belauscht den Troll, wie er ums Feuer tanzt und seinen Namen herausposaunt. Sie tut nicht mal etwas besonders Kluges oder Raffiniertes. Sie hat einfach nur Glück, und so hat sie, als er zu seiner dritten Frage kommt, die Antwort parat, aus reinem Dusel sozusagen, sie behält ihr erstgeborenes Kind, und wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute. Sie meinen, bei Ihnen wird es dasselbe sein? Sie haben einmal Glück gehabt, sonst stünden Sie ja nicht hier und fuchtelten einem alten Mann mit einer Waffe vor dem Gesicht herum, und Sie meinen, das gibt Ihnen das Recht, das Spiel zu gewinnen?«
    »Nennen Sie mir seinen Namen«, sagte Ricky so kalt und böse, wie er konnte. »Ich will die Namen von allen Dreien.«
    »Und wieso glauben Sie, dass Sie sie nicht kennen?«
    »Ich habe die Spielchen so satt«, sagte Ricky.
    Der alte Analytiker schüttelte den Kopf. »Das macht das Leben aus – ein Spiel nach dem anderen. Und der Tod ist das größte Spiel von allen.«
    Die beiden Männer starrten sich über den Raum hinweg an. »Ich frage mich«, sagte Dr. Lewis vorsichtig, indem er für einen Moment aufsah und eine Wanduhr betrachtete, bevor er den Satz zu Ende führte und jedes Wort einzeln betonte, »wieviel Zeit Ihnen noch bleibt.«
    »Genug«, erwiderte Ricky.
    »Tatsächlich?«, fragte der alte Mann zurück. »Zeit ist ein dehnbarer Begriff, nicht wahr? Wenige Augenblicke können ewig dauern, andere vergehen im Flug. Der Zeitbegriff hängt in Wahrheit davon ab, wie wir die Dinge wahrnehmen und begreifen. Gehört das nicht zu den Dingen, die wir in der Analyse lernen?«
    »Ja«, sagte Ricky, »wohl wahr.«
    »Und heute Abend haben wir es mit einer Reihe von Fragen zu tun, die die Zeit betreffen, oder? Ich meine, Ricky, da sitzen wir nun hier, allein in diesem Haus. Aber für wie lange noch? Da ich schließlich wusste, das Sie auf dem Weg zu mir waren, meinen Sie nicht, dass ich da gewisse Vorkehrungen getroffen habe? Was meinen Sie, wie lange die brauchen, bis sie hier sind?«
    »Lange genug.«
    »Also, da wäre ich mir an Ihrer Stelle nicht so sicher.« Der alte Psychoanalytiker lächelte erneut. »Aber vielleicht sollten wir die Sache noch ein bisschen verkomplizieren?«
    »Wie das?«
    »Wenn ich Ihnen nun sagen würde, dass sich das, was Sie wissen wollen, hier in diesem Raum befindet, könnten Sie es dann rechtzeitig finden? Bevor meine Helfer eintreffen?«
    »Wie gesagt, ich habe die Spielchen satt.«
    »Es liegt offen vor Ihnen. Und Sie sind der Sache schon näher gekommen, als selbst ich mir hätte träumen lassen. So. Genug Tipps.«
    »Ich spiele nicht mit.«
    »Also, ich denke, da irren Sie. Ich denke, Sie werden noch ein bisschen weiterspielen müssen, Ricky, da dieses Spiel noch nicht vorbei ist.« Dr. Lewis hielt plötzlich beide Hände hoch und sagte: »Ricky, ich muss etwas aus der obersten Schreibtischschublade holen. Es wird ganz sicher etwas am weiteren Spielverlauf ändern. Etwas, das Sie ganz bestimmt sehen wollen. Darf ich?«
    Ricky zielte mit dem Lauf auf Dr. Lewis’ Stirn und nickte. »Nur zu.«
    Der Doktor lächelte erneut – ein böses, kaltes Lächeln, dem jeder Humor fehlte. Ein Scharfrichtergrinsen. Er zog einen Umschlag heraus und legte ihn vor sich auf den Tisch.
    »Was ist das?«
    »Vielleicht die Informationen, die Sie bei mir suchen. Namen. Adressen. Ausweise.«
    »Geben Sie her.«
    Dr. Lewis zuckte die Achseln. »Wie Sie wollen …«, sagte er. Er schob den Briefumschlag über den Tisch, und Ricky schnappte begierig danach. Er war zugeklebt, und Ricky ließ den alten Arzt für einen Moment aus den Augen, während er den Brief untersuchte. Das war ein Fehler, wie er augenblicklich begriff.
    Als er aufsah, blickte er in das grinsende Gesicht des alten Mannes und einen kurzläufigen Revolver, Kaliber 38 in

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