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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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versteckt?», wandte er sich wieder an Clara.
    «Der schlägt Holz.»
    Clara musste an sich halten, nicht den Hund loszubinden, der das Ganze mit gebleckten Zähnen verfolgte.
    «Hör zu, Weib», sagte der andere. «Wir sind arme Pilger und kommen von weit her. Hast du ein Stück Brot?»
    Clara gab ihrer Ältesten einen Wink, woraufhin Johanna in der Hütte verschwand und mit einem Kanten Brot zurückkehrte. Clara reichte es dem Alten, dem das Brot sofort aus der Hand fiel.
    «Unser Vater kann nicht sehen», erklärte der mit den blitzblanken Stiefeln und bückte sich nach dem Brotkanten. «Deshalb sind wir hier.»
    Clara fiel ein Stein vom Herzen. Keine Wegelagerer, sondern tatsächlich harmlose Pilger waren das, auf der Suche nach der Ottilienquelle. Allerdings – von weit her kamen sie nie und nimmer, denn sie sprachen unüberhörbar mitdem Zungenschlag der Hiesigen. Sofort kehrte ihr Misstrauen zurück.
    «Da seid ihr falsch. Zur heiligen Quelle hättet ihr vom Mühlbach aus einen anderen Weg nehmen müssen. Geht am besten wieder ein Stück zurück, den Berg hinunter bis zu einer Gabelung, und dort dann rechts hinauf.»
    «Wenn wir euch aber», begann wieder der mit dem Federhut, «erst noch ein bisschen Gesellschaft leisten wollen?»
    Der Greis hob den Kopf. Seine Augen waren stumpf. «Geht’s nun endlich weiter? Ich bin müde.»
    «Ja, Vater. Wir gehen.» Der mit den Stiefeln hakte den Alten unter. «Habt Dank für das Brot.»
    Sein Bruder schwenkte den Hut. «Wir sehen uns bestimmt ein andermal, gute Frau.»
    Kurz darauf waren sie hinter der Böschung verschwunden, und Clara murmelte ein «Herr, ich danke dir».
    «Was, wenn sie wiederkommen?», stieß Johanna hervor. Das Unbehagen war ihr im Gesicht abzulesen.
    «Das glaube ich nicht. Außerdem haben wir unseren Cerberus. Der hätte die Burschen in Stücke gerissen, wenn wir ihn losgemacht hätten.» Dabei zweifelte sie selbst an ihren Worten. «Jetzt lasst uns wieder Murmeln spielen. Und morgen ist Sonntag, da kommt zu Mittag Benedikt herauf.»
     
    Den ganzen Nachmittag und Abend hatte Clara auf jedes verdächtige Geräusch gelauscht, in der Sorge, die beiden Brüder könnten wahrhaftig zurückkehren. Zum Glück aber hatte sich niemand blicken lassen, doch als jetzt, am Sonntagmorgen, Cerberus erneut zu knurren anfing, war sie zu allem entschlossen. Sie würde sich mit den Kerlen erst auf gar kein Gespräch einlassen, sondern ihnen gleich mit demHund drohen. Und das Beil würde sie im schlimmsten Fall auch einsetzen.
    Doch es war nur eine einzelne schlanke Gestalt, die da den steilen Weg heraufkam, mit schwerbepackter Rückentrage und zwei Ziegen am Strick. Cerberus beruhigte sich augenblicklich.
    «Benedikt! Was bin ich froh! Ich dachte, du kommst erst zu Mittag.»
    Sie ließ Cerberus los und wollte ihren Sohn in die Arme schließen, doch Benedikt streckte abwehrend die Hände vor. Das Lächeln auf seinem Gesicht wirkte gequält.
    «Geht es euch gut?», fragte er. «Wo sind die anderen?»
    «In der Hütte. Aber warum bringst du unsere Ziegen herauf?»
    «Die Ziegen   …» Benedikt starrte die Tiere an, als sehe er sie zum ersten Mal. Er drückte ihr den Strick in die Hand. «Es tut mir leid, dass ich keine besseren Nachrichten bringe. Die Seuche ist in der Stadt. Vater sagt, es kann lange dauern, bis ihr zurückkönnt. Da würdet ihr froh sein um die Milch. Außerdem haben wir gar keine Zeit, uns um sie zu kümmern. Und im Notfall könnt ihr sie   …» Er brach ab und ging in großen Schritten auf die Hütte zu.
    «Warte, mein Junge. Wie geht es Vater? Ist er gesund?»
    «O ja. Er ist stark und störrisch wie ein alter Baum. Jetzt haben sie ihn zum Pestarzt verdonnert. Und du sollst ihm laut Ratsbeschluss dabei zur Seite stehen. Auf einmal sollst du ihn zu den Kranken begleiten.» Er schnaubte verächtlich. «Du kannst dir denken, dass sich Vater um diese Order keinen Deut schert.»
    «Zum Pestarzt?», wiederholte Clara. «Dann – dann schicken sie ihn jetzt von Amts wegen zu den Pestkranken   …?» Siebegann zu stottern. «Und was, wenn er sich dabei selbst die Seuche holt? Heilige Mutter Maria, ich muss sofort zu ihm! Ich kann ihn doch jetzt nicht alleinlassen!»
    «Das geht nicht!» Benedikt blieb stehen. «Vater will, dass du hierbleibst, bei den Kindern. Jetzt erst recht. In der Stadt herrscht höchste Gefahr.»
    Er befreite sich von seiner schweren Rückenlast mit den neuen Essensvorräten.
    «Das sollte reichen für die nächste

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