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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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also doch nicht verschonen mögen von der Geißel. Auch hier will er die Menschen prüfen.» Nachdem seine Stimme immer leiser geworden war, brach er an dieser Stelle ab. Er kämpfte gegen die Tränen an.
    Meister Johannes legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm und übernahm das Wort. «Zum Mittagsläuten wird es daher einen Bittgottesdienst geben. Der Rat wird die Bewohner der Stadt über die Lage und die zu ergreifenden Maßnahmen unterrichten. Ihr wisst, dass wir Werkleute durch unser Hüttengesetz nur an den zu errichtenden Kirchenbau gebunden sind und keinerlei Verpflichtungen gegenüber dem Gemeinwesender Stadt und deren Beschlüssen haben.» Er räusperte sich. «Viele von euch sind hier nicht beheimatet, haben ihre Familien und Anverwandten in der Ferne. Ich habe mich mit eurem Parlier beraten und Folgendes beschlossen: Jedem von euch steht frei, die Stadt zu verlassen, bis die Gefahr vorüber ist. Auch ich selbst werde nach Gmünd zurückkehren. Wer von euch gehen will, hebe nun die Hand.»
    Benedikt sah in die Runde. Nach einigem Zögern ging bei einem Großteil der Werkleute die Hand in die Höhe. Daniel neben ihm rührte sich nicht.
    «Willst du bleiben?», flüsterte er ihm zu.
    «Wo soll ich hin? Außerdem – ich bin alt. Ich hab keine Angst vor dem Tod.»
    «Wir machen die Gegenprobe», fuhr der Meister fort. «Wer bleibt in der Stadt?»
    Mit Benedikt und Daniel meldeten sich nur sieben Männer, darunter der Hüttenschmied und der Koch. Beide stammten zwar aus dem Eidgenössischen, hatten aber inzwischen, wie Benedikt wusste, eine Liebschaft vor Ort.
    «Gut. Die Arbeit auf dem Werkplatz wird bis auf die Steinvorfertigung für die neue Kapelle ruhen. Du, Benedikt, übernimmst als Meisterknecht die Aufsicht und Verantwortung hierfür. Daniel, du arbeitest in dem Maße, wie es deine Kräfte erlauben. Die andern gehen ihren üblichen Aufgaben nach oder holen sich Anweisungen von Benedikt. Das war’s erst einmal. Verräumt ordentlich euren Kram und kommt pünktlich zum Gottesdienst. Danach wird es einen Abschiedsumtrunk geben.»
     
    Cerberus zog die Lefzen zurück und begann zu knurren. Erst verhalten, dann immer lauter. Clara stellte den Wassereimer ab.Kamen die fremden Männer von gestern Nachmittag etwa zurück?
    «Rasch, hol die Kleinen», befahl sie Johanna. «Sie spielen am Bach.»
    Kurz darauf schob sie die maulenden Kinder in die Schutzhütte.
    «Keinen Mucks, bis ich euch wieder herauslasse. Johanna, du passt auf.»
    Sie befahl ihr, die Tür von innen zu verriegeln, und löste Cerberus’ Strick vom Baum. Bewaffnet mit dem Handbeil in der rechten und dem böse knurrenden Hund an der linken Hand trat sie an den Rand der Lichtung, wo sich zwischen dichtem Buschwerk der Pfad vom Tal heraufwand. Sie zwang sich, ruhig zu bleiben, doch das Ungemach von gestern steckte ihr noch immer in den Knochen.
    Aus heiterem Himmel waren da am späten Morgen plötzlich zwei schwarzbärtige Kerle auf der Lichtung erschienen, mit einem Greis in ihrer Mitte. Clara war vollkommen ins Murmelspiel mit den Kindern vertieft gewesen, als Cerberus sich an seinem Strick wie ein Rasender zu gebärden begann. Da hatten die Männer auch schon neben der Feuerstelle gestanden. Die beiden jüngeren glichen sich wie ein Ei dem andern: Beide hatten sie schwarzes, halblanges, fettiges Haar und ungestutzte Bärte, ihre Kleidung war die von Bürgersleuten, indessen zerschlissen und fleckig. Dafür trug einer von ihnen nagelneue teure Stiefel an den Füßen, der andre einen Hut mit karmesinroter Feder wie ein Edelmann. Sie waren auch nicht nach Art der Bauersleute mit Axt oder Knüppel bewaffnet, sondern mit Dolchen. Alles andere als vertrauenerweckend sahen sie jedenfalls aus. Der Greis hingegen wirkte fast schon hinfällig, so mager war er. Den Kopf hatte er zu Boden gesenkt.
    «Potzblitzsackerment», begann der eine, der den vornehmen Hut trug. «Seid ihr Einsiedler oder was?»
    «Erst einmal Gott zum Gruße, gute Leut», versetzte Clara schnippisch. «Hier bei uns grüßt man sich als Fremde und sagt, woher man kommt.»
    «Jetzt schau dir dieses Weibsbild an, Brüderchen! Hat ein ganz schön großes Mundwerk. Oder hat man dich etwa mit deinem Stall voll Kindern aus der Stadt verwiesen, dass du hier oben hausen musst?»
    «Ich wüsste nicht, was dich das angeht.»
    Der Mann grinste. Sein Blick ging zu Johanna, die er von oben bis unten musterte. Ein begehrliches Glitzern erschien in seinen Augen.
    «Und wo hast du deinen Mann

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