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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Schultern. Als ihn ein Fausthieb in der Magengrube traf, klappte er vornüber, rang nach Luft, wurde wieder hochgerissen. Da endlich gab ihn Degenhart frei, um ihm im nächsten Augenblick seine Faust gegen die Schläfe zu schmettern. Benedikt hörte sich einen grunzenden Laut ausstoßen, dann versank die Welt in Dunkelheit.
    Als er wieder zu sich kam, lag er bäuchlings im Staub vor der Werkstatt. Alles war still, er war allein, nur ein Hund streunte schüchtern um ihn herum. Vorsichtig streckte Benedikt seine Glieder, bewegte die Hände. Gebrochen war offenbar nichts, dafür schmerzte sein Schädel schlimmer, als hätte er zwei Nächte lang durchgesoffen. Auf den Lippen schmeckte er Blut.
    «Verdammte Hurensöhne», fluchte er und versetzte dem Hund, der seine Beine beschnüffelte, einen Tritt. Mit einem Stöhnen richtete er sich auf und betastete sein Gesicht. Von der Stirn bis zum Kinn schien alles geschwollen, eine Augenbraue blutete, die Oberlippe war aufgeplatzt.
    «Verdammte Hurensöhne», wiederholte er. Humpelnd machte er sich auf den kurzen Weg zu seiner Wohnung. Dort fand er zu seiner Verwunderung eine Nachricht unter der Tür durchgeschoben, ein vierfach gefaltetes Papier, mit Wachs versiegelt.
    Er hob es auf und legte es auf den Küchentisch. Wer übergab ihm auf solch umständliche Art einen Brief? Hinter seinen Schläfen dröhnte es stärker. Nachdem er sich mit einem nassen Tuch notdürftig das Gesicht gereinigt hatte, setzte er sich auf die Bank, brach das Siegel und faltete das Papier auseinander. Die ungelenke Schrift flimmerte vor seinen Augen. Nur mit Mühe vermochte er die Worte zu entziffern:
    Das waren nicht die Juden, die wo das Gift gelegt haben und die wo den Brunnenstubenwächter gemeuchelt haben. Das war der Meinwart Tucher. Er ist schuld, dass deine Esther tot ist.
     
    Als Benedikt am Montag nach dem Sechsuhrläuten den Kirchenschaffner aufsuchen wollte, war Paulus Überslag tot, in kürzester Zeit von der Lungenpestilenz dahingerafft.
    Benedikt war nicht wenig erschrocken. Sofort hatte er wieder das Bild aus der Badstube vor Augen – wen würde es als Nächstes treffen? Die Badmagd? Den Pfarrer? Oder gar den Stadtarzt selber? Doch dann wanderten seine Gedanken wieder zu der verstörenden Nachricht, die ihn das Wochenende kaum einen klaren Gedanken hatte fassen und den feigen Hinterhalt seiner Arbeiter fast vergessen lassen. Mittlerweile bezweifelte ernicht mehr, dass die Worte des unbekannten Absenders wahr waren, wer immer es sein mochte. Auch er traute dem einstigen Freund aus Kindertagen inzwischen alles zu.
    Es gab nur einen Weg: Er musste Meinwart aufsuchen und zur Rede stellen, hätte es gleich am nächsten Tag tun sollen. Was ihn am Ende davon abgehalten hatte, war die Angst, dass Meinwart womöglich alles zugegeben hätte, mit diesem abfälligen Lächeln auf den Lippen, das Benedikt nur allzu gut kannte. Denn wenn dem so war, so würde er dem Tuchersohn ohne zu zögern sein Messer in den Hals rammen.

Kapitel 29
    C lara schloss die Stubentür hinter sich.
    «Wir können nichts mehr tun», sagte sie leise zu Mechthild und lehnte sich gegen die Wand. Es fiel ihr jedes Mal aufs Neue schwer, diesen Satz auszusprechen oder auch nur zu denken. «Die Pest sitzt in der Lunge. Hol du den Pfarrer, ich gebe in der Küche Bescheid. Damit man sich von dem Mädchen verabschieden kann.»
    Mechthild nickte. Immer noch mit Tüchern vorm Gesicht, stiegen sie die Treppe hinunter, vorbei an der Tür zur Wohnstube, hinter der alles still war.
    «Haben die Neumeisters nicht einen eigenen Kaplan?», fragte Mechthild.
    «Ich weiß es nicht. Schau einfach, wen du findest.»
    Unten in der Küche hockten die Magd und die Köchin tatenlos auf der Bank und starrten zu Boden.
    «Adelheid wird sterben», sagte Clara.
    Die beiden älteren Frauen sahen auf. Zu ihrem Erstaunen konnte Clara in ihren Gesichtern weder Erschrecken noch Anteilnahme ausmachen.
    «Adelheids Eltern und Geschwister sollten sich jetzt von ihr verabschieden», fuhr Clara fort. «Vorher aber will ich die Kammer reinigen, wegen der Ansteckung. Ich brauch von euch Essig, Rotwein und heißes Wasser, dazu genügend Lappen und   …»
    «Es ist niemand mehr da», unterbrach sie die Magd.
    «Was soll das heißen?»
    «Die Neumeisters sind weg, hinauf nach Villingen.»
    Clara war fassungslos. Wie konnten Eltern ihr todkrankes Kind alleinlassen?
    «Wann sind sie zurück?»
    Die Köchin stieß ein verächtliches Lachen aus. «Gar nicht. Oder

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