Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
Vom Netzwerk:
Töpfe und Deckel und dann los. Wer kommt mit?»
    Clara stieß ihre Freundin in die Seite. «Gehen wir nach Hause. Das ist doch viel Lärm um nichts.»
    «Du hast recht. Ihrem Radau werden nur die Füchse und Hasen lauschen. Bis die am Burgtor sind, ist die Zugbrücke hochgezogen und das Gitter unten.»
    Mit ihren Körben unterm Arm überquerten die Freundinnen den Kirchplatz hin zur Großen Gass, während die meisten Frauen und Kinder in Richtung Burgberg zogen. Männer waren in dem Haufe keine zu sehen.
    «Bis die zurück sind, werden sich ihre Mannsbilder einen schönen Rausch angesoffen haben», sagte Mechthild. Clara nickte nur. Ihr Blick glitt die Häuserzeilen entlang. Wo wohl lauerte die Pest als Nächstes? Hinter welchen Fenstern lag schon ein weiterer Todgeweihter? Plötzlich fürchtete sie sich vor dem Alleinsein.
    «Wollen wir zusammen Salben und Tinkturen bereiten?», fragte sie.
    «Gern.»
    «Fein. Und hernach kochen wir etwas, ich hab noch einen Rest Salzfleisch. Sag, Mechthild – warum ziehst du nicht einfach ganz zu mir?»
    Mechthild hielt kurz inne und schien ernsthaft über Claras Vorschlag nachzudenken. Dann aber winkte sie ab. «Nein, nein, einen alten Baum verpflanzt man nicht. So wie es ist, ist es schon recht. Außerdem will ich das Feld nicht ganz meinen Söhnen überlassen. Aber ich komme gern noch ein Stündchen mit zu dir. Bin ja auch froh, nicht allein sein zu müssen.»
    Sie waren gerade auf der Höhe des Neumeister’schen Hausesangelangt, als sie in der Toreinfahrt deren Magd sitzen sahen. Ihr offenes Haar war zerzaust und schmutzig, die Augen rot geweint.
    «Was ist mit dir?», fragte Clara erschrocken.
    «Sie haben alles mitgenommen – den Wandspiegel, das silberne Salzfässchen, das gute Zinngeschirr, den Vogelkäfig, sogar die Stühle und die Federbetten. Alles ist weg.»
    «Wer?»
    «Plünderer. Mindestens fünf an der Zahl. War allein im Haus und konnt mich grad noch im Hof in einem Bretterverschlag verstecken. Mitten in der Nacht haben sie alles weggetragen.» Sie begann wieder zu weinen. «Was wird jetzt meine Herrschaft sagen?»
    «Es ist nicht deine Schuld», tröstete Clara sie. Zugleich fragte sie sich, wie ein Haus, das weithin sichtbar am Eingang zur Großen Gass stand, unbemerkt ausgeraubt werden konnte. Tat denn der Nachtwächter nicht mehr seine Runde?
    Als hätte Mechthild dasselbe gedacht, flüsterte sie: «Da ist keine Ordnung mehr in der Welt.»
    «Wo war die Köchin, als es passierte?», fragte Clara.
    Die Magd zuckte die Schultern. «Sie kommt und geht. In der Nacht war sie nicht im Haus.»
    «Vielleicht zu ihrem Glück. Hör, willst du bei mir wohnen? Da herinnen wirst ja wohl nicht bleiben wollen.»
    «Nein, hab vielen Dank. Ich geh weg aus der Stadt. Besser als hier ist es überall.»
    Da entdeckte Clara aus den Augenwinkeln ihren Ältesten, wie er das nahe Wirtshaus zur Krone verließ, die Straße überquerte und in einer kleinen Schenke verschwand. Sie runzelte die Stirn. Benedikt gehörte nicht zu den Kerlen, die sich an Feiertagen schon mittags in den Schankstuben herumtrieben.Allmählich machte sie sich ernsthaft Sorgen um ihn. Vor ein paar Tagen erst war er mit einem völlig verschwollenen Gesicht bei ihr zum Nachtessen aufgetaucht.
    «War das nicht eben dein Benedikt?», fragte Mechthild.
    Da kam er auch schon wieder heraus, trat auf eine Gruppe junger Männer zu, die müßig am Fischmarktbrunnen herumlungerten, und schien sie etwas zu fragen. Der eine nämlich wies mit dem Arm in Richtung Lehener Tor, woraufhin sich Benedikt eilends auf den Weg machte. Ganz offensichtlich war er auf der Suche nach jemandem.
    Clara wandte sich wieder der Magd zu, die inzwischen aufgestanden war und sich den Staub aus Gewand und Haaren schüttelte.
    «Jetzt kommst erst einmal mit zu uns und überlegst in Ruhe, wie es weitergehen soll.»
     
    Je länger Benedikt in der Stadt herumirrte, desto mehr steigerte er sich in ein Gefühl von Hass hinein. Fast sämtliche Wirtshäuser und Schenken hatte er bereits nach Meinwart abgeklappert, bis er schließlich im Haus Zur kurzen Freud gelandet war, von dem er gehört hatte, dass es neuerdings sogar an einem Tag wie Mariä Himmelfahrt geöffnet habe. Bislang nämlich war es dem Frauenwirt verboten gewesen, an Sonn- oder Feiertagen Gäste einzulassen, ja selbst an den Abenden vor Festtagen hatte er die Türen geschlossen zu halten und nachts ohnehin. Dass dies alles nichts mehr galt, wunderte Benedikt schon lange nicht mehr.
    Zwar

Weitere Kostenlose Bücher