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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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unter dem nassen, hauchdünnen Stoff fast noch deutlicher abzeichneten, als wenn sie nackt gewesen wäre. Wie eine in Stein gehauene Skulptur, schoss es Benedikt in den Kopf. Es sah sehr schön aus.
    «Was glotzt du so?» Adelheid schob spöttisch die Unterlippe vor. «Hock dich zu uns oder scher dich weg.»
    «Hast doch gehört, dass er zum Schaffner will.» Ein kräftiger Kerl, dem der Schweiß aus allen Poren drang, zog das Mädchen zu sich heran. «Der Paulus ist, glaub ich, noch im Bad.»
    Benedikt wandte den Blick ab und sah durchs Fenster nach unten in die Badestube, konnte aber in dem dampfgeschwängerten Halbdunkel niemanden erkennen. Er hatte diesen Ort satt und wäre am liebsten umgekehrt. Doch der Ärger über seine Arbeiter ließ ihn mit energischem Schritt die Stufen hinunter in den Vorraum gehen.
    «Schwitzbad oder Wasserbad?», fragte ihn die Magd und hielt ihm die offene Hand für den Badpfennig entgegen. Auch ihr kurzes Hemd gab mehr preis, als es verhüllte. Ganz gegen seinen Willen spürte er, wie eine erste warme Erregung in seine Lenden fuhr.
    Er schüttelte heftig den Kopf. «Ich will nur den Kirchenschaffner sprechen.»
    Die Magd wies mit dem Kopf zu einem der großen Holzzuber, wo sich Paulus Überslag und Stadtphysicus Behaimer gerade mit zwei Weibern vergnügten, die Benedikt nicht kannte. Ein quer über den Wannenrand gelegtes Bord teilte den Bottich in zwei Hälften und bot Platz für Weinkrug, Becherund eine Platte mit Hühnerschlegeln. Zu Benedikts Überraschung tauchte jetzt auf der anderen Seite des Brettes, knapp über dem Wasser, das hochrote Gesicht von Pfarrer Cunrat auf. Dem albernen Gekicher und Gepruste nach war keiner von ihnen mehr nüchtern.
    Als der Duft der gebratenen Hühner Benedikt in die Nase stieg, fing sein Magen an zu knurren. Seit dem frühen Morgen hatte er nichts mehr gegessen. Was ihn allerdings weitaus mehr aus der Fassung brachte, war das lustvolle Treiben der Badegäste, auch wenn ihn der Anblick, der sich ihm da bot, gleichermaßen anzog wie abstieß. Seit jener Nacht mit Esther hatte er nie wieder eine Frau in den Armen gehalten. Keiner der fünf, das hatte er erst auf den zweiten Blick erkannt, trug eine Badehr oder einen dieser knappen Lendenschurze, wie es für die Badhäuser der Stadt vorgeschrieben war. Von den Badehüten abgesehen, waren alle miteinander, Männlein wie Weiblein, splitterfasernackt.
    Natürlich hatte er davon gehört, dass es inzwischen in den Badstuben, entgegen sämtlichen Vorschriften, herging wie im Bordell. Aber jetzt sah er erstmals mit eigenen Augen, dass die alten Grenzen von Anstand und Schicklichkeit tatsächlich nicht mehr zu gelten schienen. Zwar hatten die Wannen- und Dampfbäder noch nie allein der Körperpflege gedient und waren immer schon ein Ort der Geselligkeit und feuchtfröhlichen Vergnügungen gewesen, ganz getreu dem Leitsatz: «Außen Wasser, innen Wein, lasst uns alle fröhlich sein». Zumindest auf das Klingelhut-Badhaus, in dem vor allem Gesellen verkehrten, traf das zu. Aber selbst dort hatte Badermeister Ebnoter streng darauf geachtet, dass Bruch oder Badehr getragen wurden und Mann und Weib auf verschiedenen Seiten der Wanne badeten. Was dann unter der dampfenden Wasseroberfläche oder auchim Schwitzbad nach jedem Aufguss geschah, war seinem Blick natürlich verborgen gewesen, und die nicht wenigen Gelegenheiten, bei denen er zum Schröpfen oder Venenschlagen im Nebenraum verschwand, hatte man weidlich ausgenutzt. Benedikt hatte sich oft gefragt, ob Ebnoter wusste, was da hinter seinem Rücken geschah.
    Eine solche Frage stellte sich indessen gar nicht mehr. Nicht nur der Medicus und der Schaffner, die jetzt ihren beiden Badegenossinnen die bloßen Brüste betatschten wie Kleinkinder den ersten Ball, gaben sich ungehemmt ihrem Treiben hin. Auch zu Pfarrer Cunrat stieg jetzt eine nicht mehr ganz junge Frau ins Wasser, um ihn zu küssen und zu herzen. Im Bottich dahinter, wo ein Spielmann die Laute schlug, ging es nicht weniger zügellos her.
    «Wenn du den Schaffner sprechen willst», riss ihn die Badmagd aus seinen Beobachtungen, «musst dich schon ausziehen. So kommst mir hier nicht in die Stube.»
    «Kannst du ihm vielleicht Bescheid geben, dass ich oben auf ihn warte? Es ist wichtig.»
    «Das kann aber dauern.» Das Mädchen grinste. «So schnell stoßen die alten Böcke nicht.»
    «Ich habe Zeit.»
    «Schade!» Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. «Mit dir wär endlich mal was Frisches

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