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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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hatte keinerlei Vorstellung davon, was die Zukunft bringen würde, eines indessen wusste er: Er würde alles tun für Esther, sogar mit ihr zusammen in den Tod gehen.
     
    Mit schweren Gliedern und rotgeränderten Augen schleppte sich Benedikt am nächsten Tag durch sein Arbeitspensum, dem Behau einer zierlichen, mannshohen Fiale mit zahlreichen Verzierungen, was sein ganzes Können erforderte.
    Noch immer besaß er den Schlüssel zum Gesellenhaus am Kirchhof, noch immer bewahrte er dort die kleine Büste auf, die er für Esther geschaffen und ihr nie übergeben hatte. Neuerdings lagerten in seiner Kiste auch mehrere Papierrollen mit Reise- und Handelswegen darauf. Wie jeden Winter war nur eine Handvoll Leute auf der Hütte geblieben, und so hatte er die Zeichnungen ungestört studieren können. Blieb nur zu hoffen, dass heute Abend niemand von Esthers heimlichem Besuch erfahren würde. Wenn sie denn überhaupt kam   …
    «So, Männer, fertig für heut.»
    Der Geselle Daniel klatschte in die Hände. Die drei Taglöhner räumten ihr Werkzeug auf, nahmen von Benedikt ihr Silber in Empfang und verschwanden nach draußen in die Dämmerung. Durch die geöffnete Tür sah Benedikt, dass sich milchiger Nebel über den Kirchplatz gelegt hatte.
    Daniel schlug ihm auf die Schulter. «Kommst du mit? Ich geb einen Krug Roten im Schnabel aus.»
    «Heute nicht. Ich muss noch was Wichtiges erledigen.»
    Daniel zog belustigt die Brauen hoch. «Hast du endlich ein Mädel?»
    «Aber nein.»
    «Schad. Das hätt mich gefreut. Ein Kerl in deinem Alter sollte eine Braut haben.»
    Benedikt versuchte zu lachen, aber es kam nur ein heiseres Husten heraus.
    «Hast du denn eine?», fragte er zurück.
    «Aber ja! Und da werd ich jetzt schnurstracks hingehen, wo du mich versetzt hast. Bis morgen also. Und mach das Feuer im Ofen aus.»
    «Geh nur. Ich mach schon alles fertig für die Nacht.»
    Erleichtert schloss Benedikt die Tür hinter dem Gesellen. Eine weitere Unwägbarkeit war vom Tisch. Er hatte sich nämlich schon gesorgt, dass Daniel früh zu Bett gehen könnte, wie so oft an kalten Winterabenden. Und Daniels Schlafkammer grenzte genau an seine, getrennt nur durch eine dünne Lattenwand. Erst jetzt, als ihm bewusst wurde, dass er an diesem Abend ganz allein im Gesellenhaus sein würde, ergriff ihn eine Mischung aus Anspannung und Freude.
    Nachdem er die Werkstatt aufgeräumt hatte, ging er nach draußen, um die Fensterläden zu schließen. Inzwischen konnte man kaum mehr einen Steinwurf weit sehen, so dicht stand der Nebel. Nicht einmal die brennenden Pechpfannen entlang der Friedhofsmauer, die der Nachtwächter eben entzündet hatte, waren zu erkennen. Er hörte gedämpfte Stimmen aus den engen Traufgässchen, die auf den Kirchplatz mündeten, jemand grölte ein Trinklied, irgendwo kläffte ein Hund. Hoffentlich würde sich Esther bei diesem Wetter überhaupt nach draußen wagen. Von ihrem Elternhaus hierher war es zwar nicht allzu weit, doch bei Nebel und Dunkelheit trieb sich erfahrungsgemäß das übelste Gesindel herum.
    Seine Unruhe wuchs, während er in der Werkstatt wartete, bis das Feuer im Ofen vollends heruntergebrannt war. Dannscharrte er die glühende Holzkohle in den Aschekasten, den er mit in die Kammer nehmen wollte. So würde es dort wenigstens nicht gar so eisig sein. Als er, mit dem Kasten in der einen und der Tranlampe in der andern Hand, das kurze Stück zum Gesellenhaus hinüberging, hatte er plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden.
    Er stellte Kasten und Lampe vor sich ab, nestelte den Schlüssel vom Gürtel und lauschte. Bis auf das Miauen einer Katze war nichts mehr zu hören. Nachdem er die Tür aufgesperrt hatte und in die kleine Diele trat, wäre er bald zu Tode erschrocken. Eine schwarzverhüllte Gestalt huschte mit ihm ins Haus und stellte sich ihm in den Weg.
    «Mach schnell die Tür zu», flüsterte die Gestalt. Es war Esthers Stimme!
    Benedikts Herz tat einen Sprung. Eilig verriegelte er die Tür hinter sich und zog Esther in die Kammer, wo er seinen Schlafplatz hatte. Dort stellte er die Lampe auf den einzigen Holzschemel und war froh, dass das trübe Licht die Schäbigkeit dieses Ortes nur erahnen ließ. Der Fußboden war aus gestampftem Lehm, vier Bettladen mit Strohsäcken darauf und eine Holzkiste für jeden Schlafgast nahmen nahezu den gesamten Raum ein.
    «Warte.» Benedikt zerrte eine derbe Wolldecke aus seiner Kiste und legte sie auf das Bett. Ans Fußende tat er den Aschekasten mit der

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