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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Tucher, sich von den Juden bestechen lasse, und bald erhoben sich die ersten Stimmen, man müsse die reichen Pfeffersäcke entmachten und des Volkes Willen durchsetzen.
    In diesen Tagen begegnete Clara auf der Großen Gass ihrem Nachbarn Moische. Sie wusste genau, dass er sie gesehen hatte. Gleichwohl wandte er den Kopf ab und ging eiligen Schrittesweiter. Clara lief ihm nach und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    «Was tust du, Moische? Warum rennst du mir davon?»
    «Ach Clara, ich will dir keinen Zores machen. Womöglich verliert ihr eure Kundschaft, wenn man uns zusammen sieht.»
    Tatsächlich hatten sich einige Kranke schon geweigert, sich von Heinrich behandeln zu lassen, allen voran der Karrenbeck und die Flickschneiderin. Trotzdem hatten sie immer noch alle Hände voll zu tun, und Heinrich verbuchte die Abtrünnigen als verblendete Dummköpfe.
    «Es wird schon nicht so schlimm werden hier in Freiburg», versuchte Clara ihn zu beruhigen, aber im Grunde war sie sich da selbst nicht so sicher.
    Moische schüttelte den Kopf. «Das Volk Israel hat ein gutes Gedächtnis. Wir haben das Blutbad nicht vergessen, das die Kreuzritter in unseren Gemeinden angerichtet haben, die zufällig auf ihrem Weg ins Gelobte Land lagen. Wir erinnern uns noch gut, wie die Judenschläger unter Ritter Rintfleisch unsre Leut’ in Franken ermordet haben und wie es grad vor zehn Jahren drüben im Elsass wieder aufs Neue geschehen ist.» Er wischte sich eine Träne von der Wange. «Nu ja, liebe Nachbarin, wir werden Freiburg bald verlassen. Zuerst geht unser Töchterchen. Dieses Jahr hier, nächstes Jahr in Jerusalem und dieses Jahr Knechte, nächstes Jahr freie Menschen – wie man bei uns sagt. Vertraglich ist alles geregelt, die Heiratserlaubnis erkauft, gleich nach Chanukka wird sie den Uri in Straßburg heiraten. Sobald als möglich wollen wir ihr nachfolgen. In Straßburg ist das Leben sicherer, und wir haben eine große, starke Gemeinde dort.»
    «Das – das tut mir alles so leid», stammelte Clara. Unwillkürlichgriff sie nach seiner Hand. «Ihr wart uns die besten Nachbarn, die man sich wünschen kann.»
    In diesem Augenblick tauchten hinter Moisches Rücken drei junge Burschen auf, von denen einer der Tuchersohn war. Ehe Clara es sich versah, fegte Meinwart dem alten Mann den Hut vom Kopf und versetzte ihm einen heftigen Stoß gegen den Rücken, sodass Moische strauchelte. Clara konnte ihn gerade noch auffangen. Leicht wie ein Kind lag der hagere Mann in ihren Armen.
    «Du elender Lump! Was soll das?», brüllte sie Meinwart an. «Vorsicht, Gevatterin, nicht so vorlaut.» Er verzog abschätzig das Gesicht. «Was für ein Anblick! Der alte Grünbaum in den Armen der Grathwohlin. Weißt du denn nicht, dass so was zwischen Juden und Christen verboten ist?»
    Der ältere von Meinwarts Kumpanen, ein drahtiger Kerl mit rotblondem Vollbart und dem langen Haar der Vornehmen, riss Moische weg von Clara. «Pfui Teufel, was für eine Brut! Der Sohn rammelt ein Judenmädchen, und die Mutter tändelt mit dem Alten.»
    Eine Klinge blitzte in seiner Faust auf, während die beiden anderen Moische die Arme auf den Rücken drehten.
    Clara begann zu zittern. «Steck das Ding weg!»
    Doch da hatte der Bursche die Schneide schon an den Hals des alten Mannes gesetzt. Mit einem Streich hieb er ihm das lange Barthaar ab.
    «Bist du von Sinnen!»
    «Im Gegenteil. Das ist erst der Anfang. Wer einen Juden tötet, dem werden seine Sünden vergeben.»
    Claras Blick irrte hilfesuchend über die Gasse. Der Fischhändler schob gerade seinen Karren vorbei, ohne sich um ihre Lage zu kümmern, zwei Gerber aus der Schneckenvorstadtschlurften ins Gespräch vertieft über den Kies, eine Magd, die Clara einst gegen bösen Grind behandelt hatte, senkte den Kopf und hastete in Richtung Christoffelstor davon. Nur eine Horde spielender Kinder äugte neugierig herüber.
    «Lasst mich los, im Namen des Herrn», presste Moische zwischen den Zähnen hervor.
    «Führ du nicht den Namen des Herrn im Mund, du Christusmörder», zischte der Bärtige. Die Schneide seines Messers drückte sich gefährlich hart gegen Moisches freiliegende Kehle, und der alte Mann schloss entmutigt die Augen.
    Die Rettung nahte in Gestalt zweier Stadtwächter.
    «He, Tucher, was ist da los bei euch?»
    Die Burschen gaben Moische frei.
    «Das war erst der Anfang, Jude.» Meinwart spuckte ihm vor die Füße und machte sich mit seinen Spießgesellen auf und davon.
    Ohne ein weiteres Wort bogen die

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