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Der Pestengel von Freiburg

Der Pestengel von Freiburg

Titel: Der Pestengel von Freiburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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darum müsste man die Kranken von den Gesunden absondern, genau wie bei den Sondersiechen. Und also», fügte er abschließend hinzu, «hat es Sinn, aus der Enge der Stadt aufs Land zu fliehen.»
    «Hast du das alles heute früh dem Rat vorgetragen?»
    «Ja, aber man wollte nichts davon hören.»
    «Dann musst du eben die Grafen aufsuchen. Schließlich sind sie immer noch unsere Stadtherren.»
    Heinrich schnaubte. «Was meinst du, was ich nach der Ratssitzung getan habe? Nicht einmal vorgelassen hat man michauf dem Burgschloss. Ich stand da wie ein Bettler vor dem Tor. Nein, Clara, wir müssen jetzt auf eigene Faust handeln.»
    In Claras Kopf überschlugen sich die Gedanken.
    «Wenn sich die Seuche von Mensch zu Mensch verbreitet, dann bist gerade du in höchster Gefahr! Dann könnte es dich bei jedem Krankenbesuch treffen.»
    «Du übertreibst. Außerdem soll es schützen, sich mit Essigwasser und stark riechenden Gewürzen einzureiben. Das werde ich freilich tun. Trotzdem solltet ihr im Wald keinesfalls anderen Menschen nahe kommen und erst recht nicht ins Dorf hinuntergehen. Das musst du den Kindern einschärfen. Da kann einer vollkommen gesund aussehen und trägt die Seuche doch schon in sich.»
    «Was glaubst du, wie lange wird das gehen?»
    «Ich weiß es nicht. In manchen Berichten ist die Rede von wenigen Wochen, in anderen von etlichen Monaten. Aber keine Sorge. Benedikt wird ja jeden Sonntag herauskommen und euch mit dem Notwendigsten versorgen. Aber auch von ihm haltet Abstand.»
    «Das meinst du nicht im Ernst. Er ist mein eigener Sohn, der Bruder seiner Geschwister!»
    «Himmel, Clara – verstehst du denn nicht? Jeden hier kann es treffen, dem die Seuche bloß nahe genug kommt.» Seine Stimme bebte. «Wir können nur beten, dass es ihn nicht trifft. Das einzig Gute ist, dass aus unserem Sohn ein solcher Eigenbrötler geworden ist, der wenig unter Menschen geht.»
    Clara unterdrückte ein Schluchzen. «Und was ist mit dir? Wirst du uns gar nicht besuchen kommen? Selbst wenn wir monatelang dort oben hausen müssen?»
    «Nein. Das wäre mehr als leichtfertig.»
    «Weil du dich angesteckt haben könntest?»
    «Wenn es denn so in Gottes Absicht steht: ja, weil ich mich angesteckt haben könnte.»
    Die Tränen schossen ihr in die Augen. «Warum soll ich weiterleben, wenn mein Mann und mein ältester Sohn sterben könnten?»
    «Bitte, sei vernünftig. Hier geht es nicht um dich oder mich. Hier geht es um die Kinder. Um ihretwillen musst du fort von hier.»

Kapitel 19
    A m übernächsten Tag, einem Sonntag, brachen sie in aller Herrgottsfrühe auf. Die Nacht hatte die stickige Hitze des Vortages kaum mildern können, und fast freute sich Clara auf die Frische oben im Wald.
    Benedikt begleitete sie hinaus, während Heinrich, um keinen Verdacht zu erregen, in die Frühmesse gegangen war. Gegen Mittag dann wollte er ebenfalls herauskommen und noch den einen oder anderen Hausrat mitbringen. Sie hatten nur das Allernötigste in eine Handkarre gepackt: zwei Lederbecher, einen irdenen Topf, Löffel und Messer, Mörser, Feuerstein und Zunder, ein Handbeil, lange Mäntel als Decken und Wetterschutz. Dazu Säckchen mit Hafergrütze, Dinkelmehl, Dörrobst, Brot, Käse und eine mit Würzwein gefüllte Wasserflasche.
    Allein damit war die Karre prall gefüllt und erregte prompt den Argwohn der beiden Wächter vom Obertor. Zumal ihr Begleithund sofort die Zähne zu fletschen begann, als sich die Männer ihnen näherten.
    «Was veranstaltet ihr für einen Aufzug, am heiligen Sonntag?», fragte der Ältere, den Clara vom Sehen her kannte. «Bist du unter die Grempler gegangen, Grathwohlin?»
    Clara versuchte zu lächeln.
    «Eine Base von mir, drüben in Ebnot, hat sich beide Arme gebrochen. Da wollen wir ihr ein wenig zur Hand gehen.»
    Der andere zeigte auf Jossele und Eli. «Sind das die beiden Judenbengel, von denen die ganze Stadt redet?»
    «Sie sind Christenmenschen wie du», gab Clara schärfer als beabsichtigt zurück.
    «Dann hat ihnen der liebe Gott wohl auch wieder was an den Schniedel genäht!»
    «Können wir jetzt weiter? Meine Base wartet.»
    «Geht nur. Aber gebt auf eure Schätze acht. Wegelagerer halten keine Sonntagsruhe.»
    Sie durchquerten rasch den Vorhof der Toranlage, wo sich der stinkende Unrat der halben Stadt aufhäufte und darauf wartete, in den Fluss gekippt zu werden. Sorgenvoll beobachtete Clara die beiden Grünbaumknaben. Was mochte wohl in ihren Köpfen vorgehen? Dass sie im Gegensatz zu den

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