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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Lunte in der Hand neben einem Geschütz auf ihn wartete.
    Plötzlich hatte der Kanonier sein hämisches Grinsen eingestellt. »Halt«, rief er mit frostiger Stimme, während er auf das gusseiserne Ungetüm zeigte. »Diese Feldschlange hat bis vor Kurzem kaiserlichen Landsknechten gedient und setzt ihre Zielsicherheit jetzt für uns ein. Sie ist genau auf dich gerichtet und wartet nur darauf, Zunder zu bekommen. Wenn dir dein Leben lieb ist, übergib uns kampflos alles, was du mit dir führst, und verschwinde dahin, woher du gekommen bist.«
    »Gott, der Herr sei mit Euch«, antwortete der Mann auf dem Kutschbock, bevor er damit begann, die Männer zu segnen. »Auch wenn ihr arme Sünder seid, wird euch Jesus Christus verzeihen … sofern ihr Reue zeigt!«
    Der Kanonier, der auch der Anführer dieses üblen Haufens zu sein schien, war sichtlich verunsichert und wusste nicht so recht, wie er mit der ungewohnten Situation umgehen sollte. Er sah einen alleinreisenden Mönch, der zwar einem Riesen glich, hätte aber dennoch erwartet, dass dieser vor Angst erzittern und versuchen würde, Fersengeld zu geben. Der aber saß in aller Seelenruhe auf seinem Kutschbock, gab nur dumme Sprüche von sich und machte keinerlei Anstalten, wenigstens zu versuchen abzuhauen. Bisher hatten alle Überfallenen aus Angst ihr Hab und Gut im Stich gelassen und wären nur mit dem, was sie auf dem Leib getragen hatten, geflohen, … wenn ihnen dies geglückt wäre.
    Da die Wegelagerer ihr einträgliches Handwerk aber noch recht lange ausüben wollten, würden sie keine Zeugen gebrauchen können und hatten deswegen noch nie jemanden laufen lassen. Dafür hatten die beiden grimmig dreinschauenden Gesellen, die jetzt mit den Waffen im Anschlag hinter dem Fuhrwerk standen, stets gesorgt. Sie warteten nur darauf, dass der Kutscher vom Bock stieg.
    Zuerst würden sie ihn erschießen, ihm seine Kutte ausziehen und ihn dann zusammen mit den beiden Immenstädter Soldaten und den beiden Fuhrwerkern, für die sie bereits die Gruben ausgehoben hatten, verscharren.
    Das Loch war bereits fertig gegraben und musste nur noch vergrößert werden, damit auch der Riese Platz darin finden würde. Auf einen mehr oder weniger kam es ihnen nicht an. Nicht einmal die üblen Spießgesellen selber wussten, wie viele Löcher sie im Laufe der Zeit gegraben und wie viele Leichen sie mittlerweile in dem kleinen Wäldchen verscharrt hatten.
    »Steig ab und übergib uns dein Gefährt mitsamt den Pferden«, schnarrte es Bruder Nepomuk entgegen.
    »Mein Sohn! Gerne überlasse ich dir meine Ladung, wenn du mir versprichst, sie getreu unserem Glauben, christlicher Erde zu übergeben.«
    »Was soll der Scheiß, hä?«
    »Ich führe eine Ladung mit mir, mit der du gewiss nichts anzufangen weißt.« Während Nepomuk dies sagte, hob er sein bis jetzt gesenktes Haupt und zog die Kapuze herunter.
    »Was hast du da im Gesicht?«, fragte der Wegelagerer, der zwar neugierig war, aber keinen Schritt von seiner Kanone wich. Stattdessen trat er unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    »Das sind Zeichen des nahen Todes«, rief ihm der Mönch mit zittriger Stimme, in der trotz der Lautstärke gut erkennbar etwas Kraftloses, etwas Trauriges mitschwang, entgegen.
    »Werde deutlicher! Was fehlt dir?«
    »Der Herr hat es für richtig erachtet, mich mit der Pestilenz zu strafen.«
    Als der Kanonier dies hörte, trat er, der ansonsten weder Tod noch Teufel fürchtete und seine Kanone nie allein ließ, instinktiv ein paar Schritte zurück.
    »Und was hast du für eine Ladung?«
    »Sieh selbst nach«, empfahl der Kutscher, der sich mittlerweile als Benediktinermönch zu erkennen gegeben hatte, und stieg vom Bock, was die beiden anderen mit ihren Büchsen unruhig herumfuchteln ließ. Dennoch schoss keiner.
    Als Nepomuk vorsichtshalber seine Kapuze wieder so über den Kopf zog, dass man sein Gesicht kaum noch sehen konnte, schrie der inzwischen völlig verunsicherte Kanonier: »Bleib stehen!« Dabei fuchtelte er aufgeregt mit der Lunte herum, obwohl er ein ganzes Stück hinter dem Geschütz stand. Er befahl seinen Kumpanen nachzusehen, was sich unter der schmutzigen Pferdedecke, auf die provisorisch ein großes schwarzes Kreuz genäht war, verbarg.
    Als sie näher an das Fuhrwerk traten, zuckten sie erschrocken zusammen.
    »Pfui Teufel! Das stinkt ja bestialisch«, stellte einer der Männer fest, während der andere rief, dass er ein Bein sehen könne.
    »Ich sehe einen Arm! … Und da spitzelt auch

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