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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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demonstrativ ein Stückchen von ihm weg.
    »In Bezug auf üblen Geruch müsst gerade Ihr etwas sagen.« Bevor sich der Totengräber empören konnte, fuhr Hemmo Grob fort: »Die Galle kann einem aber auch hochkommen. Wenn ich daran denke, dass der Kastellan jetzt auch noch eine der Kühe des Grafen bei den Juden untergestellt hat, und dieses gottverdammte Dreckspack … «
    »Na, na, na. Jetzt mäßigt Euch aber! Das habt Ihr schon gesagt«, unterbrach der Totengräber, der bisher eigentlich nichts gegen Juden und schon gar nichts gegen die Bombergs gehabt hatte, jetzt seinen zornigen Gesprächspartner.
    »Jedenfalls haben die dadurch täglich genügend Milch und erdreisten sich auch noch, den Rest großzügig nach eigenem Gutdünken an uns zu verteilen«, mokierte sich dieser weiter.
    »Aber der Bechteler macht dies auf Geheiß des Kastellans doch ebenfalls so?«, nahm Ruland Berging die Art, wie die Sache mit den Kühen gehandhabt wurde, kurioserweise in Schutz.
    »Ja! Aber Dreyling von Wagrain hat eine der beiden Kühe den Juden doch nur zugeschanzt, weil diese jüdische ›Metze‹ ihre Beine für seinen Sohn breit macht.«
    »Das werdet gerade Ihr wissen.«
    »Na klar! Ist Euch denn noch nicht zu Ohren gekommen, dass der Sohn des Kastellans und die kleine Judenhure ein schlampiges Verhältnis miteinander haben?«
    »Natürlich habe ich auch schon davon gehört. Aber im Unterschied zu Euch ist mir dies gleichgültig. – Ich habe andere Sorgen.«
    »Da seht Ihr. Ihr sagt es selbst, dass wir Probleme haben, weil die da … «, der ›Pater‹ machte jetzt je eine Kopfbewegung in Richtung Schloss und in Richtung des Bomberg’schen Anwesens, »alle unter einer Decke stecken.«
    »Ich habe nur gesagt, dass ich andere Sorgen habe, sonst nichts«, konterte der Totengräber, der es aber nicht vermochte, den ›Pater‹ zu bremsen.
    »Früher hätte man die Juden verbrannt und fertig.«
    »Jetzt reicht es aber! Das geht entschieden zu weit«, schnarrte der Totengräber den Sprechenden an. »Entweder Ihr mäßigt Euch jetzt endlich oder die Unterhaltung ist beendet. Was wollt Ihr eigentlich von mir?«
    Bevor er eine Antwort bekommen sollte, leerte der ›Pater‹ seinen Becher und bestellte Bier nach. »Nun, wie mehrmals gesagt, hasse ich die Juden, und Ihr hasst ganz offensichtlich die Dreylings von Wagrain. Meinen Grund habe ich genannt und … «
    »Ihr wollt deren Haus in Euren Besitz bringen«, versuchte der Totengräber, das Gespräch zu verkürzen.
    »Ja! Und Ihr wollt etwas von denen da oben.«
    Der grantige Mann machte wieder eine schnelle Kopfbewegung in Richtung Schloss.
    »Was Ihr vom Kastellan wollt, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass Ihr vor Eurem Verschwinden etwas mit dem Medicus zu tun hattet … , das möglicherweise mit der Familie des Kastellans in Verbindung steht?«
    Der Totengräber überlegte lange. Einerseits muss ich unmissverständlich klarstellen, dass ich – außerberuflich – zu keiner Zeit etwas mit dem Medicus zu tun hatte, andererseits könnte mir der ›Pater‹ helfen, die beiden Söhne des Kastellans zu beseitigen. Wenn ich im Gegenzug die Juden vernichte, würde niemand Verdacht schöpfen, weil der ›Pater‹ nie etwas mit den Dreylings von Wagrain und ich nie etwas mit den Bombergs zu tun gehabt habe. Hmmm … Wir tauschen ganz einfach die Rollen. Vielleicht können wir sogar Geschäftspartner werden und gemeinsam das Thema Pest wieder aufgreifen?, dachte er. Je länger er darüber grübelte, umso klarer wurde es für ihn, dass eine Zusammenarbeit für sie beide von Nutzen sein konnte. »Also gut«, sagte der Totengräber grinsend, während er seinen Humpen, in dem die Bedienung das frische Bier gebracht hatte, zur Hand nahm. »Ich heiße Ruland, und du?«
    »Hemmo, Hemmo Grob!« Erst als der Nachtwächter seine Runde machte, verließen die beiden das Wirtshaus.

Kapitel 9
     
    Es war Samstag, der 13. Mai, und Propst Glatt befand sich auf dem Rückweg von den Hagspiel-Mahlers. Er hatte mit ihnen über den Bau der versprochenen Kapelle zu Füßen des Staufenberges gesprochen. Da dieses Gespräch länger gedauert hatte als gedacht, beeilte er sich jetzt, zum Propsteigebäude zurückzukommen. Dort warteten schon die Brautleute mit ihren kompletten Familien, um mit ihm letzte Details der kirchlichen Zeremonie zu besprechen. Unter Absprache mit ihrer Familie und mit deren Segen war Sarah schon vor einer Woche zum katholischen Glauben konvertiert und getauft worden, weswegen sich der

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