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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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zum Schlachten mitnehmen wollten, stritten sie sich hauptsächlich um die größeren Tiere. Dabei gingen sie nicht gerade zimperlich miteinander um. Letztendlich zeitigte das Gesetz des Stärkeren dementsprechende Resultate. Wer am besten zuschlug, bekam das, was er wollte, und die Schwächsten mussten sich mit den Lämmern zufriedengeben. Die geben zwar noch keine Milch, haben aber wenigstens zartes Fleisch auf den Rippen. Besser als gar nichts, dachte sich der eine oder andere, der froh war, überhaupt noch ein Tier ergattert zu haben und sich dadurch zu Hause von seinem Weib kein enttäuschtes Gemaule würde anhören müssen.
    Diejenigen, denen es gelungen war, die meisten Tiere gestohlen zu haben und nach Hause führen zu können, waren am zufriedensten. Sie wussten nicht, dass sie sich dadurch auch selbst die meisten Probleme in ihre Häuser bringen würden. Je größer die Tiere waren und je mehr Schafe der Einzelne mitnahm, desto mehr Rattenflöhe holte er sich auch ins Haus und sprach somit selbst das Todesurteil über sich und seine Familienmitglieder. Wenn sie gewusst hätten, dass Bechtelers Schafe in einer uneinsehbaren Bodenmulde ein Stück weiter oben grasen und gesund sind, hätten sie sich wohl daran vergriffen.

Kapitel 13
     
    Konstanze verließ zwischendurch zwar immer wieder ihr Krankenlager , war aber einfach noch zu schwach für die tägliche Hausarbeit. Sie war froh, dass ihr Rosalinde die meiste Arbeit abnahm und sich nebenbei auch noch um Diederich kümmerte. Aufgrund der vielen Arbeit konnte die Magd den kleinen Wildfang, der bei schönem Wetter unbedingt draußen spielen wollte, allerdings nicht ständig im Auge behalten.
     
    Lodewig und seine Herzallerliebste wohnten immer noch nicht zusammen. Um Sarah im Schloss aufnehmen zu können, bedurfte es erst noch der offiziellen Genehmigung des Grafen. Aufgrund der zurzeit allgemeinen Probleme hatte Oberamtmann Speen allerdings anderes zu tun, als sich um diese Lappalie zu kümmern. Platz gab es zwar genügend im Schloss. Aber wenn sich der Kastellan auch sicher war, dass es keine Schwierigkeiten geben würde, konnte er die gewünschten Räume noch nicht für die junge Familie bereitstellen. So übten sie sich weiterhin in Geduld und Lodewig musste – wenn er Sarah sehen und sich nach dem Ungeborenen erkundigen wollte – zu ihr ins Dorf hinuntergehen. Also zog er heute schon in aller Früh los. Zuvor hatte er seiner besorgten Mutter wie jeden Tag versprechen müssen, die kürzeste Strecke zu den Bombergs zu nehmen und sich auf dem Weg dorthin keinem Menschen zu nähern, geschweige denn, Millers Katze oder ein anderes Tier zu streicheln.
     
    Bei den Bombergs angekommen, richtete er Sarahs Eltern aus, dass sein Vater etwas Wichtiges mitzuteilen habe und sie dazu umgehend ins Schloss bat. Sie kamen der Aufforderung sogleich nach und eilten dorthin, wo schon alle Schlossbewohner auf sie warteten.
    »Auf Bitten meiner Frau soll ich euch … « – die Dreylings von Wagrain und die Bombergs duzten sich mittlerweile – »die Gelegenheit geben mitzuhören, was ich meinen Familienmitgliedern, den Dienstboten und den Wachen über die Pest erzählen möchte«, begann der von allen Versammelten am höchsten Gestellte seinen Vortrag, während er Konstanzes Hand hielt. Aufgrund der Brisanz klärte er die Anwesenden in etwa so über die Pest auf, wie er es mit dem Propst, den neuen Spitalleitern und den beiden Leichenbestattern getan hatte.
    Nachdem er das soeben Gehörte einigermaßen verdaut hatte, bedankte sich Jakob Bomberg, auch im Namen seiner Familie, überschwänglich für diese möglicherweise lebenswichtigen Informationen. »Ich hänge an meinem Leben und bin dir dankbar für diese wertvollen Informationen«, sagte Jakob, der natürlich wusste, dass es allen so ginge, zum Kastellan.
    Die beiden Familien vereinbarten, dass sie keinesfalls von außen Lebensmittel besorgen und verarbeiten würden. Um sie alle vor der Pest zu schützen, sollte Judith ihrem Schwiegersohn immer wieder Eier und zwischendurch ein Huhn mitgeben. Im Gegenzug würde Lodewig den Bombergs jedes Mal zwei Holzkübel Frischwasser aus dem Schlossbrunnen mitbringen, damit sie ab sofort darauf verzichten konnten, eventuell verunreinigtes Wasser aus dem Seelesgraben zu trinken. Überdies ordnete der Kastellan an, dass ab sofort niemand mehr ins Schloss hereingelassen werde, auch nicht der Propst. Aus Sicherheitsgründen informierte er Johannes Glatt, dass auch Fabio bis auf Weiteres

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