Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
benommen aus. Sie spürte kaum, wie sie auf den Boden aufschlug.
Jemand kniete über ihr und fluchte.
Es war Jasnah. Ihre Stimme klang so fern. »Sie ist vergiftet worden. Ich brauche einen Granat. Holt mir einen Granat!«
Es ist einer in meiner Tasche, dachte Schallan. Sie tastete daran herum, und schließlich gelang es ihr, den Riemen um ihre Schutzhand zu lösen. Warum … warum will sie …
Aber nein, das kann ich ihr nicht zeigen. Der Seelengießer!
Ihre Gedanken waren so verschwommen.
»Schallan«, sagte Jasnahs Stimme nervös und sehr leise. »Ich werde dein Blut seelengießen müssen, damit es gereinigt wird. Aber das ist gefährlich. Äußerst gefährlich sogar. Ich bin nicht so geschickt mit Fleisch und Blut. Meine Talente liegen auf anderen Gebieten.«
Sie braucht ihn. Um mich zu retten. Mit schwachen Bewegungen griff sie in ihre Tasche – in ihren Ärmel – und holte mit der rechten Hand die Schutztasche heraus. »Ihr … könnt … nicht …«
»Sei still, mein Kind. Wo ist der Granat!«
»Ihr könnt nicht seelengießen«, sagte Schallan schwach und zog die Bänder ihrer Schutztasche auf. Sie hielt sie mit der
Öffnung nach unten und bemerkte undeutlich, wie ein verschwommener goldener Gegenstand auf den Boden glitt, zusammen mit dem Granat, den Jasnah ihr gegeben hatte.
Sturmvater! Warum drehte sich das Zimmer denn so heftig?
Jasnah keuchte auf. Ganz fern.
Etwas geschah. Ein Blitz aus Wärme brannte sich in Schallan hinein; es schien etwas unter ihrer Haut zu sein, so als ob sie in einen Kessel mit kochendem Wasser getaucht worden wäre. Sie schrie auf, drückte den Rücken durch, ihre Muskeln zuckten unkontrolliert.
Alles wurde schwarz.
13
SICH KÜMMERN
»Strahlender / des Geburtsortes / der Verkünder kommt / kommt zu verkünden / den Geburtsort der Strahlenden.«
Auch wenn mir die poetische Form des Ketek als Mittel zur Übertragung von Informationen nicht sonderlich gefällt, wird dieses Gedicht von Allahn doch oft in Bezug auf Urithiru zitiert. Ich glaube, hier hat jemand die Heimat der Strahlenden mit ihrem Geburtsort verwechselt.
D ie rechts und links von Kaladin aufragenden Wände der Kluft waren mit grün-grauem Moos überzogen. Die Flamme seiner Fackel zitterte, und das Licht fiel auf glatten, regennassen Stein. Die feuchte Luft war kühl, und der Großsturm hatte Lachen und Pfützen hinterlassen. Dünne Knochen – eine Elle und eine Speiche – stachen aus einer tiefen Pfütze hervor, an der Kaladin vorbeiging. Er machte sich gar nicht die Mühe nachzusehen, ob auch der Rest des Skeletts vorhanden war.
Blitzfluten, dachte Kaladin, während er den raschelnden Schritten der Brückenmänner hinter ihm zuhörte. Das Wasser muss irgendwohin abfließen, sonst würden wir nicht durch Klüfte spazieren, sondern in Kanälen schwimmen.
Kaladin wusste nicht, ob er seinem Traum vertrauen konnte, aber er hatte herumgefragt, und es stimmte wohl, dass der Ostrand der Zerbrochenen Ebene offener war als der Westteil. Die Plateaus schienen dort völlig verwittert zu sein. Wenn es einem Brückenmann gelang, bis dorthin zu kommen, dann konnte er vielleicht auch nach Osten fliehen.
Vielleicht. In diesem Gebiet lebten viele Kluftteufel, und Alethi-Späher patrouillierten in dem Bereich dahinter. Wenn Kaladins Mannschaft auf sie stieß, würde es schwer sein zu erklären, warum eine bewaffnete Gruppe Männer – viele mit Sklavenmalen – auf dem Weg nach Osten war.
Syl lief etwa in der Höhe von Kaladins Kopf an der Schluchtwand entlang. Die Bodensprengsel zogen sie nicht nach unten, so wie sie es mit allem anderen taten. Sie ging mit hinter dem Rücken verschränkten Armen dahin, und ihr kleines, knielanges Kleid flatterte in einem Wind, der nicht zu spüren war.
Nach Osten entkommen. Dies aber schien ganz unwahrscheinlich zu sein. Die Großprinzen hatten große Anstrengungen unternommen, dieses Gebiet zu erforschen und nach einem Pfad zum Mittelpunkt der Zerbrochenen Ebene gesucht. Doch es war ihnen nicht gelungen. Einige Gruppen waren von Kluftteufeln getötet worden. Andere waren trotz sorgfältiger Vorbereitungen in den Klüften von Großstürmen überrascht worden; es schien unmöglich, die Stürme genau vorherzusagen.
Andere Spähtrupps waren diesen Schicksalen entgangen. Sie hatten gewaltige Leitern benutzt, über die sie während eines Großsturms auf die Plateaus geklettert waren. Aber auch sie hatten viele Männer verloren, denn die Plateaus boten während eines Sturms nur
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