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Der Pfad der Woelfin

Der Pfad der Woelfin

Titel: Der Pfad der Woelfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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stellte sich heraus, daß sich van Vindt mehr für die Wolken interessierte, die eine auffällige Rötung aufwiesen.
    »Das gefällt mir nicht. Übermorgen müßten wir Tunis erreichen -aber wenn uns noch einmal eine Schlechtwetterfront erwischt, kostet uns das weitere Tage .«
    Entmutigt sah ich zu ihm auf. »Können wir nichts tun, um den Hafen vor dem Schlechtwetter zu erreichen?«
    Er lachte zynisch. »Du kannst dich oben aufs Kastell stellen und kräftig in die Segel pusten - vielleicht hilft es. Du und dein Vater habt ja keine Ahnung. Dabei solltet ihr froh sein, wenn wir mit einiger Verspätung davonkommen. Jetzt, im Winter, sind wir wenigstens einigermaßen sicher vor Piraten. Die hocken jetzt alle in ihren Schlupfwinkeln und warten auf den Frühling!«
    »Piraten?«
    »Nie davon gehört, wie?«
    »Doch, aber ich wußte nicht -«
    »Kleines, wir schippern direkt vor ihren Nasen herum! Algier ist von Tunis nur einen Katzensprung entfernt, und Algerien ist ein einziges dreckiges Seeräubernest!«
    Mit diesen Worten stapfte er davon.
    Ich kehrte wenig später unter Deck zurück.
    »Ich habe alles gehört«, sagte Vater aus dem Dunkel heraus. »Noch eine Verzögerung ertrage ich nicht. Ich kann nicht mehr. Ich halte es keinen Tag mehr länger aus ...!«
    *
    Als es dunkel wurde, verließ Vater erstmals seit langem wieder den Bauch des Schiffes. Mit heiserer Stimme sagte er, er müsse noch einmal mit dem Kapitän sprechen. Unbedingt. Und dann drückte er mich und streichelte durch meine Haare, wie er es lange nicht mehr getan hatte.
    »Es wird alles gut«, flüsterte er. »Du wirst sehen, daß ich recht hatte mit Afrika. Du wirst es sehen ...!«
    Ich unternahm nichts, ihn davon abzuhalten, obwohl ich wußte, wie sinnlos es war, die Reisezeit mit Diskussionen abkürzen zu wollen.
    Lieber versuchte ich, etwas Gutes darin zu sehen, daß Vater aufgehört hatte, sich hier unten selbst einzukerkern, als hätte er bereits mit sich und der Welt abgeschlossen.
    Er blieb lange weg.
    Als es mir zu einsam unter Deck wurde, kletterte ich nach oben und schlenderte in Richtung der Kapitänskajüte.
    Einer der Matrosen, der auch ein paar Brocken Französisch beherrschte und auf einer Bank vor der Tür saß, sagte, ohne das Tau, in das er kunstvolle Knoten flocht, aus der Hand zu nehmen: »Wenn du deinen Vater suchst . Der ist gerade da hinüber gegangen .« Und mit der Hand zeigte er zum entgegengesetzten Schiffsende.
    Ich bedankte mich und schlug die angegebene Richtung ein.
    Es war kalt und böig, aber das befürchtete Ausmaß erneuten Schlechtwetters schien auszubleiben.
    Die Wolkenfront am Himmel riß für Sekunden auf, und der runde Mond ergoß sein silbriges Licht über Schiff und Wasser.
    Vor mir, an Steuerbord, sah ich die Silhouetten zweier Gestalten.
    Dann schloß sich die Lücke am Himmel auch schon wieder, und windige Schwärze umgab mich aufs Neue.
    Die über mir am Mast schaukelnde Laterne erhellte kaum die Nacht. Ich wollte nach Vater rufen - aber in diesem Moment wurde mein Leben endgültig zerstört.
    Ich hörte einen furchtbaren Schrei aus der Richtung, in die ich blickte.
    Es gab keinen Zweifel, daß es Vater war, der dort in höchster Not brüllte. Sofort fing ich an zu rennen. Vor mir war schattenhafte Bewegung.
    Und dann sah ich nur noch, wie ein Ungeheuer ihn über die Reling wuchtete und in die tosende See kippen ließ! Orientierungslos vor Entsetzen prallte ich irgendwo mit dem Kopf dagegen, und mein Bewußtsein zerstob in einem schwarzen Blitz.
    *
    Als ich zu mir kam, war es, als erwachte ich auf einem Geisterschiff. Bis auf das Knarren der zur Hälfte gerefften Segel und das übliche Knacken in den Planken war nur noch das Meer selbst zu hören. Das Schiff schaukelte führungslos auf den Wellen. Der Wind war abgeschwächt, sonst hätte die Tatsache, daß niemand am Ruder stand, vielleicht schon die Katastrophe herbeigeführt .
    Es war immer noch Nacht, aber der Mond hatte sich durchgesetzt. Er streute sein fahles, silbriges Licht auf mich und meine Umgebung herab, und ich brauchte eine ganze Weile, bis ich mich erinnerte, warum ich das Bewußtsein verloren hatte - und wovon ich unmittelbar davor Zeugin geworden war ...
    Plötzlich begann ich am ganzen Leib wie Espenlaub zu zittern.
    Ich wollte den Druck der Spannung, die sprunghaft in mir anstieg, durch einen Schrei lindern. Ein Ventil schaffen.
    Aber dann wurde mir klar, daß die Stille und die Verlassenheit um mich herum einen Grund haben mußten.
    Was

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