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Der Pfad der Woelfin

Der Pfad der Woelfin

Titel: Der Pfad der Woelfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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lebendig machen. Nichts.
    *
    »Sieh an, unsere Ausreißerin! War es draußen doch etwas zu ungemütlich? Hat dir unsere Gesellschaft vielleicht doch gefehlt, ebenso wie dein warmer Platz zum Schlafen und das gute Essen ...?«
    Marie grinste hinterhältig, der Kerl neben ihr schäbig.
    Ich sah es beiden nach.
    Ohne ein Wort zu erwidern ging ich in die Kammer, die noch so aussah, wie ich sie verlassen hatte. Die Zeit schien hier stillgestanden zu haben.
    Ich war immer noch barfuß, aber ich machte mir keine Gedanken wegen der Kälte oder des Drecks an meinen Füßen.
    Rücklings legte ich mich auf das schmale Bett, griff in meine Hosentasche und tat, was ich für richtig hielt.
    Je mehr Blut aus meinen Handgelenken lief, desto befreiter von aller Last fühlte ich mich.
    Wenn man dazu bereit war, war das Sterben leicht. Kinderleicht . ..
    *
    Da war ein Licht am Ende des Tunnels.
    Langsam, Zoll für Zoll, trieb ich ihm entgegen. In mir war vollkommene, jeder Last entledigte Leere, und dies war nach all den Erfahrungen, die ich zu Lebzeiten hatte machen müssen, eine wahre Wohltat. Hätte ich gewußt, daß Sterben, daß der Tod so beschaffen ist, hätte ich alles versucht, Vater mit auf diese Reise zu nehmen. Er hätte auch Ruhe verdient gehabt .
    Plötzlich war ich sicher, Aurel wiederzufinden. Irgendwo dort, wo die Schwärze endete und wohin ich mich wie durch einen engen Schacht auf einen Ort von strahlender Helligkeit zubewegte ...
    Ich fühlte meinen Körper nicht mehr.
    Weder Kälte noch Hitze konnten mir etwas anhaben.
    Ich war beschränkt auf meine bloßen Gedanken, die nicht mehr vergiftet waren von Trauer, Selbstmitleid oder Haß anderen gegenüber.
    Ich bedauerte nicht, es getan zu haben. Selbst die Schnitte in beide Pulsadern waren nur noch abstrakte Bestandteile meiner Erinnerung.
    Ich trieb ... wie auf einem weiten Meer.
    Vielleicht würde am Ende des Tunnels etwas ähnliches wie Afrika liegen. Ein Ort des Friedens und der Sorglosigkeit. Des ewigen Zusammenseins mit freundlichen Geistern. Aurel ... Mutter ...
    Plötzlich ging alles ganz schnell.
    Ich fühlte den Sog.
    Der mich in die andere Richtung zerrte! Fort vom Licht!
    Ich stürzte rückwärts in die Finsternis, und es kam mir vor, als fiele ich geradewegs von einer Himmelsleiter hinab zur Hölle!
    Ich hörte einen Schrei.
    Einen schrecklichen Schrei.
    Er kam aus meinem Mund, über mir, nah über meinen Augen, tauchte wieder ein Licht auf, anders, armselig gegenüber dem, das ich zuvor gesehen hatte und dem ich überall hin gefolgt wäre. Bis ans Ende der Ewigkeit. Dieses hier rührte von einer hin und her schaukelnden Laterne, und daneben schwebte ein bartloses Gesicht.
    Vater...?
    *
    Ich hatte keine Schmerzen, gar keine, und nicht nur deshalb fiel es schwer zu glauben, daß ich lebte. Aber der Ort, an dem ich das Bewußtsein wiedererlangte, war einfach zu gewöhnlich, um zu einem jenseitigen Reich zu gehören.
    Und Vater .
    »Wo - sind wir?«
    Meine Stimme klang eingerostet. Ich erschrak über das Gekrächze, das meinem Mund entwich. Zuerst glaubte ich auch, mir wäre immer noch schwindelig, weil ich das Gefühl hatte, hin und her bewegt zu werden.
    Doch nicht zuletzt an der Lampe über meinem Kopf wurde deutlich, daß das Schaukeln real war.
    »Auf einem Schiff«, sagte Vater.
    »Auf... einem ... Schiff?«
    Er nickte.
    Die Rasur enthüllte den Umfang seines körperlichen Verfalls noch gnadenloser als bei unserer letzten Begegnung. Wie mager und mitgenommen er aussah .
    ... aber ich konnte mir denken, daß ich kein sehr viel besseres Bild abgab.
    Mein Blick suchte die Handgelenke, aber sie lagen unter einer Decke, die mir bis zum Hals hinaufreichte.
    »Ich dachte, du würdest sterben«, sagte Vater dumpf. Er war meinem Blick gefolgt und wußte, woran ich dachte.
    »Ich auch«, sagte ich leise.
    »Aber . warum?«
    »Du weißt es.«
    Eine Weile verlor sich ein Blick in Fernen, die ich fürchten gelernt hatte. Dann nahm er mich wieder wahr, und er sagte: »Ja, ich weiß es.«
    Ich versuchte den Kopf zu heben, aber das ließ er nicht zu. Sanft drückte er mich wieder zurück auf das Bündel Decken.
    Zum erstenmal nahm ich das Gemisch aus salzigen Gerüchen und Moder wahr, das in der Luft hing.
    »Ich verstehe es immer noch nicht . Wie - kommen wir hierher? Und . wohin gehen wir?«
    Seine Augen funkelten fast wie in alten Tagen. »Über das Wohin reden wir später . Wichtig ist nur, daß wir ihr entkommen sind. Sie wäre unser beider Untergang

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