Der Pfad des Kriegers (German Edition)
bahnte er sich den Weg zu seinem Schlafplatz. Diesen hatte aber anscheinend schon vor einiger Zeit ein anderer junger Maegrin belegt, der sich trotz heftigen Rüttelns nicht dazu bewegen ließ aufzuwachen. Nach einiger Zeit sah auch Arvid die Müßigkeit seines Unterfangens ein, überprüfte noch kurz den Zustand seiner Schriftrollen und legte sich dann, ohne Decke, in eine unbelegte Ecke des Raumes. Schnell war er eingeschlafen.
Am nächsten Morgen erwachte er mit steifen Knochen. Das Haus war schon fast leer, nur noch wenige, vor allem ältere Männer und Frauen, schliefen noch und von draußen waren bereits die lauten Stimmen der Arbeitenden zu hören waren. Rasch machte er sich fertig zum Aufbruch, bevor ihn einer der Handwerker sah und zum Arbeiten einteilte. Denn eines hatte er in den Wochen hier gelernt: Wer nicht eindeutig beschäftigt war und das Lesen von Schriftrollen gehörte nicht dazu, wurde beschäftigt. Daher verbrachte er seinen Tag meistens damit morgens die Siedlung zu verlassen und auf einem der Hügel, die die Stadt umgaben, zu lesen oder er begab sich in die Hofburg und nahm dort an den Beratungen teil. An sich hörte er nur zu und wurde ab und an für Botengänge verwendet, aber das war immer noch besser als irgendeinem muskelbepacktem Volltrottel beim Balkentragen zu helfen. Hastig aß er noch einige Löffel des Haferbreis, der sich in einem kleinen Topf neben dem Feuer befand und machte sich dann auf den Weg.
Wie schon am Vortag war die ganze Stadt von Leben erfüllt. Überall waren Handwerker dabei neue Gebäude zu errichten, während zwischen den halbfertigen Hütten Fische geräuchert und Waffen und Werkzeuge repariert oder gar neu hergestellt wurden. Alle Männer hier trugen die Haare zu einem Zopf zusammengebunden, die städtische Mode, die Haare lang zu tragen und frei herunterhängen zu lassen, war mit den praktischen Anforderungen des neuen Lebens schnell verschwunden. Die meisten derer, die im neuen Anduil lebten, hatten die traditionelle Haartracht sowieso nie aufgegeben. Auch in der alten Heimat hatten diese Menschen stolz an diesem alten Symbol ihres Status als Krieger festgehalten. Kurz trugen nur Kinder und verurteilte Verbrecher ihr Haar bei den Maegrin.
Heute Morgen konnte sich auch Arvid der Aufbruchsstimmung nicht verwehren und summte leise ein altes Kinderlied vor sich, nicht ohne darauf zu achten, immer beschäftigt zu wirken. Schnellen Fußes machte er sich auf den Weg zur Hofburg.
Als er die Große Halle betrat, war gerade eine hitzige Diskussion im Gange. Während Sigurd in der Mitte des Saales an der Wand lehnte, hatte sich der Rest des Raumes, bis auf einige Unschlüssige, die sich wie Arvid an der Tür aufhielten, in zwei Gruppen aufgeteilt. Arvid kannte beide Wortführer, aber viele der anderen Männer waren ihm, einem der besten Kenner der anduilischen Hofpolitik, unbekannt. Zu viele neue Männer waren in den letzten Monaten in verantwortungsvolle Positionen aufgerückt. Fasziniert beobachtete Arvid die Diskussion. Noch vor wenigen Monaten hatte er dieses alte Ritual nur aus Schriftrollen gekannt, denn am Königshof hatte das Wort des Königs gegolten und sonst nichts. Doch hier wurden fast alle Streitfragen so entschieden. Der Raum teilte sich in zwei Hälften und es wurde solange geredet, bis sich jeder im Raum für eine der beiden Seiten entschieden hatte. Auch daraus konnte Arvid schließen, dass die Diskussion schon länger dauerte, denn nur noch wenige schienen unentschlossen. Gerade hatte Hafgrimr das Wort. Der alte Krieger war für seinen Starrsinn und seine laute Stimme berüchtigt und stammte aus dem Norden des Landes. Am Königshof war er Arvids Wissen nach nie gewesen. Er war ein wilder Krieger aus dem Norden, ohne jede Kultur.
„Wir müssen die Männer ihre Anführer selbst wählen lassen. So wie es früher gewesen ist! Zu viele haben sich im Krieg als unfähig erwiesen und was im Frieden stört, kostet im Krieg Leben. Vor fünfzig Jahren hätten uns die Taisin nicht so einfach ins Meer getrieben, aber seitdem sind wir fett und faul geworden!“
Kaum war seine durchdringende Stimme verstummt, fing sein Gegner, Skjoldr, der junge Sohn des Herzogs von Varinga, an zu sprechen. Arvid mochte den deutlich jüngeren Adeligen, der lesen und schreiben konnte und sich häufig in Anduil aufgehalten hatte.
„Viele Männer sind in der Schlacht über sich hinausgewachsen und ich bestreite auch nicht, dass dies nicht nur Adelige waren. Aber im Moment sind
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