Der Pfad des Kriegers (German Edition)
umgedreht und wieder schlafen gelegt. Vor Wut und Enttäuschung hatte Thomas den ganzen Rest der Nacht wachgelegen. Und aus Angst vor der Bestrafung, die dann nie kam. Am nächsten Morgen hatte Hafgrimr ihn wieder hinaus aufs Feld geschickt und kein Wort mehr über die Angelegenheit verloren.
Beim nächsten Mal hatte Thomas gewartet, bis Hafgrimr eine Gruppe Krieger nach Süden begleitete. Die anderen Bewohner des Langhauses waren nicht halb so wachsam wie Hafgrimr und so hatte er fast den Rand der Siedlung erreicht, bevor ihn eine Wachpatrouille anrief. Das anschließende Wettrennen hatte er verloren. Beim dritten Mal ging es genauso aus. Jede Mal war er unbestraft geblieben, auch wenn sein Schlafplatz jetzt an die Stelle im Langhaus verlegt worden war, die am weitesten vom Eingang entfernt war. Zwei Wochen war sein letzter Fluchtversuch jetzt her und die Planungen für den nächsten waren noch nicht allzu weit gediehen. Eine Flucht schien aussichtslos. Aber er musste es wieder versuchen, er wollte nach Hause, einfach nur heim, zu seiner Familie, seinen Freunden, zu Menschen die ihn verstanden, die mit ihm redeten und ihn nicht nur mehr oder weniger freundlich ignorierten. Er war einsam hier, so einsam wie er es sich nie hatte vorstellen können. Früher hatte er sich oft etwas Einsamkeit gewünscht, wenn das dichtgedrängte Leben seines Dorfes ihm keine Ruhe, keinen Rückzugsort gelassen hatte. Aber jetzt sehnte er sich nach dem ganzen Trubel, den aufgeregten Stimmen seiner Geschwister, dem Geschwätz der alten Männer, sogar nach dem Bellen der Hunde. Nicht, dass die Maegrin nicht auch Hunde hatten. Aber die waren hässliche kleine Biester, kein Vergleich mit den stolzen Wolfshunden seines Volkes. Er musste einen Weg finden zu entkommen, beschloss er, während er sich daran machte eine zweite Reihe Rüben abzuernten.
IX
Nur zum Teil unterdrückte Schmerzensschreie hallten über den Platz, unterbrochen nur von Barretts gebellten Befehlen. Überall auf dem großen Feld waren kleine Gruppen schwitzender Männer damit beschäftigt, mit schweren Übungsschwertern aufeinander einzuschlagen. Zufrieden blickte der junge König auf seine Männer.
„Sie werden gute Krieger abgeben!“
„Ja, Eogan, das werden sie!“, antworte der König dem Befehlshaber seiner Leibgarde und überhörte bewusst den Mangel an Respekt.
„Und sie werden meine Männer sein, ganz allein meine“, fügte er in Gedanken hinzu. Wenn sie diese Barbaren aus dem Norden besiegen wollten, mussten diese Stammesstreitigkeiten ein Ende haben. Wenn er eins auf dem Kontinent gelernt hatte, dann, dass die einzig sichere Machtgrundlage eines Herrschers bewaffnete Männer waren, die nur ihm folgten. Seit drei Monaten war er König, vor drei Monaten war der alte Narr in der großen Schlacht gegen die Maegrin gefallen. Oh, ohne Frage, er war ein großer König gewesen, im Frieden zumindest. Traditionen und Volksfeste hatten ihm sehr gelegen. Aber jetzt war die Zeit gekommen für Männer, die handelten. Für Männer wie ihn und seine Gefährten, den schönen Brendan, Fionn, den Hund und Luag, den sie früher immer Pockengesicht genannt hatten, bis er größer und kräftiger geworden war als sie alle. Freunde waren sie seit Kindestagen, nun war er König und sie bald die mächtigsten Männer des Reiches. Wenn alles gut ging.
„Fionn, bring mir Barrett!“
Fionn war so viel nützlicher als Eogan, dieser alte Mann mit seinen überkommenen Vorstellungen. Sie würden diesen Krieg nur gewinnen wenn sie gemeinsam kämpften und er, Sion, Sohn Sions, würde dafür sorgen. Er würde die Stämme dieses Landes zu einer Waffe schmieden, vor der alle erzittern würden. Die vierhundert jungen Krieger hier waren erst der Anfang. Sie und ihre zukünftigen Kameraden, aus allen Stämmen zusammengesucht, Vertriebene aus dem Norden, Abenteuerlustige aus den Stämmen des Westens, ja vermutlich auch der eine oder andere Verbrecher, würden seinen Traum erfüllen und seinem Volk letztendlich ein besseres Leben ermöglichen. Wie rückschrittlich sie doch im Vergleich zu den Völkern auf dem Festland waren! Aber das würde sich bald ändern.
Inzwischen hatten Barrett und Fionn den kleinen Hügel auf dem er stand fast erreicht. Dem Söldner war der Ärger darüber, dass er bei seinen Instruktionen unterbrochen worden war, deutlich anzusehen, während überall auf dem Platz erschöpfte Krieger zu Boden sanken, dankbar für die unerwartete Pause die sich ihnen bot. Dem
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