Der Pfad des Kriegers (German Edition)
Festländer fehlte jede Form von Respekt, aber Sion wusste, dass er ihn brauchte.
„Nun Barrett, wann kann ich mit meiner Armee rechnen?“, fragte der König in gebrochenem Westisch.
„Die meisten Männer werden in weniger als einem Monat bereit sein, soweit man jemandem auf so etwas wie eine Schlacht überhaupt vorbereiten kann. Einige werden es wohl nie lernen.“ Zufrieden nickte Sion. Es war ein Anfang.
Der große Söldner mit seinem von Narben übersäten Körper faszinierte ihn. Jemand der für Gold kämpfte und für sonst nichts. Nützlich und gefährlich.
„Wann bekomme ich mein Geld?“
Bei dieser Frage hörte Sion mehrere in seiner Umgebung nach Luft schnappen und sah deutlich, wie sich Eogans Hand und vermutlich noch einige andere zum Schwertgriff bewegten, aber er hob die Hand und die Männer um ihn herum entspannten sich wieder. Er brauchte den Söldner noch und hatte die Frage auch erwartet, eine wirklich zufriedenstellende Antwort hatte er jedoch nicht:
„In ein bis zwei Monaten.“
„Ich muss sagen, ich hätte es lieber jetzt, man weiß nie was passiert, wenn ihr versteht, was ich meine?“
Bei diesen Worten machte Luag einen Schritt nach vorne:
„Pass auf, wie du mit seiner Majestät, dem König redest, du Schwein!“
„Eurem König, mein Herr, solange er mich bezahlt, was er nicht ...“
„Dir werde ich Respekt beibringen“, rief Luag, während er seinen Dolch zog. Sion trat etwas zurück, betrachtete das Geschehen jedoch interessiert. Noch bevor Luag den Dolch sicher in der Hand hatte, hatte Barrett in einer Geschwindigkeit, die man dem großen Mann gar nicht zugetraut hätte, einen Satz nach vorne gemacht, und seine Faust in Luags Magen gerammt. Der sackte in sich zusammen. Blitzschnell drehte Barrett Luag, der gar nicht wusste wie ihm geschah, den Arm auf den Rücken. Mit hochrotem Kopf sank der Krieger auf die Knie.
„Genug!“
Sion versuchte seine Stimme laut und fest klingen zu lassen. Er war mit dem Ergebnis durchaus zufrieden.
„Lasst ihn los, Barrett, ihr habt ihn genug gedemütigt. Luag, zurück an deinen Platz!“
Sofort ließ Barrett Luag los und trat an seine ursprüngliche Position zurück. Auch der Verlierer stand langsam auf und ging zu seinem Platz neben dem König. Seine Augen sagten jedoch deutlich, dass für ihn die Sache noch nicht vorbei war.
Die ganze Situation war zwar unerwartet, aber nicht ungelegen. Zufrieden stellte Sion fest, dass beide Männer ihm sofort gehorcht hatten, niemand hatte seine Autorität in Frage gestellt. Zudem hatte der Söldner wieder einmal gezeigt, dass er sein Handwerk verstand. Er war schneller als jeder Mann, den Sion je gesehen hatte. Er machte sich keine Illusionen, was passiert wäre, wenn das Ziel dieses Mannes sein Leben und nicht Luags Magen gewesen wäre.
„Ihr werdet euer Geld erhalten. Dafür werde ich persönlich sorgen. Je schneller ihr die Männer zu fähigen Kriegern macht, desto schneller werdet ihr es in euren Händen halten. Ich zahle nicht gerne für halbfertige Ware.“
Barrett nickte nur und drehte sich dann, ohne um Erlaubnis zu fragen, um, um sich wieder der Ausbildung seiner Männer zu widmen.
„Zu den Schmieden!“
Neben dem Übungsplatz waren die neu errichteten Schmieden Sions bevorzugter Aufenthaltsort. Fernab von all den alten Beratern seines Vaters, die ihm abwechselt schmeichelten oder ihn ermahnten, immer darauf bedacht ihn dabei nicht zu verärgern. Der jüngste unter ihnen war mindestens zweimal so alt wie Sion selbst.
Nein, die Schmieden mit ihrem ständigen Kommen und Gehen, dem Lärm und all den geschäftigen Menschen begeisterten ihn viel mehr als die alten Männer und ihre Ratschläge. Die Schmiede vom Festland hatten sich die Weitergabe ihres jahrhundertealten Wissens teuer bezahlen lassen. Und auch das Eisen hatte viel von seinem wenigen Gold gekostet. Aber am Ende dieses Monats, wenn seine ersten Krieger fertig ausgebildet waren, würden sie schwerer gerüstet sein als jede Armee der Llaevin jemals zuvor. Sie würden so schwer gerüstet sein wie die Maegrin. Und im Gegensatz zu diesen würden sie nicht jeder für sich allein kämpfen, sondern in Formation, als eine Einheit, wie die Heere des Kontinents. Und wenn die Maegrin erst einmal von ihm besiegt waren, würde niemand mehr wagen seine Herrschaft anzuzweifeln.
Die Straße der Schmiede war belebt wie eh und je und während Eogans wachsame Augen jeden Winkel absuchten, stürzte sich Sion begeistert in das Getümmel.
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