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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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entgegen. Mit nackten Händen bahnte er sich einen Weg, schob Lanzen fort, verteidigte sich mit Fäusten und Füßen, setzte schließlich in einem mächtigen Sprung über das Getümmel hinweg und rannte leichtfüßig durch den Park davon.
    Laerte hatte keine Mühe, die Soldaten auf Abstand zu halten. Durch ein Labyrinth von Hecken gelangte er an eine Mauer, kletterte hinauf und blickte sich um. Er stand hoch über der Stadt. Bis zum Fuß der Mauer auf der anderen Seite waren es gut zehn Meter. Auf der anderen Straßenseite reihte sich ein Haus an das andere. Er wollte gerade zum Sprung auf eines der Dächer ansetzen, als er unten Hufschlag vernahm. Mehrere Kutschen erschienen.
    Sie fuhren unmittelbar unter ihm vorüber und wurden von Soldaten begleitet. Laerte zögerte.
    Die Kutschen waren von dunkler Farbe und trugen auf den Dächern Wappen, die er nicht kannte. Er dachte sofort an Hochzeitsgäste und sah darin eine vortreffliche Gelegenheit, seiner Vorführung noch ein wenig Nachdruck zu verleihen.
    Also atmete er tief durch und sprang.
    Krachend landete er auf einer der Kutschen. Der Kutscher hatte kaum Zeit, sich umzudrehen, als Laerte ihn auch schon mit einem Tritt ans Kinn kampfunfähig machte. Die Pferde wieherten, überraschte Rufe wurden laut. Der Zug kam zum Stehen.
    Es waren Frauenstimmen. Laerte ließ sich über das Dach der Kutsche abrollen und landete unsanft auf dem Pflaster. Ein stechender Schmerz fuhr ihm durch die Brust. Der Odem . Offenbar kam er aus der Übung. Das Wichtigste war jetzt, sich wieder in die Gewalt zu bekommen. Die Nachwirkungen könnten seinem Körper Schaden zufügen. Schwer atmend versuchte er sich zu beruhigen.
    Weil seine Sinne schärfer zu sein schienen als sonst, schloss er daraus, dass ihm noch etwas Zeit blieb, ehe sich die Folgen des Odems verflüchtigten. Rechts und links von ihm verließen die Kutscher ihre Kutschböcke, und die Begleitsoldaten machten sich bereit. Er brauchte sich nur umzudrehen, die Straße entlangzulaufen und zu verschwinden.
    Als er sich jedoch aufsetzte, löste sich seine Sicherheit mit einem Mal in Wohlgefallen auf. Sein Herz setzte einen Schlag aus, und er fürchtete, seine Beine könnten unter ihm nachgeben.
    Die Vorhänge der Kutsche waren von einer zarten Hand beiseite geschoben worden. Eine Frau blickte ihn erschrocken an, doch ihre Überraschung schadete ihrer Schönheit keineswegs. Die Jahre hatten ihrer samtigen Haut nichts anhaben können, und ihre Locken, die auf ihre entblößten Schulter niederfielen, schimmerten noch immer in der Schwärze des Westens.
    Der Augenblick dauerte nur Sekundenbruchteile, doch sie erschienen Laerte wie eine Ewigkeit.
    »Da ist er!«
    »Lasst ihn nicht entkommen!«
    »Es ist der Assassine!«
    Die Stimmen erschienen ihm wie ein Flüstern, aus dem sich, dank des Odems , nur das Herzklopfen der Frau hervorhob. Sie saß da wie versteinert. Plötzlich fiel ihm ein, dass sie nur die Maske des Kaisers auf seinem Gesicht sah und ihn nicht erkannte. Für sie war sein Anblick nur der einer zerbrochenen Erinnerung – wie der Riss, der die goldene Oberfläche zerteilte. Dennoch hielt sie den Vorhang wie gebannt geöffnet. Ihre Lippen bewegten sich leicht, doch kein Ton drang über ihre Lippen. Er nahm nichts anderes wahr als ihr Herz. Als ein Mann seinen rechten Arm ergriff, wehrte er sich nicht. Ein zweiter Soldat packte ihn links.
    Esyld …
    Er wollte sich auf die Kutsche werfen, die Tür aufreißen, Esyld herauszerren und weit, weit fortbringen. Alles hätte in dieser Nacht enden können.
    »Ich habe ihn!«
    »Rühr dich nicht!«
    Sie nahm die Hand fort, und der Vorhang fiel zurück, als sei nichts gewesen. Eine Sekunde lang glaubte Laerte, geträumt zu haben. Aber dafür pochte sein Herz zu stark, zu schnell, zu überwältigt. Den Klang der gezückten Schwerter nahm er kaum wahr. Seine gesamte Umgebung kam ihm vor wie im dichtesten Nebel. Irgendwelche verschwommenen Gestalten zwangen ihn, niederzuknien.
    Er fühlte sich so schwach, dass er gehorchte.
    Stolzer kleiner Mann …
    »Vorwärts! Vorwärts!«, befahl eine Stimme.
    Hufe klapperten über das Pflaster, Räder setzten sich knirschend in Bewegung. Das Herz entfernte sich.
    Ein salziger Geschmack auf den Lippen brachte Laerte in die Wirklichkeit zurück. Plötzlich sah er wieder klar. Die Kutschen, die beiden Männer, die ihn festhielten, und einen dritten, der nach seinem Schwert griff.
    Flieh, Laerte! Flieh!
    Er ließ die Schultern vorschnellen, brachte damit

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