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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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immer schneller wurde. Er schien nervös zu sein. Die hohen Steinstatuen zu Ehren der Götter würdigte Azdeki keines Blickes.
    Die gewaltige Kuppel des großen, runden Ballsaals war mit Gemälden aus der Geschichte der Cagliere geschmückt. Unter der Decke fanden sich Darstellungen der ersten Kaiserstadt und der großen Schlachten gegen das Königreich Majorane sowie Bilder von Göttern, die das Geschick der Familie segneten. Außerdem sah man den ersten Kaiser auf der Suche nach dem Liaber Dest und schließlich eine halbnackte Frau, die das Herz eines Mannes mit einer schimmernden Lanze durchstach. Adismas war im Zentrum der Kuppel dargestellt. Er trug einen roten Mantel, hatte den Blick auf den mit schwarzen Sternen geschmückten Marmorboden gerichtet, und sein mit Blumen geschmückter Bart verlieh ihm das Aussehen eines Weisen. In der Linken hielt er ein Buch, in der erhobenen Rechten schimmerte Eraëd in göttlichem Licht.
    In meiner Linken das Buch, in meiner Rechten das Schwert.
    Azdeki verschwand hinter den großen, weit geöffneten Portalen des Ballsaals. Laerte war sich bewusst, dass hier weder der richtige Ort noch die richtige Zeit zum Handeln war, obwohl sein Verlangen jeden seiner Sinne beherrschte. Am liebsten hätte er sich gleich in diesem Moment auf Azdeki gestürzt und ihm ohne jegliches Risiko sein Schwert von hinten durch den Leib gebohrt.
    Und mir zu Füßen liegt die Welt …
    Nein. Azdeki war nicht der einzige Verantwortliche. Dass die anderen – Leute wie Bernevin und Rhunstag – nach dem Attentat auf den Ratsherrn nicht sofort aus Masalia geflohen waren, lag ausschließlich am Stolz ihres Anführers.
    Etienne Azdeki würde niemals aufgeben. Nicht so kurz vor dem Ziel. Dazu war er viel zu ehrgeizig. Jetzt hatte er so lange geduldig gewartet, dass er nicht mehr hingehalten werden wollte. Der Tag, an dem er seinen Sohn verheiraten würde, wäre auch der seines Triumphs.
    Laerte schlug eine andere Richtung ein. Er wollte Azdeki von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten und überlegte kurz, welches der sicherste Weg wäre, dem Ratsherrn zu begegnen. Wieder einmal meldeten sich nagende Zweifel. Trotz allem aber wusste Laerte, dass er in der Lage war, diese Probe zu bestehen. Immerhin hatte er einen Drachen unschädlich gemacht. Wenn er Azdeki jedoch begegnete, würde er die Wut unterdrücken können, die ihn seit Jahren innerlich zerfraß?
    Um sich zu beruhigen, wiederholte er im Geiste den letzten Schritt ihres Plans, bei dem er Azdeki ganz für sich allein hätte, ohne jemanden bloßzustellen.
    Er wählte die schmalsten Gänge, in denen sich die Wachen auf ihren Rundgängen nur selten blicken ließen. In zwei Tagen würde es vermutlich keine Möglichkeit mehr geben, sich unbemerkt durch den Palatio zu bewegen. Vor und während der Nacht der Masken wurde jeder Winkel gründlich durchsucht, und selbst die nähere Umgebung war gesperrt. Obwohl er sich stark genug fühlte, es mit einer ganzen Armee aufzunehmen, wusste Laerte, dass es dann nur noch eine Möglichkeit gab, das Gebäude zu betreten – auch wenn es ein ziemlich paradoxes Mittel war.
    Er beschleunigte den Schritt und hoffte, schnell genug zu sein, um Azdeki den Weg abzuschneiden. Schließlich versteckte er sich in einer Nische am Eingang eines weitläufigen Saals mit bodentiefen Fenstern, wo er an die Wand gelehnt geduldig wartete. Schon bald näherten sich Azdekis hallende Schritte.
    »Es it allae …«
    Lange hatte Laerte darüber nachgedacht, mit welchem Satz er Azdeki ansprechen sollte. Am liebsten hätte er ihm seine Wut ins Gesicht geschrien und ihm gesagt, wer er war, um ihm ihr letztes Zusammentreffen ins Gedächtnis zurückzurufen. Das jedoch kam ihm zu hochmütig vor und hätte sich vielleicht negativ auf ihre Mission auswirken können.
    Azdeki blieb stehen. Er schien weder überrascht zu sein, noch sich zu fürchten. Sein Gesicht blieb so ausdruckslos wie das des Maskierten, der ihm den Weg verstellte. Laerte war mit gekreuzten Armen aus dem Schatten der Nische getreten.
    »Es it alle en … es it allarae«, fuhr Laerte mit ernster Stimme fort. »So lautet der Wahlspruch von Masalia, nicht wahr? Was Ihr wart, was Ihr seid, was Ihr werdet.«
    Öllämpchen zauberten ein Licht- und Schattenspiel auf die rote Wandbespannung des Korridors. Hier also, nicht weit entfernt von den großen Salons, würde der letzte Akt beginnen.
    »Wer seid Ihr?«, fragte Azdeki mit fester Stimme.
    Er hatte sofort zu seinem Schwert gegriffen.

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