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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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Kaiserpalast. Laerte sehnte sich unendlich danach, sie wiederzusehen. Er war gerade auf dem Weg zu ihr, als er in einem großen Innenhof aufgehalten wurde. In der Mitte des Hofs hatte man ein Gerüst errichtet, das ihm nur zu bekannt war.
    »Tod den Verrätern! Tod den Verrätern! Tod den Verrätern!«, skandierten einige der Anwesenden.
    Ihre Stimmen klangen wie Trommelwirbel. Es waren Zöglinge der Akademie, die sich ganz der Verteidigung des Kaisers verschrieben hatten und durch ihre Erziehung verblendet waren. Sie hatten sich zu Füßen des Galgens versammelt. Auch Soldaten, Höflinge und Diener waren auf dem Platz, zeigten aber deutlich weniger Begeisterung.
    Es gab einen lauten Knall, gefolgt von dem schrecklichen Geräusch brechender Knochen. Drei Männer mit entsetzlich zugerichteten Körpern und verzerrten Gesichtern baumelten an den Seilen. Laerte konnte den Anblick kaum ertragen und senkte die Augen.
    »Sie stammten aus den Salinen«, ließ sich eine raue Stimme hinter ihm vernehmen. »Man hielt sie für Verschwörer, da bedurfte es keiner Beweise. Ein paar Gerüchte haben zu ihrer Verurteilung genügt.«
    Laerte blickte sich um. Das Gesicht des Freunds beruhigte ihn. Er lächelte. Sie hatten sich viele Monate nicht gesehen, und Laerte freute sich, dass es seinem Freund sichtlich gut ging. Rogant hatte sich verändert. Ebenso wie Laerte war auch er gewachsen und überragte ihn inzwischen um einen ganzen Kopf.
    »Mir scheint, dass ich nicht im besten Moment zurückgekommen bin«, meinte Laerte.
    »Mir scheint eher, dass sie nicht die richtigen Leute erwischt haben, Grenouille. Eigentlich müsstest du da oben baumeln«, spöttelte der Nâaga.
    »Und wer würde dich dann verteidigen?«
    Der Scherz gefiel Rogant überhaupt nicht. Er grinste Laerte grimmig an.
    »Das war nur ein einziges Mal«, gab er frech zurück und verschränkte die Arme.
    Eine Tunika aus Leder bedeckte seinen muskulösen Oberkörper. Vom Gesicht über den Hals bis zu den Schultern wanden sich fremdartige Tätowierungen. Seine Leinenhose bauschte sich über den gewichsten Lederstiefeln, und an seinem Gürtel hing ein Dolch. O ja, während Laertes Abwesenheit schien sich einiges verändert zu haben.
    »Du bist ja bewaffnet«, stellte Laerte im Weitergehen fest. Rogant folgte ihm ins Innere des Palasts.
    »Ich dachte immer, Sklaven hätten nicht das Recht, sich zu verteidigen.«
    »Ich stehe als Leibwächter im Dienst des Herzogs De Page«, erklärte Rogant. »Er hat meine Talente als Krieger entdeckt.«
    »Der Mann scheint Humor zu haben«, flachste Laerte.
    »Diese Feststellung vonseiten eines Ritterlehrlings namens Grenouille lässt mich kalt«, konterte Rogant.
    Je tiefer sie in die Dienerquartiere vordrangen, desto weniger Licht drang in die Gänge. In einem schmalen Flur blieb Laerte stehen. Licht und Schatten hielten sich hier die Waage. Das Flackern der Fackeln zuckte über Laertes Gesicht. Mit einem kurzen Blick nach rechts und links vergewisserten sich die Freunde, dass ihnen niemand gefolgt war, dann fielen sie sich lachend in die Arme.
    »Wie gut es doch tut, dich lebend wiederzusehen«, sagte Rogant und klopfte Laerte den Rücken.
    »Ich habe noch einiges zu erledigen, ehe ich mich aus diesem Leben verabschiede.«
    »Wie war es im Vershan?«
    »Ganz schön anstrengend«, erwiderte Laerte und löste sich von seinem Freund. »Und du? Wie geht es dir?«
    »Ich bin leider noch immer kein freier Mann. Aber in den Diensten von De Page kommt es mir fast so vor. Das bleibt bitte unter uns. Die Zeiten sind schwierig. Jeder, der auch nur die geringste Kritik am Kaiser äußert, wird sofort verdächtigt.«
    »Was wäre, wenn dein Herr alles über unsere Unterredungen wüsste?«
    Der amüsierte Gesichtsausdruck seines Freunds ließ Laerte endlich begreifen. Tatsächlich stand der Name des Herzogs De Page auf einer Liste, die von Tag zu Tag länger wurde. Es war die Liste mit den Namen der Adligen, die sich dem Protest angeschlossen hatten und die Aufständischen logistisch unterstützten.
    Was allerdings Laerte anging … was tat er, um der Sache zu nützen? Der Form halber die Aufständischen zu bekämpfen und gleichzeitig die Revolte zu unterstützen – diese beiden Dinge ließen sich nur schwerlich vereinen. Und doch hielt er daran fest, ohne seine Wahl infrage zu stellen. Für ihn zählte ausschließlich die Aussicht auf den Tag, an dem er bereit war, sich dem Kaiser entgegenzustellen.
    Rogant wusste über seine Absichten Bescheid.

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