Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
ebenfalls, wenn es so weit ist?«
Seinen Lehrmeister töten? Dun war sein Feind und würde eher sterben als zuzulassen, dass der Kaiser gestürzt wurde. Die Vorstellung, der General könne sich zwischen ihn und den Kaiser stellen, griff wie eine eisige Hand nach Laertes Herz. War Grenouille etwa dabei, den Sieg über Laerte davonzutragen? Auch wenn er es heftig leugnete, empfand er doch eine gewisse Zuneigung für Dun. Würde er diese Gefühle vergessen können, wenn es um seine Rachepläne ging?
»Ich werde alles tun, was nötig ist«, flüsterte er mit Blick auf die weißen Steine. »Ich bin bereit. Vertrau mir, ich werde es schon schaffen. Ich werde das Kaiserreich ganz allein stürzen. Für dich!«
»Laerte!«
»Grenouille«, ertönte eine grollende Stimme.
Laerte blickte sich um und sah Dun, der mit großen Schritten eilig auf ihn zukam. Esylds zarte Hand, die auf seiner Schulter lag, fühlte sich an wie eine Liebkosung, und als sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern, wäre er am liebsten mit ihr weit weg geflohen, fern von Krieg und Gewalt. Irgendwohin, wo man alles vergessen konnte.
»Vergiss nie, dass ich dich immer lieben werde. Und pass morgen auf dich auf.«
Er blickte ihr nach, wie sie sich im goldenen Sonnenlicht auf den weißen Steinen des Stegs entfernte. Sanfte Schatten glitten über ihren perfekten Körper, bis sie die Tür zum Turm erreichte und dahinter verschwand. Dun stand inzwischen hinter Laerte.
»Seit Stunden suche ich nach dir«, sagte der General vorwurfsvoll.
»Du warst in solchen Dingen schon einmal besser«, antwortete Laerte und versuchte, seine Anspannung so gut wie möglich zu verbergen.
Er wandte den Blick nicht vom Steg, als könne er die junge Frau noch immer sehen.
»Wenn du deine Zeit nicht mit Aladzio verbringst, dann mit ihr«, seufzte Dun. »Und du weißt, was ich davon halte.«
»Ich habe mit den Kadetten trainiert, Sumpfschnepfe«, behauptete der junge Mann phlegmatisch.
»Und was ist, wenn wir morgen wieder an die Front geschickt werden? Du solltest nicht mit Kadetten trainieren. Du bist schließlich ein Ritter, Holzkopf.«
»Ich werde bereit sein«, versicherte er knapp.
Endlich drehte er sich zu seinem Meister um. Er konnte sich beim besten Willen keine Sympathie für Duns verwüstetes Gesicht abringen. Die hellen Augen des Generals brannten wie Feuer, sein Blick war streng. Laerte trat an den Rand des Stegs. Er wollte nicht schon wieder Vorwürfe hören. Es war nicht das erste Mal, dass Dun ihn vor Esyld warnte. Meistens gab er vor, sie halte ihn von seinen Studien ab, beeinträchtige seine Konzentration und habe einen schlechten Einfluss auf ihn. Aber dieser Mann war nicht sein Vater. Er hatte kein Recht, ihm zu sagen, wen er treffen und was er tun sollte!
»Du verbringst deine Zeit doch auch mit Mildrel«, knurrte er.
»Das ist nicht das Gleiche.«
»Außerdem verlangt der Kaiser von dir nicht, ununterbrochen zu üben. Ich hingegen trainiere jeden Tag von morgens bis abends, und zwar schon die ganze Zeit, seit wir wieder hier sind. Ich habe ein Recht, sie zu sehen.«
»Das ist nicht das Gleiche«, wiederholte Dun sanft.
Wie Laerte diesen wohlmeinenden, scheinheiligen Tonfall hasste! Jedes Mal, wenn eine Diskussion unangenehm zu werden drohte, verhielt sich Dun so, und das fachte Laertes Wut erst recht an.
»Und wieso nicht?«, ereiferte sich Grenouille und blickte ihm gerade ins Gesicht.
»Weil Mildrel kein Flüchtling ist«, gab Dun sofort zurück.
»Schon wieder diese Geschichte«, nickte Laerte.
Er hatte es selbst erlebt. Bei Hof machten die wildesten Geschichten die Runde. Irgendwelche Leute schmiedeten Komplotte, und die Flüchtlinge aus den Salinen wurden als Erste verdächtigt. Dass die Tochter des Schmieds von Guet d’Aëd noch am Leben war, grenzte an ein Wunder. Dass sie von einem Adligen protegiert wurde, brachte die Gerüchte keineswegs zum Verstummen.
Dun machte sich wirklich Sorgen um ihn. Ein brennender Schmerz fuhr in Laertes Herz. Er fühlte sich buchstäblich zwischen seinen Empfindungen hin- und hergerissen. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, jemanden zu verraten, den er doch eigentlich liebte.
Tötest du ihn, wenn es so weit ist?
»Ich habe es dir bereits gesagt, als wir aus Kapernevic zurückkehrten: Vergiss diese Frau, zumindest vorläufig. Hast du nicht bemerkt, wie hier jeder jedem misstraut? Negus hat mich gewarnt, und jetzt warne ich dich.«
»Ich stamme ebenfalls aus den
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