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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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verscheuchen.
    »Grenouille.«
    »Grenouille?«, fragte Viola.
    Duns Blick verlor sich in der Ferne. Er bewegte den Kopf. In der Schenke saßen nur noch wenige Gäste. Wie lange hatte er geredet? Vermutlich viel zu lang. Wieder einmal hatte er sich volllaufen lassen. Die Kaufleute aus Serray sangen noch immer an ihrem Tisch. Ihre Lider waren schwer, die Becher leer. Der kleine Mann, der Dun am Abend angebettelt hatte, nutzte ihre Trunkenheit aus und leerte ihre Taschen.
    »Wie bitte?«
    »Ihr erzähltet gerade, dass Ihr aus Leibeskräften nach Azdeki gerufen habt, und dann sagtet Ihr aus heiterem Himmel: ›Grenouille‹«, half Viola ihm auf die Sprünge.
    Die Luft in der Taverne war rauchig.
    »Ah«, seufzte Dun und fügte mit flacher Stimme und traurigem Lächeln hinzu: »Grenouille war der Junge. Der Junge, der mir das Leben gerettet hat.«
    War es der Rauch, der in seine Augen biss und sie rötete? Sein Gesicht wurde hart. O ja, er hatte zu viel geredet, zu viel gesagt, zu viel verraten.
    »Aber das ist nichts. Das können wir getrost vergessen.«
    »Er hat zu viel getrunken«, stellte der Wirt fest, während er am Nebentisch die leeren Krüge einsammelte. »Ihr solltet ihn besser nach Hause bringen.«
    Überrascht zog Viola die Augenbrauen hoch.
    »Er wohnt bei Mildrel, der Kurtisane, nur zwei Straßen von hier. Wir liefern ihn da immer ab, wenn er wieder mal nur noch ein Weinfass auf zwei Beinen ist«, erklärte der Wirt, ehe er müde hinter seinen Tresen zurückschlurfte.
    Dun-Cadal hatte gefährliche Schlagseite. Seine Nase hing fast in seinem Becher, die Augen waren halb geschlossen.
    »Der Junge«, wiederholte Viola nachdenklich.
    Da hob der alte Ritter den Kopf, als hätte er nichts von seiner Lebenskraft verloren. Seine weit geöffneten Augen glänzten seltsam.
    »Der größte Ritter, den die Welt je gesehen hat.«

3
    VERWUNDUNG
    Alle Wunden heilen irgendwann.
    Nur die Narben erinnern noch an sie.
    Zwar ist der Schmerz dann weniger heftig,
    aber nicht weniger tief.

    W ahrscheinlich hatte er sehr lang geschlafen, doch welche Rolle spielt schon die Dauer des Schlafs, wenn der Schädel vom Gewicht vieler Krüge Wein fast zermalmt wird. Mit bohrenden Kopfschmerzen richtete er sich auf. Sein Lager war zerwühlt. Ihm war, als dringe eine scharfe Klinge in seinen Nacken. Die Sonne stand bereits im Zenit. Ihre Strahlen drangen durch die braunen Vorhänge, zeichneten leuchtende Spuren auf den sorgfältig gewienerten Parkettboden und schmerzten in den Augen. Er hob eine Hand vor das Gesicht und brabbelte vor sich hin. Es war eine Sache, sich selbst zu vergessen und seine Vergangenheit im Wein zu ertränken, aber eine ganz andere, sich mit brummendem Schädel plötzlich wieder zu erinnern. Abgesehen von Stiefeln und Weste, die ihm jemand abgenommen haben musste, war er vollständig bekleidet. Schließlich fiel ihm ein, wo er war, und er empfand eine winzige Enttäuschung. An der Wand stand eine Waschschüssel neben einem hohen Spiegel. Er gab ein blasses Abbild des Ritters wieder, der er einst gewesen war.
    Die Tür öffnete sich, und eine Dame trat ein. Trotz ihres fortgeschrittenen Alters war sie immer noch sehr schön. Locken ringelten sich auf ihren nackten Schultern. Ein grünes Kleid umspannte ihre Taille, ein Korsett betonte ihre Brust, und um ihren Hals hing eine Kette mit einem Anhänger in Form eines Schwertes. Die kleinen Fältchen um ihre meerblauen Augen taten ihrer Schönheit keinen Abbruch. Mit einem Tablett in der Hand trat sie ans Fenster und setzte ihre Last auf dem sonnenüberfluteten Tisch ab. Dun-Cadal saß mit ausgetrocknetem Mund am Bettrand, massierte sich den Nacken und hoffte, dass der Schmerz bald vorüberginge. Als ihr Lavendelduft ihn streifte, vergaß er sein Ungemach für einen kurzen Augenblick.
    »Ich nehme an, du erinnerst dich an nichts«, sagte sie und nahm einen Korb mit Brot, einige Äpfel, einen Krug und ein Glas vom Tablett.
    Der Klang ihrer Stimme bewies, dass sie keineswegs schüchtern war, obwohl sie dem Ritter den Rücken zuwandte und den Kopf über das Tablett gesenkt hielt. Es geschah nicht zum ersten Mal, dass er hier aufwachte, ohne sich erinnern zu können, wie er ins Bett gekommen war.
    »Eine junge Frau mit roten Haaren hat dich hergebracht«, berichtete sie und füllte das Glas mit Fruchtsaft. »Genau genommen nicht sie, sondern ein Nâaga. Er musste dich tragen. Deine Beine waren wohl schon eingeschlafen.«
    Der Nâaga. Viola. Nach und nach kehrte die

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