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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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den Abgrund, denn wenn du ihm folgst, musst du deine Wut unentwegt nähren und immer rückwärts schauen. Immer. Rache schreit nach Rache.«
    Langsam ging Dun auf ihn zu.
    »Du hast die Wahl, Laerte von Uster. Du hast die Wahl, mein Sohn!«
    Regungslos blickte er Laerte an.
    »Ich bin immer so stolz auf dich gewesen!«
    Ohne eine Reaktion abzuwarten betrat er das Haus. Letztendlich ging es ihn nichts an, welche Wahl Laerte treffen würde – er wollte ihn nur daran erinnern, dass eine Entscheidung unausweichlich war.
    Nachdem der General den Hof verlassen hatte, bewunderte Laerte nachdenklich den Sonnenuntergang.
    Wirft man es ins Feuer, so brennt es nicht …
    An diesem Abend würde die Entscheidung fallen. Es ging um alles, wofür er gekämpft hatte, und um alle Opfer, die er wissentlich und unwissentlich gebracht hatte – wie zum Beispiel, Esyld an Balian Azdeki zu verlieren.

    Berührt man es mit einer Klinge, so zerreißt es nicht.
    Es besteht aus dem Murmeln der Götter, und nichts und niemand kann es zerstören.
    Das Heilige Buch war unzerstörbar. Aladzio hatte den Beweis dafür selbst miterlebt, als sein neuer Herr das Buch in das brennende Kaminfeuer warf. Das Leder war nicht einmal schwarz geworden, und nachdem Azdeki es aus den Flammen geholt hatte, forderte er Aladzio auf, einen Dolch hineinzubohren.
    Die Klinge war zerbrochen.
    Dass das Liaber Dest mehr als nur ein einfaches Buch war, stand unerschütterlich fest. Aber enthielt es tatsächlich die Geschicke der Menschheit, wie die Legende behauptete? De Page, der dem Fangol-Orden kritisch gegenüberstand, zweifelte daran. Die Azdekis hingegen waren sich dessen ganz sicher. Und was Aladzio anging …
    Der Erfinder fühlte sich hin und her gerissen zwischen seinem wissenschaftlichen Ansatz und der Hoffnung, dass es noch etwas Größeres gab als die menschliche Vernunft. Zwar bemühte er sich, die Welt zu begreifen, doch der Gedanke an etwas Höheres – etwas Göttliches – ging ihm nicht aus dem Sinn, als suche er nach einer Grenze für seine Intelligenz.
    In dem Labyrinth der Legenden vermochte er gewisse Wahrheiten zu erkennen, darunter die, dass es einen uralten Turm gab, unter dem das Wissen schlummerte. Ausgehend von den rätselhaften Formulierungen auf den ersten Karten der alten Königreiche, gelang es ihm, den ungefähren einstigen Standort des Gebäudes zu bestimmen. Als er sich endlich beklommenen Herzens dorthin begab, befürchtete er, er werde nichts als Ruinen finden. Doch unter den wackeligen Steinen, die ein in Ungnade gefallener Mönch hütete, erwarteten ihn die ersten großen Bücher, geschrieben von den Mönchen des Fangol-Ordens.
    In früheren Zeiten hatte Galapa im Fangol-Turm gelebt, dem Hauptsitz des Ordens und ersten Kloster überhaupt. Kurz vor dem Aufstand in den Salinen war er verbannt und mit der undankbaren Aufgabe betraut worden, Überbleibsel aus der Vergangenheit zu hüten, über die sich alle Welt lustig machte. Und doch schlummerte in diesem alten Gemäuer ein unendliches Wissen, das nach dem Hinscheiden der großen Weisen des Fangol-Ordens in Vergessenheit geraten war. Die wichtigste Aufgabe der Mönche, deren Orden sowohl die Königreiche als auch alle Kaiser überlebt hatte, bestand nämlich in strikter Geheimhaltung.
    In jenem Turm entzifferte, übersetzte und begriff Aladzio, in welchem Maße der Orden die Geschichte auf seine eigene Weise dargestellt und nebulöse Legenden so lange immer weiter abgeschrieben und verbreitet hatte, bis niemand ihnen mehr widersprach. Es hatte Jahrhunderte gedauert, bis sich keine abweichenden Darstellungen mehr fanden. Die ersten Werke enthielten noch Niederschriften zu kultischen Handlungen, die sich von denen zur Zeit der Dynastie Reyes kaum unterschieden.
    In zahlreichen alten Texten, die über das Liaber Dest berichteten, fand Aladzio eine merkwürdige Übereinstimmung mit Zitaten über eine göttliche Klinge. Im Lauf der Jahrhunderte war ein oft diskutierter Satz erhalten geblieben: In meiner Linken das Buch, in meiner Rechten das Schwert, und mir zu Füßen die Welt.
    Sowohl die Fangol-Mönche als auch die gebildeten Adligen waren sich über die Symbolkraft dieses Satzes einig gewesen. Die Hypothese, man könne ihn wörtlich nehmen, galt längst als widerlegt. Und doch …
    Mir zu Füßen die Welt.
    Welches Schwert sollte gemeint sein, wenn nicht Eraëd? Welche Klinge, wenn nicht die unralte der einstigen Kaiser?
    Für Aladzio stand fest, dass beides eng miteinander verbunden

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