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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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Vershan zu Eurem rechtmäßigen Ehegatten nehmen?«
    Laertes Herz setzte aus. Es wurde sehr still im Kirchenschiff. Selbst die Tauben hatten aufgehört zu gurren. Im vielfarbigen Sonnenlicht, das durch die Glasfenster der Kathedrale drang, schien sich Esylds Gesicht zu verhärten. Tränen traten in ihre Augen.
    »Nein! Sag Nein!«, flüsterte Laerte. »Bitte, sag Nein.«
    Er beugte sich über die Brüstung und zog sein Schwert. Der Priester wurde unruhig und warf Etienne und dessen Onkel verwirrte Blicke zu. Schließlich stellte er die Frage erneut: »Esyld Orbey, Tochter der Alena Angenet und des Guy Orbey, wollt Ihr Balian Azdeki zu Eurem rechtmäßigen Ehegatten nehmen?«
    »Nein!«, flüsterte Laerte verzweifelt.
    Die Leute begannen, verlegen zu husten.
    »Sag Nein! Nein!«
    Esyld hob die tränenfeuchten Augen zum Priester empor – und lächelte! Ein strahlendes Lächeln.
    Nein! Das konnte nicht sein! Man hatte sie gezwungen zu heiraten. Sie wollte es nicht! Die Azdekis hatten sie manipuliert, wie sie alle manipulierten. Warum sollte Balian anders sein? Wie war es möglich, dass sie ihn liebte? Laerte kochte vor Wut.
    »Ja, ich will«, antwortete sie leise.
    Die Gäste waren so erleichtert, dass sie lautstark applaudierten.
    »Hiermit erkläre ich Euch im Namen der Götter und der Republik, die sie behüten, zu Mann und Frau«, verkündete der Priester. »Trinkt nun aus diesen Kelchen, um Eure Verbindung zu besiegeln.«
    Dinge verändern sich, und Menschen verändern sich auch. Der Krieg ist vorüber, Laerte.
    Wie konnte sie diesen Mann nur so zärtlich küssen? Wie konnte sie die Hand auf seine Wange legen, als wollte sie ihn nie wieder loslassen? In seinem Kopf machte sich das Bild ihrer nackten Körper breit. Zornig zog er sich ein Stück zurück, aber immer noch hatte er die Szene vor Augen, wie sie einander festhielten und sich leidenschaftlich umschlangen. Seine Haut an ihrer Haut, seine Lippen auf ihren Lippen. Und ihr Herz gehörte ihm.
    ICH FÜHRE NOCH KRIEG!
    Er kauerte sich auf den Vorsprung und umschlang seine Beine wie ein Kind. Sein Atem ging schwer. Er wollte sich nur noch auf Balian stürzen, ihn bei lebendigem Leib zerreißen, ihn schlagen, ihn zerstören, ihm die Lippen abschneiden, ehe er Esylds Körper damit berührte, ihm die Hände abhacken, mit denen er Esylds Körper liebkost hatte, mit der Faust auf ihn eindringen, ihm das Herz aus dem Leib reißen und in tausend Stücke zerpflücken.
    Sie war so schön! Und so glücklich! Nein, sie hatte ihn nicht angelogen. Dinge verändern sich. Viele Jahre waren vergangen, und sie hatte sich von ihm entfernt. Er aber hatte es nicht wahrhaben wollen und für unmöglich gehalten. Anstatt damals bei ihr zu bleiben, war er, ganz besessen von seinem Racheplan, mit Dun in die Schlacht gezogen.
    Während der gesamten Zeremonie blieb Laerte reglos auf dem Vorsprung sitzen. Zum Schluss wurde gesungen, und schließlich läuteten alle Glocken, während die Neuvermählten aus der Kathedrale auszogen und sich auf der Freitreppe feiern ließen.
    Als Laerte schließlich allein im Kirchenschiff war, ließ er sich an der Statue hinuntergleiten und schlich sich durch eine seitliche Pforte aus der Kirche. Er ging vorbei an fröhlich feiernden Menschen, die sich mit bunten Luftschlangen bewarfen, und suchte nach dem jungen Paar. Balian und Esyld standen im hellen Sonnenlicht, lächelten gerührt und ließen die ganze Stadt Masalia an ihrem Glück teilhaben.
    Laerte entfernte sich und ließ einen Teil seines Lebens hinter sich zurück. Ihre Wege hatten sich getrennt. Mit einem Schlag war alles anders geworden.

    »Wir müssen der Sache endlich ein Ende machen«, sagte er gleich an der Eingangstür.
    Alle sahen ihn an. Rogant saß auf dem Sofa, Viola stand am Fuß der Treppe, und Dun kam eben mit einem Becher Wein in der Hand aus der Küche.
    »Und die Hochzeit?«, fragte Viola schüchtern.
    Laerte schwieg. Er weigerte sich, noch einen Gedanken an die Zeremonie zu verschwenden. Diese Episode zählte nicht mehr. Er musste sich auf seine Pläne konzentrieren. In wenigen Stunden würden sie zum Palatio aufbrechen, und auch Dun würde das Haus verlassen. Dann war er wieder frei und vielleicht glücklich darüber, dass er nach so vielen Jahren seinen Grenouille wiedergefunden hatte. Dabei war es in Wirklichkeit Laerte gewesen, der seinen Frieden machen wollte und möglicherweise auf Vergebung hoffte.
    Zielstrebig durchquerte Laerte den Wohnraum. Dun folgte ihm wortlos in den

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