Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
war. Die Wiederholung eines ihm unbekannten Symbols, eines von einer Linie durchzogenen Rechtecks, erwies sich als Anhaltspunkt in der Vielzahl der konsultierten Dokumente. Bis er eines Tages den in der alten Sprache Gueyle verfassten Kodex entdeckte, in dem die Bedeutung der Zeichnung erklärt wurde.
Die Ursprünge des Buchs und des Schwertes verbargen sich zwischen den Zeilen. Einzige Aufgabe der Waffe war es, das Buch zu vernichten.
Weil sie alles daran setzten, ihr Schicksal in den Seiten des Liaber Dest zu finden, hatten die Azdekis das kaiserliche Schwert völlig vergessen. Für sie zählte einzig die Gewissheit, im Lauf der Welt eine gewichtige Rolle zu spielen. Zwar hatten sie die Republik gegründet und waren für die Zukunft des Volkes tätig geworden, doch seit dem Zusammenbruch des Kaiserreichs wurde ihr Ehrgeiz zusätzlich von etwas Düsterem und Geheimnisvollem genährt. Von etwas Mystischem. Von ihrem Glauben.
Das Buch verlieh den Azdekis zwar kein Wissen über das Schicksal der Menschen, machte sie dafür aber zu Herren über die Furcht der Zweifler und den Respekt der Gläubigen. Schließlich befand sich das lange verloren geglaubte Liaber Dest in ihrem Besitz. Sie hatten sich Respekt erworben, indem sie einen Tyrannen absetzten und eine gerechtere Republik ins Leben riefen. Die Unterstützung der Götter schien ihnen sicher.
Doch es gab einen Schwachpunkt. Ein Abkommen, dessen Bedeutung sie nicht erkannt hatten, einen geheimen Pakt, der durch die Jahrhunderte nur Eingeweihten anvertraut wurde: Die Macht wurde geteilt. Das Buch befand sich in der Obhut der Usters, das Schwert war bei den Reyes.
Das Buch und das Schwert aber gehörten zusammen.
»Merkwürdig, findest du nicht?«
Die Fackeln zauberten seltsame Schatten an die Kellerwände des Turms. De Page stützte beide Hände auf den langen Holztisch mit den aufgeschlagenen Büchern.
»Dass er ausgerechnet in Masalia ist …«
»Und er hat das Schwert mitgebracht«, sagte Laerte, der an der Wand lehnte.
De Page blickte ihn an.
»Ich glaube, du hast recht. Dieser Dun-Sowieso …«
Sein leicht spöttisches Lächeln traf auf Laertes unbewegte Miene.
»Mit Sicherheit hat er es irgendwo in seiner Nähe untergebracht. Er macht sich einen Spaß daraus, Schatzsucher zum Vershan zu schicken, während er selbst die Sonne Masalias genießt.«
Er unterbrach sich.
»Die Stadt der Möglichkeiten … Sie trägt ihren Spitznamen nicht umsonst. Was empfindest du für diesen Mann?«
»Nichts mehr, De Page. Er wird kein Hindernis für uns sein. Und reden wird er auch. Ich kenne ihn.«
Seufzend richtete sich De Page auf.
»Wir dürfen keinen Fehler machen«, sagte er ernst. »Nicht einen. Aladzio ist auf dem Weg nach Masalia, um die Nacht der Masken nach den Vorstellungen der Azdekis vorzubereiten. Er hat das Pulver für das Feuerwerk bekommen, und zwar mehr, als er braucht. Einige Ratsherrn haben vor, sich einzuschiffen. Am Hafen wirst du …«
»Ich begnüge mich mit Enain-Cassart«, gab Laerte kalt zurück.
»Etienne Azdeki muss der Letzte sein. Das ist wichtig.«
»Wir haben den Plan zusammen ausgearbeitet, De Page. Zweifelst du etwa an mir?«
Zum ersten Mal gelang es dem Herzog nicht, seine Furcht zu verbergen. Seine Heiterkeit und Selbstsicherheit waren plötzlich wie weggeblasen.
»Nein, natürlich zweifele ich nicht an dir.«
»Warum tust du das alles?«, fragte Laerte plötzlich.
»Was meinst du?«
»Ehe ich nach Masalia reite, möchte ich deine Beweggründe kennen«, erklärte Laerte. »Du weißt ganz genau, was mich antreibt. Aber was ist mit dir? Geht es dir wirklich um die Republik, wie du immer behauptest? Wofür kämpfst du wirklich?«
»Das habe ich dir bereits gesagt. Sie bedrohen die …«
»Warum?«, beharrte Laerte mit leiser Stimme.
Seit dem Zusammenbruch des Kaiserreichs hatte der Herzog Laerte betreut. Alle Informationen und Folgerungen, auf denen ihr Plan beruhte, waren von ihm gekommen und nach seinem Gutdünken gefiltert worden. Und jetzt, nur wenige Monate vor der Nacht der Masken, während der Frühling den Feldern um die Turmruine neues Leben einhauchte, wollte Laerte ganz sicher sein, dass er nicht nur eine Waffe in den Händen des Herzogs war. Zum Misstrauen De Pages gegenüber den Azdekis gesellte sich sicher heftige Wut – aber was würde danach aus Laerte werden?
»Wichtig ist vor allem, dass man im Anschluss weder dich noch mich wiedererkennt.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage«, unterbrach ihn
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