Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
Laerte die beiden Fundstücke. Er würde sie tragen. Er musste es tun, koste es, was es wolle. Seine Rache erforderte diesen Preis. Sie konnte und wollte sich nicht mit einfachen Morden begnügen. Er sehnte sich danach, dass jeder der Verräter, die seine Familie zerstört hatten, Angst in sich hinaufkriechen fühlte – eine Angst, die ihn überwältigen und ersticken würde. Jeder Einzelne würde mit der Vergangenheit und seiner eigenen Schlechtigkeit konfrontiert, und keiner würde Frieden finden, bis Laerte seinem Leben ein Ende setzte. Sie würde sie verfolgen, so, wie sie Laerte in den Salinen verfolgt hatten. Er würde ihre Nerven blank legen und ihr Gewissen martern.
»Lass dich nicht hinreißen. Begnüge dich mit Enain-Cassart und Negus«, mahnte De Page und nahm die Maske in die Hand. »Azdeki wird den Vorfall sicher verschweigen. Mach ihm genügend Angst, dass er entsprechend reagiert. Er soll zweifeln …«
Die Wandfackeln warfen goldene Lichter auf die Maske.
»Es ist so weit, Laerte!«
Er würde Azdeki vor seinen Getreuen demütigen. Und dann würde er ihn töten. Denn das Buch war nicht unzerstörbar. Es gab eine Waffe, die aus einem unbekannten Metall geschmiedet war.
»Und zu gegebener Zeit bohrst du das Schwert in das Liaber Dest . Dann erkennen sie endlich, dass es nichts als ein Buch ist. Nur ein einfaches Buch. Es ist so weit!«
Und nun war es wirklich so weit. Er stand nur wenige Schritte entfernt vom großen Palatio im Schatten einer schmalen Gasse.
An diesem frühen Abend drängten sich Menschenmassen durch die Stadt. Männer und Frauen waren kostümiert und trugen die unterschiedlichsten Masken, die lachende oder ausdruckslose Gesichter zeigten, einfarbig oder bunt und mit Pfauenfedern oder Borten geschmückt. Alles glänzte, alles war Schein. Feuerspucker bliesen hohe Flammen in den Abendhimmel, Jongleure unterhielten Zuschauergruppen, und Musikanten spielten an jeder Ecke. Fröhliche Kinder winkten mit bunten Wimpeln und ließen Bänder tanzen. Paare küssten sich, und am dunkler werdenden Himmel erschien ein Stern nach dem anderen. Hinter dem Kuppeldach des Palatio ging ein blasser Mond auf.
Laerte zog die Kapuze so tief ins Gesicht, dass der obere Teil seiner Maske überschattet wurde, und verließ seinen Standort. Er wusste, dass die Tore des Palatio an allen Seiten schwer bewacht wurden. Nur ein einziger Zugang war interessant für ihn, eine kleine Tür am Ende der Gärten, wo er überdies sicher sein konnte, keine Zuschauer zu haben. Die Leute in ihren bunten Kostümen blieben lieber auf den belebten Straßen und amüsierten sich mit anderen. Der fröhliche Lärm war überall rings um den Palatio zu hören.
Die kleine Tür wurde von mehreren Soldaten bewacht. Zwei von ihnen standen rechts und links des Eingangs, der zu einer von Fackeln beleuchteten Treppe führte. Hinter ihnen erhob sich die hohe Gartenmauer. Die Straße lag im Schatten. Die Soldaten hörten Laertes Schritte, ehe sie die glänzende Maske mit dem Riss entdeckten. Einer der Soldaten befahl ihm, stehen zu bleiben. Laerte gehorchte, griff aber nach seinem Schwert. Sofort trat ihm der Soldat mit gesenkter Hellebarde entgegen. Sein Kamerad eilte ihm zur Hilfe, während weitere Soldaten hastig die Treppe hinuntereilten.
»Keine Bewegung!«
»Die Maske! Er ist es!«
»Es ist der Assassine!«
Laerte umklammerte den Schwertgriff, zog die Waffe aber nicht. Reglos sah er zu, wie Klingen die Kettenhemden durchdrangen. Die Hände ihrer Kameraden erstickten das Stöhnen der Soldaten.
Es ist so weit, Laerte .
Einer nach dem anderen fiel. Zum Schluss waren nur noch vier Soldaten übrig, die Laerte ins Innere des Palatio begleiteten.
13
DAS MURMELN DER GÖTTER
Für dich werde ich mehr als ein Flüstern sein.
Für dich bin ich ein Schrei.
R ogant zügelte die Pferde, die den mit Fässern beladenen Wagen zogen, und überquerte die schlecht beleuchtete Brücke im Schritttempo. Unmittelbar vor ihm erhob sich die ausladende Kuppel des Palatio. An den Toren standen Hellebardiere und überwachten mit großem Geschrei das Entladen vieler Karren, auf denen sich Lebensmittel stapelten. Als Rogant den Wagen zum Stehen brachte, musterten sie ihn zwar, aber keiner wurde misstrauisch. Sie stellten lediglich ein paar Fragen. Andere Nâagas trugen Kisten mit Getränken ins Innere des Prachtbaus.
»Was bringst du da?«, erkundigte sich ein Soldat und trat an den Wagen.
»Wein«, antwortete Rogant knapp.
Er gab sich so wenig
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