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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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stand jetzt hoch am Himmel, und alle Sterne funkelten.
    Sie betraten den mit alten Tapisserien und Marmor herrlich ausgestalteten Prachtbau, dessen Schönheit vom warmen Licht der Fackeln und Öllampen noch unterstrichen wurde. Man führte sie in den großen, mit Kristalllüstern, üppigen Behängen, Skulpturen und wertvollen Bildern geschmückten Ballsaal. Zwei geschwungene Treppen führten in das obere Stockwerk. In der zehn Meter hohen Kuppel stellte ein riesiges Gemälde eine halbnackte Frau dar, die einem missgestalteten Kaiser eine schimmernde Lanze ins Herz stieß.
    Alle waren gekommen. Man präsentierte prunkvolle Gewänder und delikat gearbeitete Masken, man lachte, schwatzte, krakeelte und trank blutroten Wein aus silbernen Bechern. Rings um einen Springbrunnen mitten im Raum, über den sich die vergoldete Statue eines bärtigen Kolosses erhob, lockte ein üppiges Buffet mit köstlichen Speisen, an denen sich die Gäste labten. Trotz ihrer Masken erkannte De Page die Ratsherrn, die er in der Ratsversammlung herauszufordern pflegte. Wer von ihnen aber mochte bereit sein, sich der Sache Etienne Azdekis anzuschließen? Da war zum Beispiel Rhunstag mit seiner Gattin. Beide trugen Bärenmasken, und er hatte auch das übliche Tierfell angelegt, in das er sich immer zu hüllen pflegte. Bernevin, der mit vier anderen Ratsherrn diskutierte, trug eine einfache Wolfsmaske zu seiner staatsmännischen Toga. Der Mann aber, dem De Pages Aufmerksamkeit galt, prunkte mit einem Adlerkopf, dessen scharfer Schnabel einen leichten Schatten auf sein rasiertes Kinn warf. Ein schwarzer Mantel mit Silbergürtel fiel bis zur Hälfte der Oberschenkel, und er war mit einem leichten Schwert in einer mit Edelsteinen verzierten Scheide gegürtet.
    De Page spürte, wie Viola seinen Arm fester umklammerte, als Azdeki auf sie aufmerksam wurde und sich einen Weg durch die Menge bahnte, um sie zu begrüßen.
    »Welche Überraschung, Euch hier zu sehen!«
    »Ihr habt mich erkannt? Sollte ich meine Maske nicht gut gewählt haben?«, scherzte der Herzog.
    »Ganz im Gegenteil. Eure Maske ist ein naturgetreues Abbild Eurer selbst. Allerdings war ich der Meinung, dass Ihr die Atmosphäre der Hauptstadt der Hitze hier im Süden vorzieht.«
    »Nun, ich wollte nicht unhöflich erscheinen und habe daher Eurer freundlichen Einladung Folge geleistet, mein lieber Ratsherr Azdeki. Die Hochzeit Eures Sohns ist in unserer guten Republik schließlich ein herausragendes Ereignis.«
    Azdeki nickte stolz, ehe er Viola von oben bis unten musterte.
    »Man sieht Euch zum ersten Mal in Gesellschaft einer Dame«, stellte er fest.
    »Oh, an einem solchen Tag solltet Ihr dem äußeren Erscheinungsbild nicht unbedingt trauen«, erklärte De Page mit unverhohlenem Vergnügen. »Zur Nacht der Masken darf jeder in der Verkleidung auftreten, die ihm genehm ist. Auf diese Weise kann sich sogar eine Schwäche als kraftvoll erweisen, findet Ihr nicht? Erst am nächsten Morgen stellen wir fest, dass wir einer Illusion aufgesessen sind. Aber verzeiht, ich bin unhöflich. Ihr seid kein Mann, der sich von Illusionen irreführen lässt.«
    »Nein«, gab Azdeki kühl zurück. »Ihr etwa?«
    »Ich?« De Page legte eine Hand auf die Brust und gab sich erstaunt. »Nein. Aber lasst uns heute auf unsere Differenzen im Rat verzichten. Immerhin haben wir gemeinsam, dass wir beide der Republik dienen, und an einem solchen Abend sollten wir uns gegenseitig respektieren. Wer weiß schon, ob es nicht unser letzter ist. Ich habe gehört, dass in Masalia ein Mörder sein Unwesen treibt, und bin sehr betroffen. Armer Enain-Cassart, armer Negus!«
    »Es war ein Verrückter, der bestimmt keinen Schaden mehr anrichtet«, versicherte Azdeki mit fester Stimme.
    »Man munkelt, dass Ihr die Wachen verdoppelt habt. Aber seid Ihr ganz sicher, dass es wirklich ehrenhafte Männer sind, die für unsere Sicherheit sorgen sollen?«
    »Solltet Ihr etwa meine Kompetenz infrage stellen, ehrenwerter Rat?«, fragte Azdeki mit einem bedrohlichen Lächeln auf den Lippen.
    »Aber keineswegs. Ich stelle mir lediglich die möglichen Schwierigkeiten vor, hätte man die Wachen aus der Stadt abgezogen, um sie hier im Palatio einzusetzen. Sicher musstet Ihr auf Söldner zurückgreifen.«
    »Ich habe getan, was nötig war, De Page. Ihr braucht Euch also keine Sorgen um Eure Sicherheit zu machen, ganz gleich, was Ihr über den Mörder oder andere Dinge gehört habt«, erklärte Azdeki mit einem unfreundlichen

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