Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
Herz schlug unregelmäßig, als wollte es ihm aus der Brust springen. Sein Kopf schmerzte zum Zerspringen. Gleich … gleich würde er stürzen.
Nein!
Er lief weiter. Er musste weiterlaufen. Er hatte ganze Armeen geschlagen und war kreuz und quer durch das Kaiserreich bis in die entlegensten Regionen gereist. Ein einfacher Lauf würde doch jemanden wie ihn nicht überfordern! Der Rettungsanker, an den er sich klammerte, war sein Stolz. Er verdoppelte seine Anstrengung.
Der Assassine bog in eine Sackgasse zwischen zwei Wohn häusern ein, an deren Ende Kisten bis zu doppelter Mannshöhe gestapelt waren. Er saß in der Falle und blieb stehen.
»Du …«, keuchte Dun am Ende seiner Kräfte. »Du …«
Manchmal hasse ich dich.
Mühsam schwenkte er sein Schwert, das ihm plötzlich unendlich schwer vorkam. Um es zu halten, musste er den zweiten Arm zu Hilfe nehmen.
»Dreh dich um«, befahl er mit schwacher Stimme. »Dreh dich um!«
Es musste sein, Dun-Cadal. Ich bin der Kaiser und muss manchmal schwierige Entscheidungen treffen. Es ist meine Pflicht.
Langsam, sehr langsam gehorchte der Assassine. Sein Gesicht war unter der Kapuze nicht zu erkennen. Schmerzliche Erinnerungen erwachten in Dun. Als er auf Logrid zuging, wäre er beinahe gestrauchelt.
»Warum hast du Negus getötet?«, fragte er keuchend. »Warum bist du von den Toten auferstanden? Zieh dein Schwert! Zieh es!«
»Du bist viel zu schwach«, widersprach der Assassine.
Seine Stimme klang seltsam. Tief und gezwungen.
»Ich und schwach!«, knirschte Dun wütend.
Schwankend bewegte er sich vorwärts. Seine Unsicherheit war mehr eine Folge seiner Erschöpfung als seiner Angst. Doch er atmete jetzt ruhiger, obwohl seine Kehle immer noch trocken war.
»Du solltest mich nicht unterschätzen, Logrid«, warnte er sein Gegenüber mit einem drohenden Lächeln. »Ich bin immer noch General Dun-Cadal Daermon.«
Auch seine Stimme klang jetzt wieder kräftiger. Seine brodelnde Wut verhalf ihm zu ungeahnten Kräften. Stolz straffte er den Rücken, sein Blick wurde fest. Nur die Trauer in seinen Augen wich nicht.
Endlich hatte Dun wieder ein Ziel. Ein Licht, das ihm den Weg wies. Und der Trunkenbold verwandelte sich in einen General. Sein Abstieg in die Hölle hatte begonnen, nachdem der Assassine das Unabänderliche verübt hatte, doch in dieser kleinen Gasse in Masalia würde er enden. Mit geübter Hand ließ er das Schwert kreisen.
»Ich bin General Dun-Cadal Daermon«, wiederholte er mit leiser Stimme, als wollte er sich selbst überzeugen. »Ich war einmal einer der ganz Großen.«
Aus dem Schatten seiner Kapuze beobachtete der Assassine ungerührt, wie der General gemessenen Schrittes auf ihn zukam.
»Auch wenn die Zeit ihren Tribut gefordert hat«, fuhr Dun mit rauer Stimme fort, »und auch wenn mein Herz nicht mehr ganz so kräftig schlägt, weil es müde und gebrochen ist – ich bin und bleibe ein General. Vergiss das nie.«
Manchmal …
»Ich freue mich, dass du dich dessen erinnerst«, antwortete der Assassine. »Aber ich werde nicht gegen dich kämpfen. Nicht, solange ich die Waffe nicht habe.«
Die Antwort überraschte Dun so sehr, dass er stehen blieb. Eraëd? Sprach der Assassine etwa von Eraëd?
»Zieh dein Schwert«, herrschte er den Mörder an und drohte ihm mit seiner Waffe. »Zieh, damit wir endlich zu einem Ende kommen.«
Der Mann wich einen Schritt zurück. Langsam glitt seine Hand zum Schwertknauf.
… hasse ich dich.
»Grenouille war hundertmal mehr wert als du«, fauchte Dun. »Leute wie du taugen nichts. Du bist ein Niemand!«
»Du scheinst deinen Stolz wiedergefunden zu haben, Dun-Cadal«, stellte der Mann fest. Er schien zu lächeln und neigte den Kopf zur Seite. Dann ließ er die Hand sinken. »Schön, dass du wieder bei uns bist.«
Wie vom Donner gerührt musste Dun zusehen, wie sich der Assassine umdrehte und mit ungeahnter Geschicklichkeit auf den Kistenstapel kletterte.
»Komm zurück!«, stammelte er. »Komm zurück, Feigling!«
Mit einem Satz sprang der Mann über die Mauer, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Die Wachabteilung kam immer näher.
»Bei allen Göttern, Logrid, ich werde dich töten. Ich schwöre es! Dafür wirst du bezahlen«, schrie er hinter dem Flüchtenden her.
»Stillgestanden!«, kommandierte eine Stimme.
Dun zuckte mit keiner Wimper, als sich ihm die Hellebarden entgegensenkten. Wachsoldaten kreisten ihn ein. Er beachtete sie nicht. Sein Blick hing an der Mauer, über die Logrid gesprungen
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